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Charakterisierung Herzog Johann Parricida von Schwaben aus Schillers „Wilhelm Tell“

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Herzog Johann Parricida von Schwaben ist ein Fürstensohn aus fremden Landen. Er sucht bei Wilhelm Tell seine Zuflucht, nachdem er den Kaiser aus Selbstsucht gemordet hat. Durch Konrad Hunn‘s Mitteilungen (II, 2) sind wir bereits auf ihn aufmerksam gemacht worden. Hier haben wir haben gehört, wie schnöde der Kaiser Johann Parricida behandelt. Und aus Werner Stauffachers Munde erfahren wir ( V, 1), welche grauenvolle Tat der Herzog  verübt hat.

Um die historische Treue zu wahren, sah sich Schiller hier durchaus dazu genötigt, den Johann Parricida auftreten zu lassen. Denn der geschichtliche Parricida flüchtete nach seiner Mordtat zunächst nach Stütz, wo er in dem Kloster Einsiedeln einige Tage verborgen blieb, bis ihm die Waldstetter ihren weiteren Schutz verweigerten. Schiller lässt Johann Parricida von Schwaben als Mönch verkleidet bei Tell erscheinen, wo er sich durch sein scheues Verhalten gleich verrät. Von Gewissensbissen gefoltert und bei den Schweizern verstoßen, wo er mit Schutz gerechnet hatte, möchte Parricida sich selbst das Leben nehmen. Tell gibt ihm einen besseren Rat: Er versorgt ihn reichlich und schickt ihn nach Italien, wo er dem Papst seine Schuld bekennen und seine Sünde büßen soll.

Dass Schiller den Herzog am Ende dem Tell gegenüberstellt, werten manche Kritiker als Akt der Verteidigung des Mordes von Wilhelm Tell. Tells Befreiungstat noch besonders zu verteidigen oder eine solche Verteidigung für dringend nötig zu halten, fiel Schiller aber gewiss nicht ein.  Aber einen unberufenen Befreier wie Johann Parricida, den nur persönlicher Ehrgeiz zum Mord angetrieben hatte, von sich weisen, das musste Tell um seines Vaterlandes willen, das musste er seines eigenen Herzens willen tun.

– – – Gerächt
Hab ich die heilige Natur, die du
Geschändet – Nichts teil ich mit dir – Gemordet
Hast du, ich hab mein Theuerstes verteidigt.

Das war die Wahrheit, welche der Dichter von der Schaubühne als einer moralischen Anstalt verkünden wollte, von der Stätte, welche die erhabene Aufgabe nie aus dem Auge verlieren sollte, begangene Verbrechen vor ihren Richterstuhl zu ziehen. Und wenn den Dichter irgendetwas nicht verleitet, sondern geleitet hat, so ist es seine Neigung zur Zusammenstellung wirksamer Kontraste, wodurch Parricida’s Konfrontation mit Tell gleichzeitig ästhetisch zu rechtfertigen sein dürfte.