HomeBriefeAn Caroline von BeulwitzSchiller an Lotte und Caroline v. Beulwitz, 5. Oktober 1790

Schiller an Lotte und Caroline v. Beulwitz, 5. Oktober 1790

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Dienstag abends 1.

Ich muß, ehe ich zu Bette gehe, die kleine Frau noch grüssen. Man hat sie wohl längst schon zu Bette gejagt, und die Nachtmütze fängt schon an, schief zu sitzen.

Eure Briefe, ihr lieben, freuten mich gar sehr, weil ich mir wirklich nur halb dazu Hofnung machte. Ich rechne es euch auch recht hoch an; mein Kopf ist so ermüdet, sonst wollte ich recht viel kluge Sachen schreiben. Ich führte gestern und heute ein recht einsiedlerisches leben, aber doch freundlich, wie es ohne euch seyn kann. Gesellschaft hätte nichts an mir verbeßert. Die königliche Tochter habe ich gewißenhaft gepflegt und ehrerbietig behandelt. Nichts desto weniger ist sie heut den ganzen Tag auf den Dächern herumgestreift. Sie muß eine asiatische Prinzessin seyn, wo man auf den Dächern promenirt. Cri schließe ich in mein Gebet ein und werde es Herrn Oemlern wissen lassen, in der Kirche für seine Genesung zu bitten, und wenn Gott nicht helfen will so muß es der Schinder. Möchte einer von beiden sich auch des  erbarmen. Todt gesagte Leute leben lang, das ist eine traurige Aussicht. Ich beneide euch aber um die paar selige Minuten, die ihr gehabt haben müßt, ehe sich das Gerücht widerlegte. Wenn er nicht sterben will, so wünschte ich wenigstens, man sagte ihn alle 14 Tage einmal todt, daß wir doch die Freude hätten.

Der Stein will ich, ehe ich abreise, den 30jährigen Krieg nach Weimar schicken. Erst morgen früh geht das Blatt an die Schardt ab; es ist seither vergessen worden. Hat die Stein nichts nähers vom Herzog gesagt? Aber eh ihr mir antworten könnt, weiß ich schon, ob er kommt.

Es freut mich, daß der U. sich so ordentlich aufführt. Dafür will ich ihm auch recht viel schönes vorsagen. Wird viel Schach gespielt und sind die TarockhombreTische parat? Ich habe im Sinn recht lüderlich zu werden und ihr werdet mir wie ich hoffe dazu behilflich seyn.

Auf das Gespräch machst Du Dir vergebliche Rechnung meine Line. Ich habe eine Einrichtung mit den Memoires gemacht, wodurch ich es entbehren konnte. Es bleibt für einen beßern Platz und eine ruhigere Muße aufgespart; nichts läßt sich weniger übereilen als Philosophie. Ich schriebe bloß eine historische Übersicht leidlich und leichthin erzählt, so wie es für den Zweck taugt. Bin ich glücklich im Arbeiten, so kann ich Sonntag Nachmittag abreisen. Sonst komme ich nicht vor Montag abends oder Dienst. Mittag. Doch darüber schreibe ich Sonabends noch bestimmter.

Ich umarme euch tausendmal ihr liebsten. Gute Nacht es geht auf 12. Schlafet recht wohl.

  1. October 1790