HomeBriefeAn Caroline von BeulwitzSchiller an Caroline von Beulwitz, 29. Oktober 1789

Schiller an Caroline von Beulwitz, 29. Oktober 1789

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Donerstag abends 1

Könnte ich dir doch für das, was du in deinen Briefen mir gabst, Karoline, eine recht heitre schöne Freude zurückgeben. Den schönsten Strahl möchte ich nehmen vom Licht der Sonne, wie Iphigenie, und ihn vor dich niederlegen, das reinste in der Natur, rein wie du selbst bist, und in seiner Einfachheit unvergänglich, wie deine Seele.

Dein ganzes Wesen bringen mir deine Briefe. Deine ganze liebe Gegenwart strahlt mir darinn, und ich glaube in deine Augen zu blicken, aus denen mir so oft deine Seele glänzte. Wie oft haben meine Gedanken dich und meine Lotte umfangen. Ich hänge mich an die lieben Gestalten, und wie Schatten schweben sie vor mir auf. Süße Stunden der Vergangenheit, und welche werden mich in der Zukunft erwarten? Auch ich, liebe theure, will an das Schicksal glauben, An die heilige Gewalt im Himmel, die dich auf ihren liebenden Armen trägt. Noch deine Gesundheit, und ich will jezt nichts mehr wüschen. O erhalte sie mir! Sei ruhig, und du wirst gesund seyn! Ruhe ist alles, was du brauchst – deine Seele umfaßt noch mit zuviel Heftigkeit alles. Wie ruhig könntest du seyn, wenn du nur allein in der Wirklichkeit lebtest.

Carolinens Krankheit scheint sich doch augenscheinlich zu verlieren, und glaube nunmehr auch, daß sie nie gefährlich war, und daß solche heftige Zufälle bey ihr nicht soviel zu sagen haben. Ich werde nun bey einem Rückfall auch weniger für sie fürchten. Der böse la Roche mit seiner gutmüthigen Aengstlichkeit. Wieviel hätte Dir erspart werden können, wenn man nicht so gewissenhaft und aufrichtig mit dir umgegangen wäre.

Wenn dich das Schreiben jezt noch angreift, so schreibe mir nur immer einige Zeilen. Ich will haushälterisch mit dir umgehen, und hereinbringen wirst Du es gewiß.

adieu theure Liebe.

  1. Oktober 1789.