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Schiller an Luise von Lengefeld, 6. Februar 1790

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Jena den 6. Februar [Sonnabend] 90.

Kommende Woche hatte ich mir Hoffnung gemacht, meine beste Mama, daß sie nach Jena kommen würden, aber, wie mir Karoline schreibt, so soll ich Sie erst in acht Tagen erwarten. Karoline will ihren gänzlichen Abschied von Weimar damit verbinden, und so kann ich freilich nichts dagegen einwenden, aber für meine Wünsche geht die Zeit doch einen gar zu langsamen Gang. Endlich kann ich doch den Zwischenraum nach Tagen berechnen! Wir sehnen uns nach Ihrer Gegenwart, theuerste Mama, und versprechen uns recht schöne Stunden in unserm stillen Familiencirkel. Könnte ich nur auch meine Mutter an meiner Freude Theil nehmen sehen! Sie war sehr krank, und noch jetzt soll sie nicht außer aller Gefahr seyn; aber die Nachricht von meinem Glück hat schon viel zu ihrer Besserung gethan, und es wird sie ungemein erheitern, wenn sie mich mit meiner Lotte endlich verbunden weiß. Meine Eltern und Schwestern erinnern sich noch recht lebhaft des Besuchs, den Sie vor sechs Jahren auf der Solitude ihnen gegeben haben. Wer hätte es damals gedacht, daß sich ein so schönes Band zwischen uns flechten würde!

Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, beste Mama, daß wir in Jena und in Rudolstadt zugleich müssen aufgeboten werden, und daß beide Consistorien Integritätszeugniß, wie sie es nennen, verlangen, das Jenaische wegen Lottchen und das Rudolstädtische wegen meiner. Auch müssen wir von beiden Orten Dispensationen haben, sowohl wegen des nur einmaligen Aufgebots, als auch, weil es in die Fastenzeit fällt, die schon von morgen über acht Tage an gerechnet wird. Weil wir auf den nächsten Sonntag müssen proclamiert werden, so leidet diese Sache keinen Aufschub, und es wird nöthig seyn, beste Mama, daß Sie aufs Bäldeste mit dem Superintendenten in Rudolstadt wegen des Zeugnisses und der Dispensation sprechen.

Da die Trauung sonst an dem Wohnort der Braut zu geschehen pflegt, so wird der Rudolstädter Geistliche auch dafür bezahlt seyn wollen. Können Sie es irgend nur möglich machen, so wäre es gar gut, wenn Sie zwischen Sonntag Mittag und Montag frühe diese Angelegenheit berichtigen, daß ich auf den Dienstag das Zeugniß über Lottchen erhalten könnte, das wegen meiner wird der hiesige Superintendant alsdann sogleich verabfolgen lassen.

Wenn es Ihnen recht ist, beste Mama, so können wir uns eine Viertelstunde von Jena auf einem Dorfe trauen lassen; ich habe mit dem Superintendenten Oemler schon gesprochen, und es hat gar keine Schwierigkeiten.

Wie sehen ich mich nach dem Augenblicke, wo ich Lottchen endlich mit vollem Rechte mein nennen kann! Bis dahin ist kein Leben für mich. Wollen Sie mich auch wissen lassen, theuerste Mama, an welchem Tage ich Sie hier erwarten kann? Je früher es geschieht, desto willkommener werden Sie seyn

Ihrem

Gehorsamsten Sohn
Friedrich Schiller.