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Schiller an Jakob Abel, 3. April 1795

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Jena, den 3. April [Freitag] 1795.

Ich habe mir nun Zeit genommen, liebster Freund, Ihrer letztern Anfrage reiflich nachzudenken, und den Vorschlag, welchen Sie mir thun, mit meiner ganzen Lage zu vergleichen. Das Resultat meiner Ueberlegungen ist, daß ich besser thue, in meinen bisherigen Verhältnissen zu blieben, vorzüglich deßwegen, weil es gar keinen Anschein hat, daß ich, meiner Gesundheits-Umstände wegen, demjenigen würde entsprechen können, was man von einem academischen Lehrer mit Recht erwartet, und was ich in einem solchen Fall mir selbst zur Pflicht machen würde. Indem ich einen Ruf annehme, so mache ich mich doch stillschweigend anheischig, etwas bestimmtes dafür zu leisten, und diß ist mehr, als meine körperlichen Umstände mir zu versprechen erlauben. Hier in Jena und Weimar erwartet man nichts dergleichen von mir, und unser Herzog weiß, daß keine academische Functionen von mir geleistet werden können. Hier täusche ich also niemand, und kann daher mit völliger Zufriedenheit leben. Auch hat mir der Weimarische Hof so viele Beweise von einer uneigennützigen Achtung gegeben, daß ich es mir kaum würde verzeihen können, ihn, wenn es auch meinem Vaterlande wäre, aufzuopfern. Noch ganz neuerlich erklärte mir der Herzog, daß mein Gehalt mir verdoppelt werden sollte, sobald ich Unterstützung nöthig haben würde. Setzen Sie Sich nun in meine Lage. Ich bin überzeugt, Sie würden Sich entschließen wie ich.

Unter 1000 Gulden würde ich in Tübingen nicht wohl haben existiren können, und für dieses Geld hätte ich zu wenig geleistet. Besser also, man wendet die bestimmte Summe an einen rüstigen und verdienstvollen Mann, und ich bleibe in meinen Verhältnissen.

Daß ich Ihre und Ihrer Freunde liebevolle Bemühungen für mich mit dem dankbarsten Herzen verehre und ewig verehren werde, darf ich Ihnen nicht erst versichern. Nehmen Sie noch einmal meinen innigen Dank dafür an.

Ewig der Ihrige,

Schiller.