HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 8. Mai 1799

Schiller an Gottfried Körner, 8. Mai 1799

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Jena, 8. Mai [Mittwoch] 99.

Ich habe Deinen letzten Brief mitten unter den weimarschen Zerstreuungen erhalten, und er war mir desto mehr willkommen, da mir das fade Schwatzen über diesen Gegenstand in Weimar eine ernste und gründliche Stimme zum Bedürfniß machte. Erwarte indessen binnen der nächsten 3 oder 4 Monate nichts Vernünftiges darüber von mir zur Antwort; ich habe mich mit Gewalt aus dieser Materie herauszureißen gesucht, und es thut mir wohl, in einem neuen Element zu leben. Du sollst aber die beiden Stücke in 8 Tagen spätestens wiedererhalten und einige Monate bei Dir aufbewahren, daß Du Dir in dieser Zeit Deine Bedenken und Desiderata aufnotiren kannst. Könntest Du Dich entschließen, die Anzeige des III. Stücks für die Allgemeine Zeitung aufzusetzen, so würdest Du Goethen und mir einen großen Gefallen erzeigen, denn diese Arbeit liegt sowohl ihm als mir jetzt außer dem Wege, und sie muß doch gethan seyn. Du kannst Dich darin nach der Anzeige der Piccolomini in eben dieser Zeitung, die G und ich in Gemeinschaft, obgleich etwas eilfertig, aufgesetzt, richten, und brauchst Dir dabei keine große Mühe zu machen, da es nur um den Haupteindruck zu thun ist.

Der Wallenstein hat auf dem Theater in Weimar eine außerordentliche Wirkung gemacht, und auch die Unempfindlichkeiten mit sich fortgerissen. Es war darüber nur Eine Stimme, und in den nächsten acht Tagen ward von nichts Anderem gesprochen.

Jetzt bin ich gottlob wieder auf ein neues Trauerspiel fixirt, nachdem ich 6 Wochen lang zu keiner Resolution kommen konnte. Diesmal sollst Du das Sujet nicht eher als mit dem vollendeten Werke erfahren. Ich hoffe am Ende des Winters allerspätestens damit fertig zu seyn; denn fürs erste ist der Gegenstand nicht so widerstrebend als Wallenstein, und dann habe ich an diesem das Handwerk mehr gelernt. Wenn ich diesen Sommer nicht einige Monate an die Propyläen wenden müßte, so hoffte ich das neue Stück noch mit Ende dieses Jahres zu liefern.

Meine Gesundheit hält sich noch recht brav; ich hoffe, sie soll sich diesen Sommer noch mehr befestigen. Goethe hat sich jetzt Equipage angeschafft, und fährt mich alle Tage spazieren; wir ziehen dieser Tage auch wieder in den Garten, was Ihr ohne Zweifel auch bald thun werdet.

Sei doch so gut und laß mir von den Weiblein eine Bordüre zu einer blauen Tapete aussuchen für ein Gartensälchen. Ich brauche 20 Ellen, sie darf nur eine Hand breit seyn. Wenn ich weiß, was sie kostet, so will ich das Geld zugleich mit dem für die Nudeln und den Grieß in dem nächsten Paquet beilegen.

Wir umarmen Euch herzlich.

Dein S.