HomeBriefeAn Henriette v. WolzogenSchiller an Heriette v. Wolzogen, 23. September 1786

Schiller an Heriette v. Wolzogen, 23. September 1786

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Dresden den 23 Sept. [Sonnabend] 86.

Ich habe einen Einfall gehabt liebste Freundin, die Versorgung Karls und Augusts betreffend, den ich Ihnen doch vorlegen muß. Der König von Preußen ist jezt noch in der glüklichsten Stimmung etwas zu thun, das ihm vor der Welt Ehre macht, und Gnaden auszutheilen. Wie? Wenn ich einen Brief, in Ihrem Namen versteht sich, aufsezte, den Sie geradenwegs an ihn schikten, worin Sie ihm ihre 2 Söhne ganz zu eigener Disposition übergeben. Macht er sie auch nicht gleich zu Offizieren, so wird der außerordentliche Weeg durch den er sie erhält, sie ihm gewiß im Gedächtniß erhalten, und über kurz oder lang placiert er sie. Wenigstens bin ich überzeugt daß er sie nicht vergißt und von ihrer Conduite und ihrem Diensteifer Erkundigung einziehen wird. Fallen die Zeugnisse gut aus, so sind sie versorgt.

Ueberlegen Sie es. Ich glaube daß es keinen jungen Cavalier schändet im Preußischen Dienst auch nicht gleich beim Offizier anzufangen. Hier ist es auch der Mühe werth eine Carriere zu machen. Wenn Ihre Söhne nicht abgeneigt sind, so lassen Sie mich es gleich wissen. Ich werde mir Mühe geben meinen Brief so einzurichten, dass er ihn nicht ohne Gefühl wegwerfen soll. Ihre beiden lieben Söhne sollten meinem Gutbefinden nach jeder ein Pröbchen seiner Geschiklichkeit beifügen. Dieß würde gewiß Wirkung thun.

Glauben Sie mir liebste Freundin, in solchen Fällen ist der kühnste und geradeste Weeg oft der glüklichste. Was thuts wen es mißlingt? Dann bleiben uns noch alle Weege offen, und ich schriebe in Ihrem Namen auch an den Kaiser. Geht’s da nicht – nun in Gottesnamen, so gehen wir aus der Christenheit heraus und wenden uns an den Türkischen Sultan. Im Ernst, liebste Freundin, versuchen wir es. Ein Brief umsonst geschrieben ist das schlimmste was uns begegnen kann. Antworten Sie mir bald.

Auf Ostern erhalten Sie zuverlässig Geld. Grüßen Sie Ihre lieben Kinder, die Tante Mine und Reinwalds. Ich bin mit dem aufrichtigsten Herzen, und, weil Sie mir diesen Namen erlauben wollen, Ihr getreuer Sohn

Schiller.