HomeBriefeAn Charlotte v. LengefeldSchiller an Lotte von Lengefeld, 27. Mai 1788

Schiller an Lotte von Lengefeld, 27. Mai 1788

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[Volkstädt den 27. Mai Dienstag 1788.]

Es ist nun eben so gut, daß ich gerade gestern abgehalten worden bin, Sie zu sehen, weil auch ich die großen Gesellschaften nicht liebe, und unglücklicherweise das Interesse, das ich für wenige habe, den übrigen nehme. Ich hätte Sie also nicht genießen können – und wofür bin ich denn sonst da?

Punkt sechs Uhr hoffe ich am Wasser zu seyn, vorausgesetzt, daß Sie dasjenige meinen, an dem ich vorbei muß, denn sonst würde ich Sie mit meinem kurzen Gesicht wohl etwas lange suchen müssen. Die Geistergeschichte bringe ich mit; doch wäre mirs lieb, wenn Herr v. Beulwitz die Güte hätte, sich um das vierte Heft zu bemühen, daß ich schändlicherweise in Weimar gelassen habe.

Bringe ich keinen Einschluß an Wolzogen mit, so bitte ich Sie auf alle Fälle meiner recht schön bei ihm zu gedenken, und ihn meiner herzlichen Liebe zu versichern. Schreiben Sie nicht zu viel, daß Sie für anwesende Menschen noch ein Fünkchen Freundschaft übrig gehalten. Das wäre ja gar schlimm für die armen Zurückbleibenden, wenn Sie so viele schöne Sachen mit der Post fortschicken wollten.

Noch etwas. Sie haben nun eine Partie nach Ihrem Sinn ausgedacht; ich bitte mir nun aus, daß auch mir vergönnt sei, eine nach dem meinigen in Vorschlag zu bringen. Davon aber mündlich. Ich darf Ihren Envoyé nicht so lang aufhalten. Empfehlen Sie mich recht schön, und guten Appetit zur Mahlzeit! Leben Sie recht wohl!

Schiller.