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Charakterisierung Gräfin Terzky aus Schillers »Wallenstein«

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(Stimmen: 3 Durchschnitt: 3.7)

Gräfin Terzky ist die Schwester der Herzogin, die neben dem Helden des Stückes die hervorragendste Rolle spielt. Der Geschichte zufolge soll nicht Terzkys Gemahlin, sondern dessen Schwester, die mit dem Grafen Kinsky verheiratet wurde, Wallensteins Vertraute gewesen sein und um seine Pläne gewusst haben. Schiller teilt diese Rolle der nächsten Verwandten des Herzogs zu, seiner Schwägerin. Diese bezeichnet ihn aber im Stück wiederholt (P. III, 4) mit „Bruder“.

Geistig begabt, von entschiedenem Charakter und zum Handeln geboren, hat sie schon bei der Wahl Friedrichs V. ihre Hand im Spiele gehabt. Sie ist auch jetzt mit allem Ernst darauf bedacht, für Wallenstein zu intrigieren. Die Reise, die sie mit dessen Frau und Thekla unter dem Schutz des jungen Piccolomini nach Pilsen gemacht hat, hat ihr völlig freien Spielraum gegönnt. Von dem Gedanken ausgehend, Max sei absichtlich von ihrem Schwager zum Beschützer seiner Familie ausgewählt worden, weil derselbe ihm ein willkommener Schwiegersohn sein würde, und weil er ihn durch solche Bande unauflöslich an sich fesseln möchte, hat sie die aufkeimende Zuneigung zwischen den jungen Leuten begünstigt. In echt weiblicher Weise hat sie nicht nur ihre Freude an allerlei kleinen Neckereien der beiden Liebenden, sondern sie sucht sie auch in Abhängigkeit von sich zu erhalten. Wie sie es klug einzurichten versteht, dass sie einander sehen und sprechen können, so sollen sie in ihr auch diejenige erblicken, durch deren Vermittlung die ersehnte Verbindung herbeigeführt werden kann.

Ob es ihr hiermit wirklich Ernst ist, bleibt völlig zweifelhaft. Ihre Hauptabsicht ist die Befriedigung ihres Ehrgeizes. Sie möchte ihren Herzog gern recht groß und geehrt sehen, möchte womöglich einen König zum nächsten Verwandten haben. Diesem Zweck soll auch das Liebesverhältnis dienen. Thekla soll dem Max weniger in aufrichtiger Liebe zugetan sein, als vielmehr ein Liebesspiel mit ihm treiben, seine Neigung für die Zwecke des Vaters ausbeuten, ihn zu unbedingter Hingebung an denselben zu bestimmen suchen. Max dagegen soll sich erinnern, dass es ihm zukommt, die Braut, um die er wirbt, sich durch ritterlichen Kampf im Dienst seines Feldherrn zu erringen. Auf diese Weise soll die Liebe ihr ein Mittel werden, um wirksam in die Staatsaktion einzugreifen. Doch so schnell, wie sie ihren Plan entworfen hat, will derselbe sich nicht verwirklichen lassen.

Wallenstein zögert, die längst vorbereiteten Schritte zu tun. Es scheint also nötig, ihn zum Handeln zu drängen. An einer fertigen Zunge, die dem besten Advokaten alle Ehre machen würde, fehlt es der Gräfin Terzky eben so wenig, wie an Mut und Energie des Willens. Sie wendet daher (T. I, 7) ihre ganze Überredungskunst auf. Obwohl sie die astrologischen Träumereien eigentlich als Aberglauben betrachtet, weiß sie doch listig genug Wallensteins Glauben an die Sterne zu benutzen, um ihn zu einem entschlossenen Schritt anzustacheln und führt somit die Entscheidung herbei.

Ebenso weiß sie Max anzuspornen, das gut zu machen, was sein Vater verbrochen hat. Sie trägt hierdurch wesentlich dazu bei, ihn zu seinem verzweifelten Entschluss zu drängen. Doch als die Nachricht von seinem Tod eintrifft, da beschleichen Furcht und Bangigkeit ihre Seele. Böse Ahnungen verfolgen, beängstigende Träume erschrecken sie. Das ist die Strafe für ihr Intrigieren. Als sie aber die Grabgedanken, mit denen sie sich getragen hat, verwirklicht sieht, als ihr Mann im verzweifelten Kampf gefallen ist und Wallenstein selbst erstochen ist, als mit Theklas Flucht alle ihre Ideale von zukünftiger Größe zertrümmert sind, da gewinnt sie ihre Seelengröße wieder und entschließt sich, für die Idee, für die sie gelebt hat, nun auch zu sterben. Es ist eine harte Buße, die sie sich auferlegt, aber sie erscheint notwendig, um uns mit ihren Schwächen zu versöhnen.