HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 20. Juli 1794

Schiller an Gottfried Körner, 20. Juli 1794

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Jena, den 20. Juli [Sonntag] 94.

Daß wir Euch wahrscheinlicherweise nicht hier sehen werden, thut mir sehr leid; besonders da ich selbst die Reise nach Leipzig nicht machen kann. Meine Gesundheit, die vorzüglich das Fatale hat, daß sie mir fast immer die Nächte raubt, und die mich überhaupt tausend kleinen Bedürfnissen aussetzt, die sich auf Reisen nicht befriedigen lassen, macht es mir unmöglich, Dich in Leipzig aufzusuchen. Alles was ich versprechen kann, ist, bis nach Weißenfels zu kommen, um Dich wenigstens auf einige Stunden zu sehen, wenn Du mir dahin entgegenreisen willst. Wenn Humboldt, der noch immer an einem neuerlichen Recidiv seines kalten Fiebers laborirt, sich bis dahin erholt hat, so wird er mit mir kommen. Wir würden es so einrichten, gegen Nachmittag dort zu sein, und dann am folgenden Mittag wieder abreisen. Kannst Du unsern Wunsch erfüllen, so gieb uns zu rechter Zeit Nachricht, auf welchen Tag wir diese Zusammenkunft richten sollen.

Ich befinde mich immer am übelsten auf Reisen, und habe noch immer erfahren, daß ich über den unannehmlichen Folgen des Reisens die Zwecke, warum ich reise, verliere. Bloß wenn ich zu Hause und in meiner Ordnung bin, kann ich meinen Zufällen einige heitere und freie Stunden abgewinnen. Gern hätte ich Euch alle und auch die Kinder gesehen; aber ich bin es nun schon gewohnt, daß meine Krankheit mir die besten Freuden verdirbt, und ich muß lernen, mich darein zu ergeben.

Seit meinem letzten Briefe an Dich hat die große Hitze meine Zufälle wieder sehr in Bewegung gebracht, daß ich zu Beschäftigungen fast ganz verdorben wurde. Das Studium Kants ist noch immer das einzige, was ich anhaltend treibe, und ich merke doch endlich, daß es heller in mir wird. An den Horen ist weiter nichts geschehen, und Kant hat noch nicht geantwortet. Wenn ich während Deiner Reise an Dich schreibe, so werde ich den Brief nach Leipzig an Prof. Ernesti schicken. Lebe wohl. Humboldt grüßt Dich bestens.

S.