HomeDie Horen1796 - Stück 11I. Benvenuto Cellini. [Benvenuto Cellini]

I. Benvenuto Cellini. [Benvenuto Cellini]

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Fortsetzung.

Ich kehrte nach Paris zurück und jedermann verwunderte sich über die Gunst, die mir der König bezeugte, ich erhielt das Silber und fing an, die Statue des Jupiters zu bearbeiten. Ich nahm viele Gesellen und fuhr, mit grosser Sorgfalt, Tag und Nacht fort; Jupiter, Vulkan und Mars waren im Modell fertig, auch den ersten hatte ich in Silber schon weit gebracht, so daß meine Werkstatt reich genug aussah. Um diese Zeit erschien der König in Paris, ich wartete ihm auf, und als er mich sah, rief er mir fröhlich zu: ob ich ihm in meinem Hause etwas schönes zu zeigen hätte; so wolle er hinkommen. Da erzählt eich ihm alles, was ich gemacht hatte, und er bezeigte grosses Verlangen, die Arbeit zu sehen. Gleich nach Tafel machte er sich auf mit Madame D’Estaurpes, dem Cardinal von Lothringen, dem König von Navarra, seinem Vater, und der Königinn, seiner Schwester, auch kam der Dauphin und die Dauphine, so daß der ganze Adel des Hofes sich in Bewegung setzte.

Ich war wieder nach Hause gegangen und hatte mich an die Arbeit begeben, als nun der König vor das Thor meines Schlosses kam, und so viele Hämmer pochen hörte, befahl er, ein jeder solle still seyn; so war in meinem Hause alles in Arbeit, und der König überfiel mich, eh’ ich es dachte. Er trat in meinen Saal und erblickte zuerst mich mit einem grossen Silberblech in der Hand, das zum Leibe Jupiters bestimmt war, ein anderer machte den Kopf, ein dritter die Füsse, so daß der Lärm ausserordentlich war. Zufälligerweise hatte mir eben in diesem Augenblick ein französischer Knabe, der bey der Arbeit um mich war, irgend etwas nicht recht gemacht, deswegen ich ihm einen Tritt gab, der glücklicherweise nur zwischen die Beine traf, doch hatte ich den Jungen über vier Ellen weit weggestossen, der Knabe wollte fallen und hielt sich am König, der eben hereintrat, der König lachte überlaut, und ich war sehr verlegen, dann fing er an zu fragen, was ich mache? und verlangte, daß ich in seiner Gegenwart arbeiten sollte; darauf sagte er: es wäre ihm lieber, wenn ich mich nicht so anstrengen wollte, ich sollte doch so viel Leute nehmen, als mir beliebte, und diese arbeiten lassen, und mich gesund erhalten, um ihm desto länger dienen zu können. Da antwortete ich, daß ich eben krank werden würde, wenn ich nicht arbeitete, auch würden die Werke nicht von der Art werden, wie ich sie für Seine Majestät zu verfertigen hoffte. Der König konnte das nicht einsehen, und glaubte, es sey nur Großsprecherey von mir, und der Cardinal von Lothringen mußte mirs nochmals wieder sagen, dem ich aber so offen und umständlich meine Gründe vorlegte, daß er mich vollkommen begriff; er beruhigte daher den König und bat ihn, er möchte mich nur viel oder wenig nach meinem Belieben arbeiten lassen.

So zufrieden von meinen Werken, begab sich der König nach seinem Pallaste zurück und überhäufte mich dergestalt mit Gunst, daß ich nicht alles erzählen kann. Den andern Tag nach der Tafel ließ er mich rufen, der Cardinal von Ferrara speißte mit ihm, als ich kam, war der König eben an der zweyten Tracht, ich trat herzu, und Seine Majestät fing sogleich mit mir zu reden an. Da er einen so schönen Becher und so ein vortreffliches Becken von mir besitze, so wünsche er dazu auch ein ähnliches Salzfaß zu haben, ich sollte ihm eine Zeichnung machen und zwar so geschwind als möglich. Darauf versetzte ich: Ew. Majestät sollen eine solche Zeichnung geschwinder sehen, als Sie denken, denn als ich Ihre beyden Gefässe verfertigte, überlegte ich wohl, daß diesen zur Gesellschaft auch ein Salzfaß gearbeitet werden müsse, darum habe ich so was dergleichen schon aufgestellt, und wenn Seine Majestät einen Augenblick warten wollten, so könnte ich die Sache gleich vorzeigen. Das hörte der König mit vieler Zufriedenheit, und wendete sich zu den gegenwärtigen Herrn, als dem König von Navarra, den Cardinälen von Lothringen und Ferrara und sagte. Das ist wahrhaftig ein Mann, den alle Welt lieben und wünschen muß; dann sagte er zu mir: er würde gern die Zeichnung sehen, die ich zu einem solchen Werke gemacht hätte. Da eilte ich fort, ging und kam geschwind, denn ich hatte nur die Seine zu passiren, und brachte das Modell von Wachs mit, das ich auf Verlangen des Cardinals schon in Rom gemacht hatte. Als ich es aufdeckte, verwunderte sich der König und sprach: das ist hundertmal göttlicher, als ich gedacht habe, das ist ein grosses Werk dieses Mannes, er sollte niemals feyern. Dann wendete er sich zu mir, mit sehr freundlichem Gesichte und sagte: Das Werk gefalle ihm ausserordentlich, er verlange, daß ich es ihm von Gold mache. Der Cardinal sah mir in die Augen, und gab mir durch einen Wink zu verstehen, daß er das Modell recht gut wieder erkenne; darauf sagte ich: ich habe wohl von diesem Modell schon gesagt, daß ich das Werk gewiss vollenden wollte, wenn es nur jemand bestellte. Der Cardinal erinnerte sich dieser meiner Worte, und weil es ihm schien, als habe ich mich rächen wollen, so sagte er mit einiger Empfindlichkeit zum König: Sire! das Unternehmen ist groß, und ich fürchte nur, wir sehen es niemals geendigt, denn diese braven Künstler, die so trefflicher Erfindungen fähig sind, fangen gar gern an, sie ins Werk zu stellen, ohne zu denken, wann sie geendigt werden können; wenn ich so etwas bestellte, so wollte ich doch auch wissen, wann ich es haben könnte; der König antwortete: wenn man sich so ängstlich um das Ende der Arbeit bekümmere, so würde man sie niemals anfangen! und er sagte es auf eine Weise, daß man merken konnte, er wolle anzeigen, zu solchen Werken gehöre ein muthiger Geist. Ich sagte darauf: alle Fürsten, die, wie Ew. Majestät, durch Handlungen und Reden ihren Dienern Muth machen, erleichtern sich und ihnen die grösten Unternehmungen, und da Gott mir einen so ausserordentlichen Herrn gegeben hat, so hoffe ich auch, grosse und ausserordentliche Werke für ihn zu vollenden. Ich glaube es, sagte der König, und stand von Tafel auf.

