HomeBriefeAn Charlotte v. LengefeldSchiller an Charlotte Schiller, 8. September 1794

Schiller an Charlotte Schiller, 8. September 1794

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Montag d. 8. Sept. 94.

Meinen vorletzten Brief, worinn ich einen Auftrag von Bills an Dich ausrichtete hast Du hoffentlich erhalten. Ich schrieb Dir darinn, daß Bills die Bechlern weggeschickt hätten, und das Rudolstädter Mädchen, von dem die Chere Mere sagte, mit erster Gelegenheit zu haben wünschten. Besorge es ja, denn sie ist jetzt nöthig im Hause.

Hier ein Brief von der Kalb an Dich und 2 von Wolz. an die Frau. Da Du gar nicht schreibst, wann die Frau zurückkommen werde, so wollte ich diese Briefe nicht hier liegen lassen. Indeßen will ich noch hören, ob der Bote mir keine bestimmtere Nachricht bringt. Auf den Mittwoch kommt Prof. Paulus durch Rudolstadt und wird Dich, wenn er kann einen Augenblick sehen. Solltest Du Zeit haben, so könntest Du ihm etwas von Briefen mitgeben. Ich habe an Danneckern geschrieben.

Sonst ist hier weiter nichts vorgefallen; der kleine Bill hat noch kein Fieber, obgleich schon der Neunte Tag ist, aber die Wunde ist entzündet. Li ist auch beßer und hat mich heute Vormittag besucht. Ich bin noch nicht ausgegangen. Gestern schlief ich vor 11 Uhr auf dem Sopha ein. Bill kam, und ich führte im Schlaf ein Gespräch mit ihm. Er gieng bald und ich schlief glücklich fort bis früh ½6 Uhr, wo ich ordentlich zu Bette gieng und mich wie ein anderer Mensch, auszog.

Große Tractamente fallen jetzt nicht bey mir vor. Gewöhnlich bestelle ich das Mittageßen, wenn es schon auf dem Tisch stehen sollte, und da besteht es denn höchstens in einem Eyerkuchen oder in Kartoffeln. Weil ich aber viel schreibe, so habe ich wenig Appetit und gehe manchmal ungegeßen schlafen. Obßt ist indessen gar nicht ins Haus gekommen, und die Pfirsiche habe ich mit Bills getheilt, weil ich dem Obßt nicht mehr traue.

Ich freue mich auf den Boten, der mir von meinen lieben Kindern Nachricht bringen wird. Dem Goldsohn tausend Küße. Lebe wohl.

Sch.