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Schiller an Gottfried Körner, 19. Dezember 1790

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Jena, 19. December [Sonntag] 1790.

Huber und Forster haben mir vor einiger Zeit Lust machen wollen, in Mainz ein Etablissement zu suchen; aber ohne eine ganz beträchtliche Verbesserung wäre dieses dermalen keine Partie für mich. Nach der Beschreibung sind es gar schlechte Canäle, die man dabei gebrauchen muß, und ich würde mir fatale Verhältnisse dabei auf den Hals laden. Einer sehr ansehnlichen Besoldung zu Gefallen könnte ich mich schon einigem Zwang unterwerfen; aber wie gesagt, sie müßte sehr ansehnlich sein. Hier stehe ich mich doch, wenn ich das Collegienlesen ganz als Nebensache tractire, auf fünfhundert Thaler fixe Einnahme, und wenn ich neunhundert brauche, so habe ich bloß noch vierhundert zu erwerben. Will ich aber mehr Zeit und Mühe auf Vorlesungen wenden, so tragen mir die Collegien so viel mehr, als ich an schriftstellerischen Einnahmen dabei einbüße. Dabei lebe ich hier ganz mein eigener Herr und ohne allen Zwang der Verhältnisse. Für eine jährliche Einnahme von zwölfhundert Thalern in Mainz würde ich übrigens gern mein hiesiges Etablissement hingeben. Indessen hoffe ich, daß gewisse Leute nicht ewig leben werden, und dann ist alles im Trockenen. In zwölf Tagen reise ich mit meiner Frau und Schwägerin nach Erfurt, um acht Tage dort zu blieben. Mein Verhältniß mit Dalberg wird immer fester und enger; ich verspreche mir einmal überaus viel von einem näheren Umgange mit ihm. Er ist ein so reines, so edles und so geistreiches Wesen, wie ich wenig kenne; so ganz über jede Armseligkeit hinweg, voll Empfänglichkeit und Wärme für das Schöne, Wahre und Gute, und doch frei von Schwärmerei – frei geworden, denn er war nicht immer so.

Mich freut, daß Dir mein deutscher Plutarch gefällt. Gewiß ist dies die Arbeit, die auf mich wartet, wo alle Kräfte meiner Seele Befriedigung finden werden. Ich bin nun begierig, was Dalberg dazu sagen wird. Er will mich nicht von der Poesie, und besonders nicht von der dramatischen, verschlagen wissen. Aber beides wird sich recht gut vereinigen lassen. Göschen erwarte ich noch immer. Ich hoffe auch, daß er meine Vorschläge annehmen kann, und er hat ein ganzes Jahr Zeit, sich, wenn er will, durch Subscription zu decken.

Lebe recht wohl, und viel Glück zum heiligen Christ und Neujahr. Von Erfurt aus denke ich Dir zu schreiben. Meine Frau legt noch einige Zeilen bei. Herzliche Grüße an Minna und Dorchen.

Dein Schiller.