HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 24. März 1800

Schiller an Gottfried Körner, 24. März 1800

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Weimar, 24. März [Montag] 1800.

Ich sage Euch nur einen herzlichen Gruß, um nach langer Zeit wieder ein Lebenszeichen zu geben. Meine Krankheit muß sehr hart gewesen sein, denn jetzt in der sechsten Woche fühle ich noch immer die schweren Folgen, die Kräfte sind noch sehr weit zurück, daß ich mit Mühe die Treppen steige, und noch mit zitternder Hand schreibe. Auch hält der Husten noch immer an, und ich werfe viel Schleim aus.

Der Rest des vorigen Jahres und der Anfang des neuen machen eine sehr traurige Epoche in meinem Haus, und ich fürchte, wir werden uns zeitlebens derselben zu erinnern haben.

Da die letzte Bearbeitung meines Wallenstein gerade in diese harte Zeit fiel, so wirst Du, lieber Körner, Dich nicht wundern, wenn von Deinen Bemerkungen nicht viel Gebrauch gemacht worden ist. Ueberdem ist ein Kunstproduct, insofern es mit Kunstsinn entworfen ward, ein lebendiges Werk, wo alles mit allem zusammenhängt, wo an nichts gerückt werden kann, ohne alles von der Stelle zu bewegen. Und selbst bei der reinsten Muße und Gemüthsstimmung möchte ich Mühe gehabt haben, Deine Wünsche zu befriedigen, da ich in mehrern Punkten quaestionis entgegengesetzte Grundsätze über Poesie und tragische Poesie insbesondere habe, die ich nicht wohl aufgeben kann. In etwa 10 Tagen sende ich Dir die gedruckten zwei ersten Stücke zu.

Mit der Maria Stuart hat der Allerweltsschwätzer und Sykophant Böttige1 mir einen Spaß verdorben. Du solltest das fertige Stück erhalten, ehe Du darauf vorbereitet wärst und durch Nachdenken über die historischen Materialien Dir die Phantasie verdorben, die Unbefangenheit geraubt hättest. Leider ist auch dieses Stück sehr zurückgesetzt worden durch die unglücklichen Zerstreuungen dieses Jahres. Lebe recht wohl. Lotte grüßt schönstens. Ich umarme Euch alle.

Sch.