HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 5. Januar 1800

Schiller an Gottfried Körner, 5. Januar 1800

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Weimar 5. Jan. [Sonntag] 1800.

Die Unruhen und Zerstreuungen in den ersten Wochen meines Hierseyns haben mich nicht zum Schreiben kommen lassen, ich weiß nicht einmal, ob ich Dir von hieraus schon geschrieben. Mit meiner Frau ist es fortdauernd gut gegangen, sie befindet sich jezt vollkommen wohl, und man sieht ihr die schwere Krankheit gar nicht mehr an. Auch die Kinder sind immer gesund gewesen. Uebrigens gefällt es mir hier ganz wohl, ich sehe mehr Menschen, und die, welche mir lieb sind, habe ich näher. Göthen sehe ich alle Tage. Gearbeitet habe ich auch schon viel an meinem Stücke und werde gegen Ende Februars doch vielleicht noch damit fertig, wenn ich mich ferner dazu halte.

Die ersten Akte der Piccolomini sende ich Dir hier. Wenn Du jezt Zeit hast, mir Deine Bemerkungen darüber aufzusetzen, so ist mirs sehr angenehm; denn im nächsten Monat muß ich den Druck anfangen lassen.

Ich stecke jezt sehr in Planen, und muß auch fleißig dahinter her seyn, denn der hiesige Auffenthalt ist sehr viel theurer, als ich gedacht. Doch will ich lieber mehr zu verdienen suchen, als die Vortheile des Ortes missen, die auch für mein inneres Wesen von Bedeutung sind. Jena war kein Platz mehr für mich, nichts war dort, was mich aufregen konnte. Es ist hier zwar auch nicht viel Geist in Circulation, weil aber viel müßige Leute hier sind, so ist ein Bedürfniß da den Geist zu reizen, und so kommt denn natürlich die Reihe zuerst an Poesie und Kunst.

Lotte grüßt herzlich und wird nächstens wieder selbst schreiben. Tausendmal umarmen wir euch.

Dein Sch.