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Schiller an Wilhelm v. Wolzogen, 29. Juni 1790

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Jena, den 29. Jun. [Dienstag] 90.

Dank Dir, liebster Freund, für das Lebenszeichen, das Du uns von Dir gegeben hast, für Deinen herzlichen Antheil an uns und Deine Liebe. Du bist uns nahe und wir tragen Dein Glück auf dem Herzen, wie das unsrige. Manchen Abend unterhalten wir uns von Dir und machen Plane, wie wir Dich auf immer mit unserm Zirkel vereinigen. Ich habe Hofnung, daß es geschehen kann, und wenige Jahre können es entwickeln. Komme Du nur gesund und mit vergnügtem Herzen zu uns zurücke, Du gehörst zu uns und ich trenne Dich nicht mehr von meinen künftigen Hofnungen.

Die Aufsätze, die Du mir geschickt hast, kann ich brauchen. Ich laße sie hier durch einen geschickten jungen Mann übersetzen, der mit einem halben Carolin für den Bogen zufrieden ist. Der Rest zu den 2 Louisdors p Bogen bleibt dann immer Dein, und wird Dir verrechnet. Ueber die Summe kannst Du dann immer disponiren. Schicke mir was Du von wichtigen Novitaeten in die Hände bekommen kannst, nur immer recht zeitig, daß es in Deutschland noch neu ist, politische, historische, belletristische Gegenstände (nur Gedichte ausgenommen) sind mir gleich brauchbar. So auch mit Modeneuigkeiten für Bertuch; auch von diesen fällt die Uebertzergebühr weg. Bertuch war indessen todtkrank und mein Brief an ihn ist noch unbeantwortet. Aber Du kannst es für gewiß annehmen, und einen Louisdor reinen Gewinn für jeden Bogen von ihm rechnen, so wie 7 Thaler von denen, was sich zu meiner Thalia qualifiziert.

Mit unsrer andern Rechnung wollen wir es so halten wie Du schreibst; wenn Du zurück kommst, soll die Summe sich finden; biß dahin geniert es mich nicht mehr, und dir wird sie auch gelegen seyn!

Soviel von diesem. Wie lebst Du jetzt, liebster Freund? bist Du mit Deinem Auffenthalt nun wieder ausgesöhnt. Wie wirst Du es künftig damit halten? Ich bin ungeduldig zu erfahren, was diese Reise aus Dir gemacht hat. Daß Du Dir selbst so gleich bleibst, habe ich immer gehofft, und das macht Dich mir und uns allen um so lieber.

Du wirst mich glücklich finden theurer Freund, wenn Du kommst. Meine Lotte wird mir mit jedem Tage theurer, ich kann sagen, daß ich jetzt erst mein Leben lieb habe, seitdem das häußliche Glück es mir verschönert. Auch wüßte ich nicht, wie ich ohne diesen Genuß meines Herzens die Last der Geschäfte ertrüge, die mich oft fast zu Boden drückt.

Laß uns bald recht bald wieder von Dir hören liebster W. Denke unsrer wie wir Deiner gedenken. Glaube an das gute Schicksal, das uns gewiß einander nahe bringen wird. In unsrer Mitte sollst Du gewiß nie unglücklich seyn. Doch dieses weißt du wie ich hoffe schon von selbst. Ich umarme Dich herzlich. Von ganzer Seele u. ewig d. Deinige

Schiller.