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Schiller an Wilhelm v. Wolzogen, 24. November 1803

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Weimar 24 November [Donnerstag] 1803.

Mein Leben ist so einförmig und leer an Begebenheiten, lieber Alter, daß ich Dir wirklich blos aus Mangel an Stoff nicht viel schriebe. Jeder Tag ist dem andern gleich und die Resultate von meinen Arbeiten lassen sich erst nach Monaten angeben. Was in unsrer kleinen Welt indessen vorgefallen, wird Dir Lolo schreiben. Wir beklagen Dich sehr, daß Du in einer so angespannten Lage, wie die Deinige ist, Dich auch noch krank fühlst, aber waffne Dich mit Geduld und denke, daß es in 5, 6 Monaten überstanden ist. Wenn Du erst wieder da bist, sollst Du Dich pflegen.

Deinen Auftrag wegen der Zeichnungen haben wir möglichst zu erfüllen gesucht. Vor 3 Tagen ist eine Rolle nach Berlin abgegangen, mit denjenigen Sachen, die wir hier im Ort für Deinen Zweck zusammenbringen konnten. Zugleich ist einem Leipziger Kaufmann der Auftrag gegeben worden, einige zweckdienliche Stücke von dort aus schleunig an Faudel zu besorgen. Meier hat uns dabei sehr mit Rath an die Hand gegangen. Um aber die Zeichenstudien recht gründlich anzufangen, hielt er für das Beste, wenn ein ganzer Cursus von Zeichnungen nach Antiken, von der Art, wie er einige beigelegt hat (Auge, Nasen etc.) geliefert würde. Du erinnerst Dich seiner Zeichnung des Juno-Kopfes, der im Concert-Saal des Landschaftshauses gehangen. In diesem Geschmack meint er sollte man von allen Theilen des Körpers und zuletzt auch von ganzen Köpfen und kleinen Figuren Zeichnungen haben, dabei ließe sich am besten lernen. Wenn man auf die Idee eingehen wollte, so glaubt er für 20 Carolin die nöthige Zeichnung liefern zu können, und für 30 Carolin würde er auch ein oder zwei große Stücke, wie etwa ein ganzer Kopf des Apoll, noch dazu geben können. Dann hätte die Anstalt freilich einen soliden Grund und man könnte etwas rechtes lernen. Diese seine Idee soll ich Dir schreiben, denn nach seinem Künstlergewissen müsse er sagen, daß die gestochenen Zeichnungen, wie man sie zu haben pflegt, den Anfänger gar oft auf falsche Wege führen. Ich habe dem Nürnberger Kunsthändler Frauenholz empfohlen an Dich zu schrieben und Dir seinen Katalog beizulegen. Vielleicht kannst Du in Petersburg etwas für ihn thun, er ist ein dankbarer Mann und wenn Du ihn Dir verpflichtest, so wird er Dich bei Bestellungen sehr gut bedienen. Besonders wünscht er gute Connexionen in Petersburg zu haben, die ihm noch fehlen.

Mich hat es sehr gefreut, daß die kaiserlichen Herrschaften in Petersburg von meinen Stücken Notiz nehmen. So werde ich doch der Großfürstin, wenn sie kommt, nicht mehr ganz fremd seyn, und mich vielleicht mit desto mehr Erfolg um ihre Gnade bewerben. Suche mich in einigem Andenken zu erhalten, Du kannst es gewiß.

Cotta hat seine Allgem. Zeitung in Stuttgart aufgeben müssen, setzt sie aber nun unter Baierischer Landeshoheit in Ulm fort.

Frau von Staël, die Schriftstellerin, ist in Frankfurt, und wird Gotha und Weimar besuchen, vielleicht gar an einem von beiden Orten sich niederlassen. Man sagt, daß sie die Schweiz habe räumen müssen.

Carolinen erwarten wir in einigen Tagen von Dresden zurück. Bei uns ist alles wohl und grüßt Dich herzlich.

Lebe wohl und schreib uns bald wieder. Der Herzog beklagt sich über Dein seltenes Schreiben.

Dem Prinzen empfiehl uns zu Gnaden und bei Herrn v. Pappenheim erneuere mein Andenken. Dein

Sch.