Da ließ er mich auf sein Zimmer rufen, und fragte mich, wie viel ich Gold zu diesem Salzfasse brauchte? Tausend Scudi, versetzte ich sogleich. Da rief er seinen Schatzmeister, den Vicomte D’Orbec und befahl ihm, er solle mir tausend alte, gewichtige Goldgülden auszahlen lassen. Ich ging weg und schickte nach den beyden Notarien, durch die ich auch das Silber für den Jupiter und viele andere Sachen erhalten hatte, dann holte ich zu Hause ein kleines Körbchen, das mir meine Nichte, die Nonne, als ich durch Florenz reiste, geschenkt hatte, und ich nahm es zu meinem Glück statt eines Sackes, und weil ich dieses Geschäft noch bey Tage zu endigen dachte, auch meine Leute nicht in der Arbeit stören mochte, so nahm ich nicht einmal einen Diener mit. Ich fand den Schatzmeister zu Hause, der schon das Geld vor sich hatte, und die vollwichtigen Stücke, nach dem Befehl des Königs, aussuchte, und indem mir schien, daß der Spitzbube mit Fleiß die Auszahlung des Geldes bis drey Stunden in die Nacht verzögerte, so wollte ich mich auch vorsehen, und schickte nach einigen meiner Arbeiter, sie sollten kommen, und mich begleiten, denn es sey eine Sache von Bedeutung. Als sie in einer gewissen Zeit nicht kamen, fragte ich den Schelm von Bedienten, den ich abgeschickt hatte, er versicherte mir, daß er sie gerufen habe, sie aber könnten nicht kommen, hingegen erbiete er sich mir das Geld zu tragen. Ich antwortete: das könnte ich selbst. indessen war der Contract ausgefertigt, das Geld ward in das Körbchen gelegt, und ich schob den Arm durch die zwey Henkel; weil sie nun sehr eng waren, so drückte mein Arm fest auf das Geld, und ich trug es bequemer und sicherer, als wenn es ein Säckchen gewesen wäre. Ich war gut bewafnet mit Panzerhemd und Ermeln, hatte Degen und Dolch an der Seite und machte mich schnell auf den Weg, da bemerkte ich, daß einige Dienern zusammen lispelten, gleichfalls das Haus verliessen, und einen andern Weg nahmen, als den ich zu gehen hatte. Ich ging schnell, und kam über der Brücke auf ein Mäuerchen am Flusse, das mich zu meiner Wohnung führte. Als ich mich eben bey den Augustinern an einem sehr gefährlichen Orte befand, der zwar nur fünfhundert Schritte von meinem Schlosse entfernt war, weil aber innwendig die Wohnung fast noch einmal so weit ablag, so hätte man mich nicht gehört, wenn ich auch hätte rufen wollen. Als ich nun vier Degen hinter mir bemerkte, entschloß ich mich sogleich, bedeckte das Körbchen mit der Jacke, zog den Degen, und rief, als sie mir näher kamen: bey Soldaten ist nichts zu holen, als die Jacke und der Degen, und ihr sollt wenig gewinnen, wenn ihr mir sie abnehmt! Da stritt ich heftig gegen sie, und breitete öfters die Arme auseinander, damit, wenn sie auch von den Bedienten gehört hätten, daß ich so vieles Geld empfangen habe, sie vermuthen sollen, es müsse ein anderer seyn, der ledig ginge. Das Gefecht dauerte kurz, sie zogen sich nach und nach zurück, und sagten unter einander in ihrer Sprache: das ist ein braver Italiener, und gewiss der nicht, den wir suchen, und wenn er’s ist, so hat er nichts bey sich. Ich sprach italienisch und mit vielen Stössen und Stichen ging ich ihnen zu Leibe, und da sie sahen, daß ich den Degen sehr gut führte, glaubten sie, ich sey eher Soldat, als was anders; sie hielten zusammen und entfernten sich langsam. Sir murmelten immer in ihrer Sprache, und ich wiederholte auch mit einer gewissen gleichgültigen Bescheidenheit: wer Waffen und Jacke von mir haben wolle, solle sie theuer bezahlen. Ich fing an stärker zu gehen, und sie kamen immer langsam hinter mich drein, deßwegen vermehrte sich meine Furcht, denn ich dachte, vielleicht lägen noch andere vor mir im Hinterhalt, so daß sie mich hätten in die Mitte nehmen können. Da ich nun noch ohngefähr hundert Schritte von meinem Hause war, fing ich an zu laufen, und rief mit lauter Stimme: Waffen, Waffen heraus! man bringt mich um. Sogleich sprangen vier von meinen jungen Leuten mit Spiessen aus dem Schlosse und wollten jenen nach, die man noch wohl sehen konnte. Da hielt ich sie an, und sagte laut: die vier Memmen haben nicht einmal einem einzigen Manne die Beute von tausend Goldgülden abnehmen können, da mir doch dieser Schatz bald den Arm zerbrach; den wollen wir nur erst in Sicherheit bringen, dann will ich euch Gesellschaft leisten, mit meinem Schwerdt zu zwey Händen, wohin ihr wollt. Wir gingen hinein, verschlossen das Geld, und meine jungen Leute beklagten die grosse Gefahr, in die ich mich begeben hatte, machten mir Vorwürfe, und sagten: ihr traut euch selbst zu sehr, und wir werden euch doch noch einmal zu beweinen haben. Nachdem wir uns lange darüber gestritten hatten, waren meine Widersache verschwunden. Wir hielten uns nun vergnügt und fröhlich ans Abendessen und lachten über die sonderbaren Begebenheiten, die uns das Glück im Guten und Bösen zusendet, nahmen uns das Vergangen nicht zu Herzen, es war, als wenn es nichts gewesen wäre. Zwar sagt man: du wirst nun lernen ein andermal klüger seyn; aber ich finde den Spruch nicht richtig, denn was uns begegnet, kommt immer auf eine so verschiedene Weise, wie wir es uns nicht haben einbilden können.

Den folgenden Morgen machte ich sogleich den Anfang mit dem grossen Salzfasse und ließ, sowohl an diesem als an andern Werken, mit grosser Sorgfalt fortarbeiten. Ich hatte viele Gesellen angenommen, Bildhauer und Goldschmiede, es waren Italiener, Franzosen und Deutsche. Manchmal war eine grosse Menge beysammen, wenn ich sie gut und tauglich fand, doch ich machte jeglichen Tag mit ihnen eine Veränderung, weil ich nur die besten behielt, diese trieb ich lebhaft an, besonders durch mein Beyspiel, denn ich hatte eine stärkere Natur als sie. Da wollten einige, von der grossen Anstrengung ermüdet, sich durch vieles Essen und Trinken wieder herstellen, besonders verschiedene Deutsche, welches die besten Arbeiter waren, zeigten den grösten Eifer mir nachzuahmen, allein sie konnten die Arbeit nicht ertragen, so daß sie ihren Fleiß mit dem Leben bezahlen mußten. Indessen als mein silberner Jupiter vorwärts ging, bemerkte ich, daß mir noch Silber genug übrig bleib, und, ohne Vorwissen des Königs, legte ich Hand an ein grosses Gefäß, mit zwey Handhaben, ohngefähr anderthalb Ellen hoch, auch kam mir die Lust an, mein grosses Modell zum Jupiter in Erz giessen zu lassen.

