HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 1. November 1799

Schiller an Gottfried Körner, 1. November 1799

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Jena, 1. Nov. [Freitag] 99.

Dein Brief, lieber Körner, fand mich in einer höchst traurigen Lage. Meine Frau ist seit 3 Wochen von einer Tochter entbunden1, die Niederkunft war schwer, ging aber doch glücklich von statten, bald aber in den ersten Tagen zeigte sich ein Nervenfieber mit heftigen Phantasieren und Beängstigungen, der weiße Friesel schlug sich dazu, und jetzt liegt sie seit 10 Tagen ohne Besinnung und hat öfters phrenetische Anfälle. Seit vorgestern zwar erklärt der Arzt sie außer Lebensgefahr, auch versichert er uns, daß ihre Kopfkrankheit keine dauernde Folgen haben werde, aber der Zustand ist nichtsdestoweniger schrecklich; oft fürchte ich das schlimmste; und wenn es noch so gut geht, so droht eine lange Schwächung nachzufolgen.

Du kannst Dir denken, was ich bei diesen Umständen leide. Doch ist meine eigene Gesundheit bis jetzt noch gut, ob ich gleich fast eine Nacht über die andere wache und des Tags nicht von ihrem Bette komme; denn niemand als mich und ihre Mutter duldet sie um sich. Starke, unser Arzt, hat das mögliche gethan; und wenn sie gerettet wird so ist es sein Werk. Seit heute werden kalte Umschläge um den Kopf angewendet, die Wirkung zu thun scheinen; denn sie hatte einige Augenblicke, wo sie ihre Mutter und mich erkannte; auch schlief sie einige Stunden.

Gebe der Himmel, daß ich Dir in 8 Tagen etwas erfreulicheres schreiben könne!

Tausendmal umarme ich euch.

Dein Sch.