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Schiller an Sophie Mereau, 20. Juni 1797

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Dienstag Morgen, 11-12 Uhr. 1

Liebe Freundin, ich habe erst gestern Nachmittag Ihr Gedicht erhalten, habe es also, da Sie es heute schon wieder haben müssen, freilich nur sehr flüchtig lesen können. – Ich wünschte mit Ihnen über das Ganze, den Plan und die Behandlung [? zu reden]: schreiben kann ich darüber nicht. Auch sage ich Ihnen weiter kein Lob über die Anmut und Fantasie im Einzelnen, weil ich diese erwartet habe, und Sie auch keiner Bestätigung für das Bewußtsein derselben bedürfen. (Doch finde ich bisweilen neben sehr schönen und weichen Stanzen welche, die weit weniger Zierde und Sorgfalt verraten – eine gewisse Ungleichheit.)

Ich beschränke mich also auf einige kleine Bemerkungen über das Äußere. Ändern Sie, wenn es irgend möglich ist, noch die Aussprache des Namens Rodrigo. Es muß durchaus die zweite Silbe lang seyn. Auch wird das nicht schwer seyn. Ich habe Acht darauf gegeben und bemerkt, daß in allen Versen, wo der Name vorkommt, die Sache leicht geändert werden kann durch eine geringe Umsetzung der Worte, durch ein weggelaßnes oder hinzugefügtes – doch – noch – und u. dgl.

Ich hatte geglaubt, es würden alle Verse 10- oder 11sylbig seyn. Nun haben Sie aber auch viele von 12 und 13 Sylben, an einigen Stellen auch von 8 und 9. Das scheint mir bei Weitem nicht so schön. – Ob Sie nun aber etwas ändern können oder wollen, das muß ja doch ganz von Ihrem Gefühl abhängen. – Auf Ihren Roman bin ich sehr begierig. Lassen Sie mich ihn ja gleich haben. – Leben Sie wohl und vergessen Sie mich nicht gänzlich.

Fr. S.

  1. Juni (?) 1797.