Bey dieser neuen Unternehmung, da ich dergleichen selbst noch nicht gemacht hatte, überlegte ich die Sache mit einigen alten Parisern Meistern, und sagte ihnen die ganze Art, wie man in Italien bey solchen Werken zu verfahren pflege. Sie antworteten mir darauf: dieser Weg sey ihnen unbekannt, aber wenn ich sie auf ihre Weise gehen liesse, so wollten sie mir das Bild so schön und glatt giessen, als es jetzt von Thon sey. ich machte einen Accord mit ihnen, damit sie ganz die Sache übernähmen, und über ihre Forderung versprach ich ihnen noch einige Scudi mehr, sie legten Hand ans Werk, und als ich sahe, daß sie auf einem falschen Wege waren, fing ich die Büse des Julius Cäsar, mit bewaffneter Brust an, und zwar viel grösser, als die Natur. Ich arbeitet nach einem kleinen Modell, das ich in Rom nach der herrlichsten Antike gearbeitet hatte, zugleich modellirte ich einen Frauenskopf von derselben Grösse, nach einem ausserordentlich schönen Mädchen, das ich zu meiner Lust bey mir hatte. Ich nannte dieses Bildniß Fontainebleau, gleichsam als wenn es die Nymphe jener Quelle wäre, bey welcher der König sich seinen Lustort auserwählt hatte.

Das Öfchen zum Schmelzen des Erzes war aufs beste gebaut, alles in Ordnung und unsere drey Formen ausgebrannt; da sagte ich zu den Leuten: ich glaube nicht, daß euer Jupiter gut ausfallen wird, denn ihr habt ihm nicht genug Luftröhren von unten gelassen, die Cirkulation in euren Formen wird nicht gehörig vor sich gehen und ihr werdet eure Zeit verlieren. Das alles wurde in Gegenwart der Schatzmeister und anderer Edelleute gesprochen, die auf Befehl des Königs mich zu beobachten kamen, und alles, was sie sahen und hörten, Seiner Majestät hinterbringen mußten. Die beyden Alten, welche den Jupiter giessen wollten, verlangten, man solle mit der ganzen Anstalt inne halten, weil sie nothwendig an meinen Formen etwas verändern müßten, denn auf die Art, wie ich sei eingerichtet habe, sey es nicht möglich, daß der Guß gerathe, und es wäre Schade, daß so schöne Arbeit verlohren ginge. Als sie dieses dem König beybringen liessen, antwortete Seine Majestät: sie sollten lieber aufmerken und lernen, als dem Meister Lehren geben. Da brachten sie mit grossem Lachen ihr Werk in die Grube, und ich, ganz ruhig, ohne Freude oder Verdruß zu beweisen, stellte meine Formen zu beyden Seiten des Jupiters. Als unser Metall geschmolzen war, liessen wir es mit dem grösten Vergnügen fliessen, die Form des Jupiters füllte sich aufs beste, eben so meine beyden Köpfe; die Meister waren froh und ich zufrieden, daß es besser gegangen war, als ein beyderseitiges Misstrauen uns hatte vermuthen lassen. Da verlangten sie, auf französische Weise, mit grosser Fröhlichkeit zu trinken, und ich gab ihnen sehr gern einen guten Schmaus. Nun verlangten sie zunächst das Geld von mir, das ich ihnen noch zu geben hatte, so wie auch den versprochenen Überschuß. Darauf sagte ich: ihr habt gelacht, aber ich fürchte, daß ihr noch weinen werdet, denn ich habe überlegt, daß in Eure Form weit mehr Masse, als nöthig, geflossen ist, deswegen werde ich euch weiter kein Geld geben, bis Morgen früh. Nun fingen die armen Leute meine Worte zu bedenken an, und, ohne was weiter zu sagen, gingen sie nach Hause. Früh Morgens kamen sie, stille stille, die Arbeit aus der Grube zu nehmen, und weil sie zu der grossen Form nicht kommen konnten, ohne zuerst meine Köpfe heraus zu nehmen, so brachten sie diese hervor; sie waren treflich gerathen, und als man sie aufstellte, hatten sie ein sehr gutes Ansehen. Als sie nun mit vier ihrer Arbeiter noch zwey Ellen tiefer gegraben hatten, thaten sie einen grossen Schrey, den ich auf fünfhundert Schritte in meinem Zimmer hörte, ich hielt es für ein Zeichen der Freude und lief herbey; als ich näher kam, fand ich sie an der Grube, wie man diejenigen abbildet, die in das Grab Christe schauten, bekümmert und erschrocken. Ich tröstete mich, als ich meine beyden Köpfe so wohl gerathen erblickte, so missvergnügt ich übrigens war, sie aber entschuldigten sich und sagten: da sehet unser Unglück! Ich versetzte: Euer Glück war gut genug, aber schlecht euer geringes Wissen. Hätte ich gesehen, wie ihr den Kern in die Form brachtet, so hätte ich euch mit einem einzigen Worte belehrt und eure Figur wäre aufs beste gekommen, ich hätte grosse Ehre und ihr grossen Nutzen davon gehabt. Was meine Ehre betrift, die wird durch diese Köpfe gerettet, aber euch wird weder Ehre noch Geld zu Theil werden, deswegen lernt ein andermal arbeiten und eure Spässe laßt bey Seite. Demohngeachtet empfahlen sie sich mir und sagten, ich habe recht, wenn ich ihnen aber nicht beystünde, und sie sollten allen Aufwand und Schaden tragen, so würden sie und ihre Familien zu Grunde gehen. Darauf antwortete ich: wenn die Schatzmeister des Königs ihnen den Überrest noch bezahlen wollten, so wollte ich ihnen auch mein Versprechen halten, denn ich hätte wohl gesehen, daß sie mit gutem Willen nach ihrer besten Einsicht gehandelt hätten. Hierüber wurden mir die Schatzmeister und die Diener des Königs dergestalt günstig, daß es nicht auszusagen war; man schrieb alles Seiner Majestät, und dieser einzig freygebigste König befahl, daß man für mich alles thun sollte, was ich nur verlangte.

Zu derselben Zeit kam der bewundernswürdige, tapfere Herr Peter Strozzi an den Hof, und erinnerte an die Briefe seiner Naturalisation. Der König ließ solche sogleich ausfertigen und sagte: laßt sie auch zugleich für Benvenuto schreiben, bringt sie ihm in sein Haus und nehmt ihm nichts dafür ab. Den grossen Strozzi kosteten die seinigen einige hundert Ducaten, die meinigen brachte einer der ersten Secretarien, der Herr Antonio Massene hieß. Dieser Edelmann überreichte mir das Document, mit ausserordentlichen Gnadenbezeugungen von Seiten Seiner Majestät; und sagte: dieses verehrt euch der König, damit ihr mit desto mehrerer Lust ihm dienen möget, durch dieses Document seyd ihr naturalisirt. Er erzählte mir, daß nur, nach langer Zeit und nur als eine besondere Gunst, Herr Peter Strozzi ein gleiches erhalten habe, daß der König mir dieses aus eigener Bewegung schicke, und daß eine solche Gnade in diesem Reiche unerhört sey. Darauf erwiederte ich eine umständliche Danksagung gegen den König, bat aber sodann gedachten Secretair, mir zu sagen: was denn eigentlich ein solcher Naturalisationsbrief zu bedeuten habe? Dieser Mann, der voller Kenntniß und Anmuth war, und gut italienisch sprach, lachte zuerst laut, dann nahm er seinen Ernst wieder an und sagte mir, auf italienisch, was es zu bedeuten habe, daß es eine der grösten Würden sey, die man einem Fremden geben könne, und daß es ganz was anders heisse, als zum venezianischen Edelmann erhoben zu werden. Dieses alles erzählte er dem König, der auch nicht wenig lachte und alsdann sprach: nun soll er erst erfahren, warum ich ihm diese Briefe geschickt habe, geht und macht ihn sogleich zum Herrn von Klein Nello, dem Schlosse, das er besitzt, denn es ist mein Eigenthum, da wird er eher begreifen, welch ein Vortheil es sey, naturalisirt zu werden. Nun kam ein anderer Abgeordneter, mit gedachtem Geschenke, dem ich dagegen ein Gratial geben wollte, der es aber ausschlug, denn der König habe es so befohlen. Beyde Briefe, sowohl der Naturalisation, als des Geschenkes, das mir der König mit dem Schlosse machte, nahm ich mit, als ich nach Italien zurück ging, und wo ich auch seyn und mein Leben endigen werde, sollen sie immer bey mir bleiben.

