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Schiller an Gottfried Körner, 25. Dezember 1797

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Jena, 25. Dec. [Montag] 97.

Ich bin zu Anfang dieser Woche mit einem starken Erbrechen und Durchfall befallen worden und fürchtete ernstlich krank zu werden. Der Zufall ist aber glücklich vorübergegangen. Es ist wie ich höre ein epidemisches Uebel in unsern Gegenden und hat also mit meiner übrigen Krankheit wie es scheint nichts zu thun. Indessen hat mir der Anfall den Kopf für die ganze Woche verdorben, und einen Stillstand in meiner Thätigkeit verursacht, die ohnehin so oft unterbrochen wird. Gott gebe nur, daß ich wenigstens im nächsten Jahr mit dem Wallenstein fertig werde. Hätte ich drey gesunde Monate, so sollte er vollendet seyn, aber meine Unpäßlichkeit, besonders die Schlaflosigkeiten nehmen mir immer den dritten Tag, und rauben meiner Arbeit die Suite, die so höchst nöthig ist, um in einer Gleichförmigkeit der Stimmung zu bleiben.

Ich habe lange nichts von euch gehört. Schreib mir doch bald wieder. Meine Kinder und Lottchen sind wohl.

Von Humboldt habe ich seit 8 Wochen wieder keine Zeile. Wenn er nicht in Paris ist, so weiß ich nicht, wie ich ihm das lange Schweigen, das mich über sein Schicksal und s. Auffenthalt so ungewiß läßt, vergeben soll.

Göthen erwarte ich in 8 Tagen hier, wo er eine Zeitlang bleiben, und wahrscheinlich den Faust vollenden wird.

Es wird mir auch schwer werden, Dir von dem Wallenstein nichts zu zeigen bevor er fertig ist, besonders da ich vor dem Julius schwerlich hoffen kann ihn zu endigen. Vielleicht sende ich Dir die 2 ersten Akte und etwas von dem dritten, wenn ich damit in Ordnung bin. Denn diese erste Hälfte, welche fast ganz nur Exposition ist, bildet in so fern ein eigenes Ganze. Das übrige ist bloß die Entwicklung dessen, was hier gegeben ist. Adieu.

Herzlich umarmen wir euch alle.

Dein Schiller.