HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 12. Januar 1791

Schiller an Gottfried Körner, 12. Januar 1791

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Jena d. 12. Jenner [Mittwoch] 91.

Gestern kam ich von einer zwölftägigen Reise wieder hier an. In Erfurt begegnete mir das Unglück, von einem heftigen Catarrhfieber angegriffen zu werden daß ich einen ganzen Tag das Bette und einige Tage das Zimmer hüten mußte. Ich wartete es aber ab, daß es bey einem einzigen Anfall blieb, der aber so heftig war, daß ich und mein Arzt für dem Seitenstich und einem hitzig Fieber bange waren. Jetzt bin ich wieder ganz hergestellt, und bedaure nur die Tage, die ich in Erfurt durch meine Krankheit verlor. Meine dortigen Freunde suchten mir diesen Unfall so leidlich als möglich zu machen, und der Coadjutor besuchte mich mehrmals. Ich habe alle Ursache mit dieser Reise zufrieden zu seyn. Sie brachte mich ihm überaus nahe und führte die bestimmtesten und glücklichsten Erklärungen von seiner Seite herbey. Sehr wahrscheinlich werde ich die nächsten Osterferien in Erfurt zubringen, wenn ich, wie ich hoffe, meine Schwiegermutter dazu disponiren kann. Auf den Julius ohnfehlbar erhältst Du einen Besuch von uns beiden, von meiner Schwägerin, meiner Schwiegermutter und vielleicht auch der Frau v. Stein. Früher kann es nicht geschehen, weil der 30jährig Krieg mir keine so große Zerstreuung erlaubt. Da ich auf d. Sommer nur 2mal die Woche lesen werde, so hat es mit einer Reise von 8 Tagen keine Noth. Das Jahr 1791 bringt uns also zuverlässig zusammen.

In Weimar habe ich mich auch einen Tag aufgehalten, mich am Hofe praesentirt und bey der Herzogin Amalie die schönen Zeichnungen, die sie aus Italien mitbrachte in Augenschein genommen. Die Prospekte von Neapel, einige von und um Rom, einige Zeichnungen nach Büsten und Antiken sind unbeschreiblich schön. Sehr vieles habe ich aber noch zu sehen. Es freute mich, in Weimar den Schauspieler Beck aus Mannheim anzutreffen der auf acht Wochen dort gemiethet ist und sehr viel Beyfall findet. Man wollte ihm die Direction des Theaters überlassen, aber sein Engagement in Mannheim ist zu solide und zu vortheilhaft, um es mit einer so precairen Versorgung in Weimar zu vertauschen.

Es ist mir jetzt wieder noch einmal so wohl, denn seit meiner Erfurter Reise bewegt sich wieder der Plan zu einem Trauerspiele in meinem Kopfe, und ich habe einen Gegenstand für abgerissene poetische Momente. Lange habe ich nach einem Sujet gesucht, das begeisternd für mich wäre; endlich hat sich eins gefunden, und zwar ein historisches.

Auf Grafen habe ich meines Portraits wegen, durch die Gräfin von Görz, die ich in Erfurt fand und die nach Dresden gereist ist, einen neuen Sturm thun lassen, hoffe aber nicht viel davon. Vielleicht siehst Du sie, sie ist eine schöne Frau. Man hat mir auf Veranstaltung des Coadjutors in Erfurt die Ehre angethan, mich zu einem Mitgliede der kurmainzschen Academie nützlicher Wissenschaften aufzunehmen. Nützlicher! Du siehst, daß ich es schon weit gebracht habe.

Adieu. Meine Frau grüßt Dich und die beiden recht herzlich.

Dein S.