Nun wende ich mich wieder zu der übrigen Geschichte meines Lebens und meiner Arbeiten. Alles Angefangene ging nunmehr gleichen Schrittes fort, der Jupiter von Silber, das goldene Salzgefäß, das grosse Gefäß von Silber und die zwey Köpfe von Erz, auch schickte ich mich an, das Fußgestell zum Jupiter aus Erz zu giessen, aufs reichste verziert. Ich stellte daran den Raub des Ganimedes, nicht weniger Leda mit ihrem Schwane vor, und beyde halberhobene Arbeiten gelangen aufs beste. Zugleich machte ich ein anderes Fußgestell, um die Statue der Juno darauf zu setzen, denn ich dachte diese sogleich anzufangen, sobald mir der König Silber dazu aushändigen liesse. Schon war der silberne Jupiter und das goldene Salzfaß zusammengesetzt, das silberne Gefäß weit vorwärts und die beyden Köpfe von Erz schon geendigt, kleine Arbeiten hatte ich für den Cardinal von Ferrara gemacht und ein reichgearbeitetes kleines Gefäß, welches ich Madam D’Estampes schenken wollte, sodann hatte ich für viele italienische Herrn, als Peter Strozzi, für die Graf von von Anguillara, Pitigliano, Mirandola und andere mehrere Werke verfertigt. Nun kam mein grosser König nach Paris zurück, und den dritten Tag besuchte er mich in meiner Wohnung, mit einer Menge des größten Adels seines Hofes; er verwunderte sich über so viele Werke, die ich vor mir hatte, und die schon so weit waren, seine Madam D’Estampes war bey ihm und sie fingen an, von Fontainebleau zu sprechen. Sie sagten: Seine Majestät sollte mich etwas zur Zierde dieses Lustortes arbeiten lassen. Der König versetzte: das sey wohl gesprochen und er wolle sich sogleich entschliessen. Darauf wendete er sich zu mir und fragte mich, was ich wohl, um jene schöne Quelle zu zieren, erfinden würde? Ich brachte darauf einige meiner Einfälle vor und der König sagte auch seine Gedanken. Dann fügte er hinzu, er wolle auf vierzehn bis zwanzig Tage eine Reise nach Saint Germain en Laye machen, das zwölf Meilen von Paris lag, in der Zeit sollte ich ein Modell für seine schöne Quelle fertigen, so reich an Erfindungen, als es mir möglich wäre, denn dieser Ort sey die gröste Lust, die er in seinem Reiche habe, deswegen befehle und wünsche er, daß ich mein möglichstes thun möge, um etwas schönes hervorzubringen, und ich versprach es. Der König betrachtete die vielen Sachen noch einmal und sagte zu Madam D’Estampes: ich habe niemanden von dieser Profession gesehen, der mir besser gefallen hätte, und der mehr verdiente belohnt zu werden, als dieser. Wir müssen suchen ihn fest zu halten, er verzehrt viel Geld, ist ein guter Geselle und arbeitet genug. Wir müssen auch seiner gedenken um so mehr, Madam, als er niemals, er mochte zu mir oder ich hierher kommen, mir auch nur das geringste abgefordert hat; man sieht wohl, sein Gemüth ist ganz auf die Arbeit gerichtet, und wir müssen ihm bald etwas zu gute thun, damit wir ihn nicht verlieren. Madam D’Estampes sagte: ich will euch an ihn erinnern. So gingen sie weg und ich arbeitete mit grossem Fleiß an meinen angefangenen Werken. Auch begann ich das Modell zum Brunnen und brachte es mit Eifer vorwärts.

In Zeit von anderthalb Monaten kam der König nach Paris zurück, und ich, der ich Tag und Nacht gearbeitet hatte, machte ihm meine Aufwartung und brachte das Modell mit, so sauber ausgeführt, daß man alles klärlich verstehen konnte. Schon waren die Teufeleyen zwischen ihm und dem Kaiser wieder angegangen, so daß ich ihn sehr verwirrt antraf, doch sprach ich mit dem Cardinal von Ferrara und sagte zu ihm, daß ich gewisse Modelle bey mir habe, die mir von Seiner Majestät aufgetragen worden, ich bat ihn, wenn er einen Augenblick fände, ein Wort darüber fallen zu lassen, es doch ja zu thun, weil ich überzeugt sey, der König würde viel Vergnügen daran finden, wenn ich sie ihm vorstellen könnte. Der Cardinal that’s und sogleich kam der König dahin, wo ich mich mit den Modellen befand. Erst hatte ich das Modell zu einem Portal des Schlosses Fontainebleau gemacht, ich hatte so wenig als möglich die Anlage des Gegenwärtigen zu verändern gesucht, es war nach ihrer französischen Manier groß und doch zwergenmäßig, seine Proportion wenig über ein Viereck und oben drüber ein halbes Rund, gedruckt nach Art eines Korbhenkels, in diese Öffnung verlangte der König eine Figur, welche die Nymphe der Quelle vorstellen sollte. Nun gab ich zuerst dem obern Theil ein schönes Verhältniß, zeichnete einen reinen Halbzirkel darein, und machte gefällige Vorsprünge an den Seiten. Dem untern Theile gab ich einen Sockel und Gesims, und weil wegen dieser Theile und Glieder an der Seite ein paar Säulen erforderlich schienen, macht eich anstatt derselben ein paar Satyren höher als halb erhaben. Der eine schien mit der Hand das Gebälk zu tragen und hielt im andern Arm einen grossen Stahl, sein Gesicht war muthig und wild und konnte dem Anschauenden Furcht einjagen; der zweyte hatte eine ähnliche Stellung, doch waren der Kopf und einige Nebenumstände abgeändert, er hielt eine Geissel in der Hand mit drey Kugeln, die an eben so viel Ketten fest hingen. Diese Figuren hatten sonst nichts vom Satyr, als ein paar kleine Hörner und etwas Ziegenmäßiges im Gesichte, das übrige war alles menschliche Gestalt. In dem halben Rund hatte ich eine weibliche Figur, in angenehmer liegender Stellung, abgebildet, diese legte den linken Arm über den Hals eines Hirsches, so hatte es der König verlangt, auf einer Seite hatte ich Rehe, wilde Schweine und anders Wildpret vorgestellt, wie solches der schöne Wald, wo der Brunnen entspringt, in grosser Menge ernährt. Auf der andern Seite sahe man Doggen und Windhunde, um das Vergnügen der Jagd abzubilden. So hatte ich also das Werk in ein länglichtes Viereck eingeschlossen und über die beyden Ecken, in dem halben Rund, zwey Siegesgöttinnen von halberhabener Arbeit angebracht, mit kleinen Fackeln in der Hand, nach dem Gebrauch der Alten. Noch hatte ich über das obere Viereck einen Salamander abgebildet, als des Königs eignes Sinnbild, mit verschiedenen angenehmen Zierrathen, wie sie sich zum Werke schickten, das eigentlich der Ionischen Ordnung sich näherte.

