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Schiller an H. v. Augustenburg, 5. Juli 1795

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Jena, den 5. Juli [Sonntag] 1795.

Durchlauchtigster Herzog, gnädigster Fürst und Herr,

Nicht ohne Verlegenheit wage ich es, Ew. Herzogl. Durchlaucht das Sechste Stück der Horen zu überreichen.

Die Elegien, welche es enthält, sind vielleicht in einem zu freyen Tone geschrieben, und vielleicht hätte der Gegenstand, den sie behandeln, sie von den Horen ausschließen sollen. Aber die hohe poetische Schönheit, mit der sie geschrieben sind, riß mich hin, und dann gestehe ich, daß ich zwar eine conventionelle, aber nicht die wahre und natürliche Decenz dadurch verletzt glaube. Ich werde in einem künftigen Stücke des Journals mir die Freyheit nehmen, mein Glaubensbekenntniß über das, was dem Dichter in Rücksicht auf das Anständige erlaubt und nicht erlaubt ist, ausführlich abzulegen.

Möchte die Fortsetzung meiner Briefe über aesthetische Erziehung, davon dieses Stück eine große Lieferung enthält, von Ew. Durchlaucht nicht ohne Interesse gelesen werden. Ich nähere mich darinn immer mehr meinem Ziele, und hoffe mehreres, was in den vorigen Briefen noch dunkel geblieben ist, darin entwickelt zu haben.

In tiefster Devotion und Ehrerbietung ersterbe ich

Ew. Herzoglichen Durchlaucht
unterthänigster

F. Schiller.