HomeBriefesonstige BriefeSchiller an Gottlob Voigt, 1. November 1795

Schiller an Gottlob Voigt, 1. November 1795

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Jena den 1. Novemb. [Sonntag] 95.

Werden Sie mir, verehrungswürdiger Freund, die Zudringlichkeit verzeyhen, mit der Ich Ihre Menschenfreundlichkeit und billige Gesinnung für einen Bürger unser acadmie der ihrer nöthig hat, in Anspruch nehme.

Der Ueberbringer dieses HE. Heinrich aus einem Pfälzischen Ort Dalbe[r]gischer Herrschaft wird Ihnen das Anliegen vortragen daß ihm als Catholiken nach vorher gegangener Magister promotion erlaubt werden möge, in der Mathematik Collegia zu lesen. Er hat dieses schon unter der Form der Repetition ein halbes Jahr lang mit vielem Beyfall gethan, und sich, da er der Kriegsunruhen wegen von Haus aus ohne alle Unterstützung gelassen ist, einzig daran erhalten. Er ist ein Mensch von guter Denkungsart, in seinem Fach gar nicht ungeschulet und von den Studierenden seiner Lehrmethode wegen geschätzt.

HE. Hennings, derzeitiger Decan hat ihm erklärt, daß es nur einen Wink vom Geh. Consilium in W. bedürfe, um die Sache hier durchzusetzen. Auch ist die Observanz nicht ganz dagegen, da schon ehedem ein anderer Catholik Nahmens Sutor gleichfalls ohne seiner Qualität als Catholik etwas zu vergeben, eine ähnliche Vergünstigung erhalten hat. Der junge Mann wird Ihnen seine Verhältnisse ausführlicher sagen, wenn Sie es ihm erlauben, und dann darf ich hoffen, daß Sie mit Ihrer gewöhnlichen Güte verfahren werden.

Noch einmal halten Sie mir den Mißbrauch zu gut, den ich von Ihren freundschaftlichen Gesinnungen mache und bleiben Sie in Güte eingedenk

Ihres
Sie aufrichtig verehrenden
Fr. Schiller.

Ihrer Frau Gemahlin bitte meiner Ehrerbietung zu versichern. Das nehmliche von meiner Frau an Sie beyde.