Als der König das Modell sahe, mache es ihn gleich vergnügt und zerstreute ihn von dem verdrießlichen Gespräch, das er einige Stunden geführt hatte. Als ich ihn auf diese Weise in guter Laune sah, deckte ich das andere Modell auf, das er wohl nicht erwartete, denn er dachte schon in dem ersten Arbeit genug gesehen zu haben. Das andere Modell war grösser als zwey Ellen, und ich hatte einen Brunnen in vollkommenem Viereck vorgestellt, umher waren die schönsten Treppen, die einander durchschnitten, eine Art, wie man sie niemals in Frankreich und selten in Italien gesehen hatte. In der Mitte war ein Fußgestell, ein wenig höher als das Gefäß des Brunnens, darauf eine nackte Figur von grosser Anmuth stand, sie hielt mit der rechten Hand eine zerbrochne Lanze in die Höhe, die linke lag auf dem Griff eines Schwerdes von der schönsten Form, die Figur ruhte auf dem linken Fuß, den rechten setzte sie auf einen Helm, der so reich als möglich gearbeitet war. Auf den vier Ecken des Brunnens hatte ich sitzende Figuren vorgestellt, eine jede mit angenehmen Sinnbildern. Da fragte der König, was das vor eine schöne Erfindung sey, die ich ihm gemacht habe? alles, was ich am Thore vorgestellt, sey ihm verständlich, aber das grössere Modell, so schön es ihm vorkomme, wisse er nicht auszulegen, und ihm sey wohl bekannt, daß ich nicht wie manche unverständige Künstler zu Werke gehe, die, wenn sie auch allenfalls etwas mit einiger Anmuth zu machen verstünden, dennoch ihren Vorstellungen keine Bedeutung zu geben wüßten. Darauf nahm ich mich zusammen, denn da meine Arbeit dem König gefallen hatte, so wollte ich, es sollte ihm auch meine Rede angenehm seyn und sagte deßhalb zu ihm: Heilige Majestät! diese ganze kleine Arbeit ist sehr genau nach kleinen Fussen gemessen, so daß wenn sie ausgeführt wird, sie eben auch im Grossen die gefällige Wirkung thun wird, die mittelste Figur soll vier und funfzig Fuß hoch werden. Hier gab der König ein Zeichen grosser Verwunderung von sich. Sie ist, fuhr ich fort, bestimmt, den Kriegsgott vorzustellen, diese vier übrigen Figuren stellen die Künste vor, an denen sich Ew. Majestät ergötzt und die bey Ew. Majestät alle Unterstützung finden. Diese zur rechten ist die Wissenschaft der Wissenschaften, hier ist das Sinnbild, woran man die Philosophie erkennt und alle die Eigenschaften, welche sie begleiten, die andere Figur stellt die bildenden Künste vor, nämlich Bildhauerkunst, Mahlerey und Baukunst, die dritte ist die Musik, welche sich gern zu jenen Künsten und Wissenschaften gesellt, aber die letzte, welche so angenehm und gütig aussieht, stellt die Freygebigkeit vor, weil ohne diese keines jener verwundersamen Talente ausgeübt werden kann; die Figur in der Mitte soll Ew. Majestät selbst abbilden, denn Sie sind der Kriegsgott und der einzige Tapfre in der Welt, und Eure Tapferkeit wendet Ihr gerecht und fromm zu Erhaltung Eures Ruhmes an. Kaum hatte der König so viel Geduld mich ausreden zu lassen, als er mit lauter Stimme sprach: warlich, in dir habe ich einen Mann nach meinem Herzen gefunden! Er rief die Schatzmeister und befahl, sie sollten mir geben, was ich bedürfte, der Aufwand möchte so groß seyn, als er nur wollte. Dann schlug er mir mit der Hand auf die Schulter und sagte: mon ami (das heißt: mein Freund!) ich weiß nicht, wer das gröste Vergnügen haben mag, ein Fürst, der einen Mann nach seinem Herzen gefunden hat, oder ein Künstler, der einen Fürsten findet, von dem er alle Bequemlichkeit erwarten kann, seine grossen und schönen Gedanken auszuführen. Ich versetzte darauf: wenn ich der sey, den er meyne, so sey mein Glück immer das gröste. Darauf versetzte er: wir wollen sagen, es sey gleich.

Ich ging mit grosser Freundigkeit fort, und machte mich an meine Arbeit. Unglücklicherweise erinnerte mich niemand, daß ich eben diese Comödie mit Madam D’Estampes hätte spielen sollen, diese hörte alles, was vorgefallen war, Abends aus dem Munde des Königs, und darüber erzeugte sich so eine giftige Wuth in ihrem Busen, daß sie verdrießlich sagte: hätte mir Benvenuto seine schönen Arbeiten gezeigt, so hätte ich wohl auch Gelegenheit gefunden, seiner zu denken; der König wollte mich entschuldigen, aber es half nichts.

