HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 23. Januar 1797

Schiller an Gottfried Körner, 23. Januar 1797

Bewertung:
(Stimmen: 0 Durchschnitt: 0)

Jena, 23. Januar [Montag] 1797.

Zu Deinem jetzigen Fleiß und zu dem guten Vorsatz darin zu beharren, gratulire ich aufs Beste und wünschte nur, daß ich auch unmittelbar für meine Horen etwas dabei gewönne.

Ich bin in der That dieses Jahr höchst bedürftig, etwas Gutes und Geistreiches im philosophischen und kritischen Fach darin zu haben, und würde Dirs mehr als je danken, wenn Du mir von Zeit zu Zeit etwas schaffen könntest. Ich selbst kann meinen Wallenstein jetzt nicht liegen lassen, und muß also für die Horen unthätig seyn. Schicke mir was Du findest, es soll mir alles willkommen seyn. – Du erhältst hier das zwölfte Horenstück, worin Dein Brief über den Meister abgedruckt ist. Dein Urtheil über Agnes Lilien hat Dich nicht getäuscht. Auch diese Fortsetzung wird es bestätigen. Es ist unerlaubt, wie dicidirt die Herren Schlegel urtheilten, daß Agnes nicht nur von Goethe sei, sondern auch zu seinen schönsten Arbeiten gehöre. An dem Wallenstein wird freilich fortgearbeitet, es geht aber dennoch langsam, denn des Stoffes ist gar zu viel. Uebrigens ist bei den bisherigen Versuchen mein Muth eher gewachsen, als vermindert worden; denn es ist mir schon vieles gelungen in der Ausführung, und der Plan läßt mich noch immer mehr erwarten. Auf den Moment freue ich mich schon im Voraus, wenn ich Dir dieses Kunstganze werde vorlegen können. Es soll ein Ganzes werden, dafür stehe ich Dir, und leben soll es auch in seinen einzelnen Theilen.

In meiner Familie ist alles wohl, und mit mir geht es auch recht leidlich. Wenn nur erst Frühjahr wäre. Ich brauche zu meinen poetischen Revenuen eine mildere Luft und eine freundlichere Sonne.

Herzlich umarmen wir Euch alle.

S.