HomeBriefeBriefwechsel mit Gottfried KörnerSchiller an Gottfried Körner, 8. September 1795

Schiller an Gottfried Körner, 8. September 1795

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Jena den 8. Sept. [Dienstag] 95.

Es freut mich sehr, daß Du mit der ersten Lieferung meiner Gedichte so zufrieden bist. Der Vorzug den Du unter den gesandten Natur und Schule gibst, stimmt ganz mit meinem eignen Urtheil überein.

Die Ideale sollten absichtlich schwächer endigen; denn sie sollen ein treues Bild des Zustandes seyn, den sie schildern, des Rheins, der sich bey Leyden im Sande verliert; denn das ist das gewöhnliche Schicksal idealischer Erwartungen, und mit diesem Gefühl wollte ich meinen Leser entlassen.

Darüber wundere ich mich, wie Dich die III Strophe in Macht des Gesanges stört, die gewiß die beste darinn ist, und die eigenthümliche Macht der großen Dichtkunst treu ausdrückt. Ihr Ton ist derselbe der 4 ersten Strophen, wo alles auf das Furchtbare hinausläuft. Eher könnte man die letzte Strophe für die vorhergegangenen 4 andern zu schmelzend finden. Die Einheit des Liedes ist ganz einfach diese: der Dichter stellt durch eine Zauberähnliche und plötzlichwirkende Gewalt die Wahrheit der Natur in dem Menschen wieder her.

Pegasus wird da geschlossen werden, wo Apoll ihn besteigt. Apoll ist darin eine unentbehrliche Figur, und der Hungertod würde zu platt endigen. Aber das ist eine gegründete Kritik, daß die Moral des Stückes in dem Munde Apolls wegbleiben sollte.

Schreib mir doch in Deinem nächsten Briefe auf, was ich Dir biß jetzt geschickt. Ich weiß sonst nicht, was ich Dir sonst noch zu senden.

Das heutige Gedicht begleite ich nicht gern mit einem anderen. Es muß Dich allein beschäftigen, und es wird es auch, wie ich vermuthe. – Den Tanz hast Du doch erhalten?

Auf den Freitag sende ich den letzten Transport an Dich ab, worinn etwas vorkommt, was mir ein freundliches Gesicht von den Frauen verdienen wird. Sag ihnen recht viel Grüße, und daß ihr Interesse an den poesien mich sehr freut. Meine Frau grüßt euch alle herzlich. Wir sind wohl

Dein Sch.