Das hörte ich erst vierzehn Tage nachher, als sie durch die Normandie eine Reise gemacht hatte und wieder nach Saint Germain de Laye zurückgekehrt war. Ich nahm das schöne Gefäßchen, das ich auf ihr Verlangen gemacht hatte und dachte, wenn ich es ihr schenkte, könne ich ihre Gunst wieder erlangen, ich zeigte es einer ihrer Kammerfrau und sagte derselben, daß ich es als Geschenk brächte; diese begegnete mir mit unglaublicher Freundlichkeit und versprach mir, ihrer Frauen ein Wort zu sagen, die noch nicht angekleidet sey, und ich würde sodann gewiß eingelassen werden; sie sagte auch alles ihrer Dame, die verdrüßlich antwortete: sag’ ihm, er soll warten. Da ich das vernahm, hüllte ich mich in Geduld, welches mir äusserst schwer ankam, und so wartete ich, bis sie zur Tafel ging. Weil es nun schon spät war, so machte mich der Hunger so toll, daß ich nicht mehr widerstehen konnte, ich verwünschte sie von Herzen und eilte fort, dem Cardianl von Lothringen aufzuwarten, dem ich das Gefäß verehrte, und ihn bloß bat, mich in der Gnade des Königs zu erhalten. Darauf antwortete er: es sey das nicht nöthig, und wenn es nöthig wäre, so wollte er es gern thun; dann rief er seinen Schatzmeister und sagte ihm etwas ins Ohr, der Schatzmeister wartete, bis ich vom Cardinal wegging, dann sagte er zu mir: Benvenuto, komm, ich will euch einen Becher guten Weins geben. Weil ich nicht wußte, daß er damit was anders sagen wollte, versetzte ich, laßt mich ums Himmels willen einen Becher Wein trinken und gebt mir ein Stückchen Brod dazu, führwahr ich werde ohnmächtig, denn ich habe diesen Morgen von acht Uhr bis jetzt, nüchtern, an der Thüre der Madam D’Estampes gestanden, um ihr das schöne vergoldete Gefäß zu schenken, ich ließ ihr alles hinein sagen, aber sie, um mich zu quälen, ließ mir immer antworten, ich solle warten, nun kommt der Hunger dazu, und meine Kräfte wollen mir ausgehen. Gott hat nun gewollt, daß ich das Werk meiner Arbeit einem Manne schenken sollte, der es weit mehr verdienet, so gebt mir nur ein wenig zu trinken, denn da ich etwas cholerisch bin, so ist mir der Hunger dergestalt schmerzlich, daß ich auf der Stelle umfallen könnte. Indessen ich nun mit Noth diese Worte hervorbrachte, war fürtrefflicher Wein erschienen und sonst noch ein angenehmes Frühstück, so, daß ich mich völlig wieder herstellte, und da meine Lebensgeister wieder kamen, verging auch der Ärger. Darnach überreichte mir der Schatzmeister hundert Goldgülden, die ich ein für allemal nicht annehmen wollte. Er ging, dem Cardinal meine Weigerung zu hinterbringen, der ihn tüchtig ausschalt und ihm sagte, er solle mir das Geld mit Gewalt aufdringen, oder ihm nicht mehr vor die Augen kommen. Der Schatzmeister kehrte erzürnt zurück und sagte: so arg habe der Cardinal ihn noch niemals ausgescholten, und da ich noch immer ein wenig Widerstand leistete, so sagte er mir mit lebhaftem Verdruß; er würde mir das Geld mit Gewalt aufnöthigen. Darauf nahm ich das Geld, und als ich dem Cardinal deßhalb danken wollte, ließ er mir durch einen seiner Secretaire sagen: er würde zu jeder Zeit gern etwas zu meinem Vergnügen thun. Ich kehrte noch selbigen Abend nach Paris zurück, der König erfuhr die ganze Sache und plagte Madam D’Estampes scherzend darüber; die nur deßhalb noch giftiger gegen mich ward, und mich in grosse Lebensgefahr setzte, wie ich an seinem Ort erzählen werde.

Nun muß ich aber auch der Freundschaft eines trefflichen, liebevollen, geselligen und wackren Mannes gedenken, wie ich viel eher hätte thun sollen, dieses war Herr Guido Guidi, ein sehr geschickter Arzt und Florentinischer Edelmann; bey dem Aufzeichnen der mancherley Begebenheiten, die mir ein ungünstiges Geschick in den Weg legte, habe ich seiner zu erwähnen unterlassen, denn ich dachte, wenn ich ihn immer im Herzen hätte, so wäre es hinreichend; da ich aber wohl sehe, da mein Leben ohne ihn nicht vollständig beschrieben werden kann, so will ich hier, zwischen meinen sonderbaren Begebenheiten, auch von ihm reden, daß, wie er mir damals Trost und Hülfe war, auch hier sein Andenken mir aufbewahrt werde. Als derselbe nach Paris kam und ich ihn hatte kennen lernen, nahm ich ihn in mein Kastell und gab ihm freye Wohnung, da wir denn mehrere Jahre mit einander vergnügt zubrachten. Auch kam der Bischoff von Pavia, Monsignor de Rossi, Sohn des Grafen San Secondo, diesen Herrn nahm ich aus dem Gasthofe und gab ihm gleichfalls in meinem Schlosse freye Wohnung, wo er und seine Diener und Pferde mehrere Monathe gut bewirthet wurden, auch nahm ich Herrn Ludwig Alamanni mit seinen Söhnen einige Monate zu mir, und dankte Gott für die Gnade, daß ich grossen und talentreichen Römern einigermasen gefällig seyn konnte. Mit Herrn Guido Guidi dauerte meine Freundschaft so lange, als ich in Paris war, und wir rühmten unter einander oft das Glück, daß jeder in seiner Kunst auf Kosten eines so grossen und wundernswürdigen Fürsten seine Talente vermehren konnte; denn ich kann wahrhaft sagen, was ich auch sey, und was ich Gutes und Schönes gewirkt habe, daran war dieser ausserordentlich König allein Ursache, deßwegen ergreife ich wieder den Faden, von ihm und von den grossen Werken zu sprechen, die ich für ihn gearbeitet habe.

Es war in meinem Kastell auch ein Ballspiel, von dem ich manchen Nutzen zog, indem ich diese Übung verstattete, es waren auch dabey einige kleine Zimmer, worinn verschiedene Menschen wohnten, darunter ein geschickter Buchdrucker. Dieser hatte fast seinen ganzen Laden in meinem Schlosse und druckte Herrn Guidos erstes schönes Buch über die Medicin; da ich mich aber seiner Wohnung bedienen wollte, schickte ich ihn fort, jedoch nicht ohne Schwierigkeit. Auch wohnte dabey ein Salpeterfabrikant, und als ich dessen Wohnung für einige meiner guten deutschen Arbeiter verlangte, wollte er nicht ausziehen. Ich hatte ihm etliche Mal sehr gelassen gesagt, er solle meine Zimmer räumen, denn ich brauchte sie für meine Arbeiter zum Dienste des Königs. Je demüthiger ich sprach, desto kühner und stolzer antwortete mir die Bestie. Zuletzt gab ich ihm drey Tage Zeit, worüber er lachte und sagte: in drey Jahren wollte er daran zu denken anfangen. Ich wuße zwar nicht, daß dieser Mann Zutritt zu Madam D’Estampes hatte, aber ich war überhaupt seit jenen Händeln mit dieser Dame etwas vorsichtiger geworden, sonst hätte ich ihn gleich fortgejagt. Nun hatte ich die frey Tage Geduld, wie sie vorbey waren, sagte ich weiter nichts, sondern bewaffnete meine deutschen, italienischen und französischen Arbeiter und nahm noch die vielen Handlanger dazu, die ich hatte, und in kurzer Zeit riß ich das ganze Haus nieder und warf seine Sachen zu meinem Castell hinaus. Zu diesem, in etwas strengem, Verfahren bewegten mich seine unverschämten Worte, denn er hatte gesagt: es möchte wohl kein Italiener so kühn seyn, ihm nur einen Spahn vom Orte zu rüken. Nachdem nun die Sache geschehen war und er herbey lief, sagte ich zu ihm: ich bin der geringste Italiener und habe dir noch nichts angethan, wozu ich doch große Lust hätte und das du erfahren sollst, wenn dur nur ein Wörtchen sprichst; so sagte ich zu ihm mit vielen andern schimpflichen Worten. Erstaunt und erschrocken machte dieser Mann seine Sachen so gut zusammen als er konnte, lief zugleich zu Madam D’Estampes und mahlte ihr eine Hölle vor, und diese meine Hauptfeindin schilderte, mit ihrer außerordentlichen Beredtsamkeit, diese Begebenheit dem König. Dieser war, wie man mich versichert hat, im Begriff äusserst gegen mich aufgebracht zu werden und strenge zu verfügen, aber Heinrich der Dauphin, jetziger König von Frankreich, war von jener kühnen Frau beleidigt worden, desgleichen die Königin von Navarra, Schwester des Königs, diese beyden standen mir mit so vielem Ernste bey, daß der König zuletzt diese Sache ins Lächerliche wendete und so entkam ich mit der Hülfe Gottes einem großen Übel.

