HomeBriefeAn Caroline von BeulwitzSchiller an Lotte und Caroline v. Beulwitz, 29. Juli 1790

Schiller an Lotte und Caroline v. Beulwitz, 29. Juli 1790

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An Lolo.

[Donnerstag 29. Juli 1790.]

Sei ganz ruhig meiner Gesundheit wegen liebstes Herz. Das Zahnweh hat nicht angehalten, und sonst fehlte mir nichts. Ich war gestern Abends leidlich genug, um zu lesen und auch zu Hufeland in den Clubb zu gehen, wo uns der schöne Abend und ein interessantes Gespräch verführt hat, biß nach eilf in dem schönen Garten zu bleiben. Mir ist heute frey und wohl um den Kopf, und nichts fehlt mir, als meine Lolo. Aber sieh jetzt ja nicht auf mich liebestes Herz; Dein Dortseyn ist eine Erleichterung für Lina; sie kann den ganzen Tag Dich genießen und ich nur wenige Stunden. Mir ist es großer Trost, daß ich Dich um Linas willen entbehre, und daß Du ihr Freude machst.

Heute und morgen lese ich noch Collegien weil mein Kopf am besten dabey ausruhen kann. Von Montag an oder Dienstag befinde ich mich krank.

An den G. S. will ich nächste Woche gewiß schreiben. Wenn Du Zeit findest, so schreib doch an meine zweyte Schwester; ich bin ungeduldig nach Nachrichten von Hause.

Diese Noten schickte gestern die Oerteln. Ich erbrach das Paquet, weil ich dachte es wär eine Zeichnung. Vielleicht kannst Du die Musik jetzt in R. brauchen. Ich weiß nicht, welches Kästgen Du meynst. Ich schicke Dir dieses unter dem kleinen Tische.

Chère Mère grüße herzlich und dem Epoux empfiehl mich. Auf den Sonnabend schreibe ich wieder. Adieu liebstes Herz.

An Linen.

Sey doch ja froh meine liebe, daß U. sich so beträgt – da jetzt doch noch nichts geschehen kann. Eine anhaltende verstimmte oder gar unfreundliche Existenz mit ihm könntest Du nicht ertragen. Suche aber seine Weichheit dazu zu benutzen, daß er Dir Freiheit über Dich selbst läßt.

Liebe, ich kann mich in die Trennung von euch beiden kaum finden. Mir ist als hätte ich diese 5 Monate in einem langen Traum gelegen, und aus diesem wäre ich nun erwacht zu meinem vorigen Leben. O wie selig, daß unsere Verbindung keine vorübergehende Erscheinung ist! daß ich Wirklichkeit umfasse!

Was macht Caroline? hat sie Dir geschrieben? Willst Du an G. S. schreiben, so kannst Du mir den Brief zum Einschluß geben. Sag ihm etwas leidliches über U. Ich glaube, es machte ihm Freude. Solange in der Hauptsache nichts geschieht, so kann ihn, wie ich denke, nur Dein gutes Verhältniß mit U. beruhigen, und er öfnet sich Dir um soviel freier, wenn er sich darüber keine Sorge machen darf.

Liebste lebe wohl. Ich kann euch nur flüchtige Worte sagen. Meine beste Seele ist bey euch. – Sieh daß Du hier bleiben kannst, wenn U. Dich bringt.

Ich umarme euch meine theuersten. Tausendmal. Lebt wohl.