HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 15. Juni 1798

Schiller an Gottfried Körner, 15. Juni 1798

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Jena, den 15. Juni [Freitag] 1798.

Nur ein Paar Zeilen für heute. Der Kopf ist mir diesen Monat so warm von dem, was ich noch zu thun und zu leisten habe, daß ich gar zu keiner ordentlichen Folge in meinen Geschäften komme. Goethe ist auch schon lange hier, und wir sehen uns alle Abende.

Zum Almanach geschehen allmählig Vorbereitungen; Goethe hat schon sehr schöne Sachen dazu parat, die ich Dir gelegentlich schicken will. Was mir dazu wird eingegeben werden, das wissen die Götter.

Man sollte sich hüten, auf ein so complicirtes, weitläufiges und undankbares Geschäft sich einzulassen, wie mein Wallenstein ist, wo der Dichter alle seine poetischen Mittel verschwenden muß, um einen widerstrebenden Stoff zu beleben. Diese Arbeit raubt mir die ganze Gemächlichkeit meiner Existenz, sie heftet mich anstrengend auf Einen Punkt, läßt mich an kein ruhiges Empfangen von anderen Eindrücken kommen; weil zugleich auch die Idee eines bestimmten Fertigwerdens drängt – und grade jetzt scheint sich die Arbeit noch zu erweitern: denn je weiter man in der Ausführung kommt, desto klarer werden die Forderungen, die der Gegenstand macht und Lücken werden sichtbar, die man vorher nicht ahnen konnte. Ich bin nun erst recht froh, daß ich Dir von den ersten Acten noch nichts gezeigt, denn Du sollst das Ganze gleich in der Gestalt sehen, worin es bleiben kann und muß.

S.