Nun hatte ich freilich mit einem andern Manne denselben fall, wobey ich aber das Haus nicht ruinirte, sondern ihm nur seine Sachen hinauswarf. Bey dieser Gelegenheit war Madam D’Estampes so kühn dem Könige zu sagen: ich denke dieser Teufel wird euch einmal Paris umkehren. Darauf antwortete der König erzürnt: er thut wohl sich gegen jene Kanaillen zu vertheidigen, die ihn an meinem Dienste verhindern wollen. Durch dergleichen Vorfälle wuchs die Raserey dieses grausamen Weibes immer mehr, sie rief einen Maler zu sich, der in Fontainebleau wohnte, wo der König sich immer aufhielt, es war ein Italiener und Bologneser und ward gewöhnlich nur Bologna genannt, doch hieß er eigentlich Franz Primatiocio. Zu diesem sagte Madam D’Estampes er solle von dem König die Arbeit verlangen, welche seine Majestät für mich beschlossen habe, sie wolle ihm mit ihrer ganzen Gewalt beystehn, und so wurden sie einig.

Als Bologna diese Arbeit schon so gut als gewiss vor sich sah, erfreute er sich über die Masen, ob es gleich seine Profession nicht war, sondern, da er gut zeichnete, hatte er einige Arbeiter an sich gezogen, die unter unserm Florentinischen Mahler Rosso, sich gebildet hatten, dieser wirklich sehr geschickte Künstler war schon todt, und was Bologna gutes hatte war aus der verwundernswürdigen Manier seines Vorgängers genommen.

Nun brachten sie Tag und Nacht dem König ihre künstlichen Argumente vor, bald lag ihm Madam, bald Bologna in den Ohren. Wodurch der König endlich bewogen wurde war eigentlich die Geschicklichkeit, mit der sie einstimmig und wiederholt zu ihm sagten: Ew. Majestät will daß Benvenuto zwölf Statuen von Silber machen soll und er hat noch nicht Eine vollendet, verwickelt ihr ihn in ein so großes Unternehmen, so beraubt ihr euch aller übrigen Arbeiten, welche ihr so sehr zu sehen wünscht. Hundert der geschickten Künstler könnten nicht so große Werke vollenden, als dieser wackre Mann begonnen hat, er hat den besten Willen zu arbeiten, aber eben weil er so viel unternimmt, werden Ew. Majestät ihn und die Arbeit verliehren. Durch solche und ähnliche Worte ließ der König sich bewegen ihr Begehren zu bewilligen, und hatte weder eine Zeichnung noch ein Modell darüber von Bolognas Hand gesehen.

In derselbigen Zeit erregte jener zweyte Einwohner, den ich aus meinem Schloß vertrieben hatte, einen Prozeß gegen mich, indem er behauptete, ich habe ihm zu jener Zeit als ich ihn heraus warf viele seiner Sachen gestohlen. Dieser Prozeß machte mir das größte Leiden und nahm mir so viel Zeit, daß ich mich öfters beynah der Verzweiflung ergeben hätte und auf und davon gegangen wäre.

Sie haben die Gewohnheit in Frankreich, daß sie einen Prozeß für ein Capital halten, sie mögen ihn nun wider einen Fremden oder mit einer andern Person anfangen, von der sie merken, daß sie nicht ganz mit dem Gang ihrer Rechtstreite bekannt ist. Sobald sie nun sich einigermasen in Vortheil sehen, finden sie Gelegenheit den Prozeß zu verkaufen, ja manchmal hat man sie als Mitgift den Töchtern mitgegeben, wenn sie Männer heiratheten, die ein Handwerk daraus machen Prozesse zu kaufen.

Ferner haben sie noch eine andere häßliche Gewohnheit: der größte Theil der Leute in der Normandie nämlich treibt es als ein Gewerb, daß sie falsch Zeugniß geben, so daß diejenigen, die einen Prozeß kaufen sogleich vier oder sechs solcher Zeugen nach Bedürfniß abrichten. Weiß nun der Gegentheil nicht dasselbe zu thun, indem die Gewohnheit ihm nicht bekannt ist, so hat er gleich ein Urtheil gegen sich. Mir begegnete beydes und indem ich die Sache für schändlich hielte, erschien ich in dem großen Saale zu Paris um meine Gründe selbst vorzubringen. Da sah ich den Richter, einen Civillieutenant des Königs, erhoben auf einem großen Richtstuhle; dieser Mann war groß, stark und dick, und von dem finstersten Ansehn. Zu seiner einen Seite standen viele Leute zur andern viele Procuratoren und Advocaten, sämmtlich in Ordnung, zur rechten und zur linken, einige traten auf und brachten ihm eine Sache vor. Die Advokaten, die auf der Seite standen, redeten manchmal alle zusammen und ich war höchst verwundert daß dieser seltene Mann, der ein wahrhaft Plutonisches Ansehn hatte, mit merklicher Gebärde bald diesem bald jenem zuhörte und gehörig antwortete, und weil ich immer gern alle Arten von Geschicklichkeiten gesehen und genossen habe, so schien mir dieser Mann so verwundersam, daß ich für vieles diesen Anblick nicht hingegeben hätte.

Der Saal war sehr groß und voller Menschen, daher war man gesorgt niemanden herein zu lassen als wer darinn zu thun hate, die Thüre war verschlossen und es stand Wache dabey. Nun geschah es manchmal, daß die Wache einigen Personen widerstand die sie nicht hereinlassen wollte, und durch ihren Lerm dem seltenen Richter beschwerlich ward, welcher äusserst zornig auf die Wache schimpfte. Dieser Fall kam öfters vor und ich merkte besonders auf die Worte des Richters bey dieser Gelegenheit. Als nun einmal zwey Edelleute bloß als Zuschauer hereindringen wollten, that ihnen jener Thürhüter den stärksten Widerstand. Da sah der Richter hin und rief: Stille, stille! Satan, fort, stille! und zwar klingen diese Worte im französischen folgendermasen: paix, paix, Satan, allez, paix. Ich, der ich die französische Sprache sehr wohl gelernt hatte, erinnerte mich bey diesem Spruche eines Ausdrucks welchen Dante gebraucht, als er mit Virgil seinem Meister in die Thore der Hölle tritt; und ich verstand nun den dunkeln Vers; denn Dante war mit Giotto dem Mahle rin Frankreich und am längsten in Paris gewesen, und wahrscheinlich hat er auch diesen Ort, den man wohl eine Hölle nennen kann, besucht, und hat diesen hier gewöhnlichen Ausdruck, da er gut französisch verstand, auch in seinem Gedichte angebracht. Nun schien es mir sonderbar, daß man diese Selle niemals verstanden hat, wie ihn denn überhaupt seine Ausleger wohl manches sagen lassen was er weder gedacht noch geträumt hat.

Daß ich nun wieder von meinen Angelegenheiten spreche, so wurden wir durch die Kunst dieser Advoacaten mehr als ein ungünstiges Urtheil gegeben; als ich nun keine Mittel sahe mir weiter zu helfen, nahm ich meine Zuflucht zu einem großen Dolche den ich besaß, denn ch liebte von jeher schöne Waffen zu haben. Nun griff ich zuerst den Principal an, der einen so ungerechten Prozeß gegen mich angefangen hatte und, indem ich mich hütete ihn zu ermorden, gab ich ihm so viel Stiche auf Arme und Schenkel, daß ich ihn des Gebrauchs beyer Beine beraubte. Alsdann suchte ich den andern auf, der den Prozeß gekauft hatte, und auch den traf ich so, daß er die Klage nicht weiter fortsetzte, und dafür dankte ich Gott, wie für jede andere Wohlthat, und hoffte dann doch nun eine Zeitlang in Ruhe zu bleiben.

