HomeBriefeAn Charlotte v. LengefeldSchiller an Lotte von Lengefeld, 8. Februar 1790

Schiller an Lotte von Lengefeld, 8. Februar 1790

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Montag Abends. 1

Ich habe eben einen Brief an die * * * geendigt und zwar eine Antwort auf einen, den ich heut von ihr erhalten habe. Sie beträgt sich wie gewöhnlich sehr ungraziös und ich habe mich, däucht mir, sehr schön an ihr gerächt.

Die Veranstaltung mit Ezelbach ist mir ganz recht meine liebe, doch zweifle ich ob die Mama von ihrem alten Plane abstehen wird. Ich hoffe ihr habt es so zart behandelt, daß sie nicht mistrauisch werden kann, ob wir sie jetzt gerne in J. haben. Es ist mir lieb, dass mein letzter Brief an sie nicht mit diesem Vorschlag übereinstimmt, so sieht sie daraus, dass wir keine Abreden miteinander treffen. Ich schrieb ihr von einem Dorf bey Jena, wo ich wünschte, daß die Trauung geschähe. Morgen erwarte ich Ihre Antwort und die Nachrichten wegen dir vom Consistorium. Vergiss ja nicht in dem allernächsten Brief mir Deinen ganzen Vornahmen und den Deines Vaters zu schreiben. Ein Tag um den andern vergeht, und doch rückt der schöne Tag unsrer Vereinigung immer weiter in die Ferne. Meiner sichern Rechnung nach wären wir übermorgen verbunden; jetzt soll es noch 12 Tage anstehen. Mein jetziges Leben hier ist mir gar unleidlich, ich sollte auf meine Collegien denken, und meine Gedanken sind weit weg. Wie schön meine liebe, wenn unser Leben einmal in einem ordentlichen stillen Strome geht, und wir unsre ganze Glückseligkeit zwischen unsern vier Wänden beysammen haben. Der *** habe ich von unsrer Glückseligkeit geschrieben; dieses war meine Rache und sie hat sie reichlich verdient.

Durch Deine Freude am Zeichnen wirst Du mir noch Geschmack am Zeichnen beybringen. Ich werde mich zum Kenner machen müssen, um Deine Arbeiten zu beurtheilen und zu schätzen. Wie freut mich das Interesse das Du daran nimmst. So hast Du doch auch Deine kleinen Arbeiten für den Tag, und wir werden dann beyde am Abend von unserm Fleiß sprechen und uns dafür belohnen können. Sage Linen, daß ich nichts dagegen habe, wenn sie auf den nächsten Sonnabend die Reise nach Erfurt machen will. Wenn wir um 9 wegfahren so sind wir vor 12 in Erfurt u: können gegen 1 beym Coadjutor oder Dachröden seyn. Wir bleiben biß 9 Uhr Abends und sind um 12 wieder in Weimar. Es ist gerade Mondschein glaube ich, und wenn auch nicht, so können wir eine Fackel nehmen. Gleich Nach der Hochzeit wäre mirs freilich lieber, aber meine Hinderungen sind nicht wichtig genug, wenn Line wünscht, daß es bald geschehen möchte.

Meine Liebe lebe wohl. Wenn der Brief heute noch fort soll, muß er schliessen. Schickt mir doch Wolzogens Brief an euch, wenn ich ihn lesen darf. Er ist mit seiner Lage nicht zufrieden und es scheint nicht, daß er in Paris s. Zwecke erreicht. Ich werde ihm bald schreiben, er hat mir ein Geschäft aufgetragen. Die Memoires von Mounier schicke mir auch. Ich umarme Dich theure liebe und Linen. Lebt wohl. Morgen mehr mit der Botenfrau!

  1. Februar 1790.