Da sagte ich meinen Hausgesellen, besonders den Italienern, jeder solle um Gotteswillen sich zu seiner Arbeit halten, und mir einige Zeit aufs beste beystehn, damit ich nur sobald als möglich die angefangenen Werke zu Stande brächte, alsdann wollt eich nach Italien zurükkehren, denn die Schelmstreiche der Franzosen wären mir unerträglich, denn sollte der gute König einmal auf mich erzürnt werden, so könnte mir es sehr übel gehen, da ich zu meiner Vertheidigung doch manche solcher Handlungen vorgenommen habe.

Unter den Italienern, welche ich bey mir hatte, war der erste und liebste Askanio, aus dem Neapolitanischen Städtchen Tagliacozzo, der andere Paul, ein Römer von sehr geringer Geburt, man kannte seinen Vater nicht, diese waren schon in Rom bey mir gewesen und ich hatte sie mit nach Frankreich gebracht. Dann war noch ein anderer Römer, der gleichfalls Paul hieß, der ausdrücklich mich aufzusuchen nach Paris gekommen war. Sein Vater war ein armer Edelmann, aus dem Hause der Marcherani, dieser verstand nicht viel von der Kunst, war aber äußerst brav in den Waffen. Noch arbeitete ein Ferrareser bey mir, mit Nahmen Bartholomeus Chioccia, dann hatte ich einen andern der ein Florentiner war und Paul Micceri hieß. Ein Bruder von diesem mit dem Zunahmen Gatta, war trefflich in der Feder, nur hatte er ein wenig zu viel ausgegeben als er die Handlung des Thomas Guadagni, eines sehr reichen Kaufmannes, führte, er richtete mir gewisse Bücher ein, in denen ich die Rechnung des großen allerchristlichsten Königs und anderer einzeichnete, für die ich Arbeit unternahm. Nun führte gedachter Paul Micceri nach Art und Weise seines Bruders meine Bücher fort, und ich gab ihm dafür eine sehr gute Besoldung, so schien er mir auch ein gutartiger Jüngling, denn ich sah ihn immer sehr andächtig, und da ich ihn bald Psalmen, bald den Rosenkranz murmeln hörte, so versprach ich mir viel von seiner verstellten Güte. Ich rief ihn bey Seite und sagte zu ihm: Paul, liebster Bruder! du siehst, wie gut du bey mir stehst und weißt, daß du sonst keine Aussicht hattest, auch bist du ein Landsmann und ich vertraue dir besonders, weil ich sehe, du bist andächtig und beobachtest die Gebräuche der Religion, das gefällt mir sehr wohl und ich vertraue dir mehr als allen andern. Deßwegen bitte ich dich, sorge mir vor allen für diese beyden ernsten Dinge, damit ich keinen Verdruß habe. Zuförderst gieb wohl auf meine Sachen acht, daß mir nichts entwendet wird, und du selbst rühre mir nichts an; dann habe ich da das arme Mädchen, die Catharine, die ich besonders wegen meiner Kunst bey mir habe, denn ohne sie könnte ich nichts vollbringen. Nun hab’ ich freylich, weil ich ein Mensch bin, auch sinnliche Vergnügungen mit ihr gepflogen. Nun könnte geschehen, daß sie mir ein Kind von einem andern brächte, und einen solchen Schimpf würde ich nicht ertragen; wäre jemand in meinem Hause kühn genug, dergleichen zu unternehmen, so glaube ich gewiß, ich würde das eine wie das andere todschlagen, deßwegen bitte ich dich, Bruder, stehe mir bey, und wenn du irgend etwas bemerkst, so entdecke mirs, denn ich schicke sie, die Mutter und ihren Verführer, an Galgen, deswegen nimm dich vor allen selbst in acht.

Da machte der Schelm das Zeichen des Kreutzes, daß es ihm vom Kopf bis zu den Füssen reichte, und sagte: gebenedeyter Jesus, Gott bewahre mich, daß ich an so was denken sollte, denn ich bekümmere mich um dergleichen Zeug nicht, und glaubt ihr denn, daß ich die grosse Wohlthat verkenne, die ich bey euch geniesse? Diese Worte sagte er auf eine einfache und liebevolle Weise, so daß ich sie ihm buchstäblich glaubte.

Zwey Tage hernach, an einem Sonntage, hatte Herr Mattheus del Nasaro, auch ein Italiener, ein Diener des Königs und ein trefflicher Mann in meiner Kunst, mich und einige meiner Gesellen in einen Garten eingeladen, es war mir angenehm, mich nach jenen verdrüßlichen Prozessen ein wenig zu erholen und ich sagte zu Paulen, er solle auch mit mir gehen.

Dieser Mensch antwortete mir: wahrhaftig es wäre ein grosser Fehler, das Haus so allein zu lassen, seht, wie viel Gold, Silber und Juwelen darinn sind, und da wir uns in einer Stadt von Spitzbuben befinden, so muß man Tag wie Nacht Wache halten, ich will einige Gebete verrichten, indem ich das Haus bewahre, geht nur ruhig und macht euch einen guten Tag! ein andermal mag ein anderer diesen Dienst thun. Nun ging ich mit beruhigtem Gemüth mit Paul, Askanio und Chioccia, mich in gedachtem Garten zu vergnügen, und wir waren den grösten Theil des Tages daselbst sehr lustig. Als es gegen Abend kam, überfiel mich eine böse Laune und ich gedachte jener Worte, die mir der Unglückliche, mit unendlicher Einfalt gesagt hatte. Da stieg ich zu Pferde, und begab mich mit zwey meiner Diener auf mein Schloß, ich ertappte Paulen und die abscheuliche Catharine fast auf der That, denn als ich ankam, rief die französische kupplerische Mutter: Paul und Catharine, der Herr ist da! Da sie nun beyde erschrocken herankamen und ganz verworren vor mich traten, und weder wußten, was sie sagten, noch wo sie sich hinwenden sollten, so sah ich ganz deutlich, daß sie das Verbrechen begangen hatten; da ward meine Vernunft durch den Zorn überwältigt, ich zog den Degen und beschloß sie auf der Stelle beyde zu ermorden. Er floh und sie warf sich auf die Knie und schrie um alle Barmherzigkeit und des Himmels. Ich hätte gern den Purschen zuerst getroffen, konnte ihn aber sobald nicht erreichen, indessen hatte ich denn doch überdacht, daß es besser sey, beyde wegzujagen, denn da ich kurz vorher verschiedene andere Dinge der Art vorgenommen hatte, so wäre ich diesmal schwerlich mit dem Leben davon gekommen, deswegen sagte ich zu Paulen, als ich ihn erreichte: hätten meine Augen gesehen, du Schelm, was ich glauben muß, so stäch ich dir den Degen zehnmal durch den Leib, mache, daß du fortkommst und bete, du Heuchler, dein letztes Pater noster unter dem Galgen. Darauf jagte ich Mutter und Tochter weg mit Stössen, Tritten und Faustschlägen.

(Die Fortsetzung folgt.)

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