HomeDie Horen1796 - Stück 6I. Benvenuto Cellini. [Benvenuto Cellini]

I. Benvenuto Cellini. [Benvenuto Cellini]

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Fortsetzung.

(1532. 1533.)

Nachdem ich dem Papst eine Weile mit verschiedenen kleinen Arbeiten gedient hatte, befahl er mir eine Zeichnung zu einem prächtigen Kelche zu machen, die ich sogleich nebst einem Modell zu Stande brachte. Das letztere war von Holz und Wachs, statt des Fußes hatte ich drey runde Figuren, Glauben, Hofnung und Liebe unter dem Kelche angebracht, sie standen auf einem Untersatze, auf welchem, halb erhaben, die Geburt und Auferstehung Christi, wie auch die Creutzigung Petri, wie man mir befohlen hatte, zu sehen war. Indem ich an dieser Arbeit fortfuhr, wollte der Papst sie öfters sehen, allein ich konnte leider bemerken, daß er nicht mehr daran dachte, mich irgend besser zu versorgen, daher als einst die Stelle eines Frate del Piombo vacant wurde, bat ich ihn eines Abends darum. Der gute Papst, der sich nicht mehr der Entzückung erinnerte, in die er über mein voriges vollendetes Werk gerathen war, sagte zu mir: eine Pfründe del Piombo trägt achthundert Scudi ein, wenn ich dir sie gäbe, würdest du nur deinem Leibe wohlthun, deine schöne Kunst vernachlässigen, und man würde ich tadeln. Darauf antwortete ich sogleich: die Katzen guter Art mausen besser wenn sie fett, als wenn sie hungrig sind, so auch rechtschaffene Männer, die Talent haben, bringen es viel weiter, wenn sie eines reichlichen Lebens geniessen, und ein Fürst, der solche Männer in Wohlstand versetzt, pflegt und nährt die Künste selbst, die bey einer entgegengesetzten Behandlung nur langsam und kümmerlich fortwachsen. Und ich will Eurer Heiligkeit nur gestehn, daß ich mir auf diese Pfründe keine Hoffnung machte, glücklich genug, daß ich den armen Trabantendienst erhielt, geben Eure Heiligkeit jene gute Stelle einem verdienten, kunstreichen Manne, nicht einem unwissenden, der seinen Leib pflegt. Nehmen Sie ein Beyspiel an Papst Julius, Ihrem in Gott ruhenden Vorfahren, er gab dem trefflichen Baumeister Bramate eine solche Pfründe. Und alsbald machte ich meine Verbeugung und ging weg.

Darauf trat Sebastian, der Venezianische Mahler hervor und sagte: wenn Ew. Heiligkeit diese Pfründe jemanden zu geben gedenken, der sich in den Künsten Mühe giebt, so darf ich bitten, mich dadurch zu beglücken. Darauf antwortete der Papst: läßt sich doch der verteufelte Benvenuto auch gar nichts sagen, ich war geneigt sie ihm zu geben, er sollte aber mit einem Papste nicht so stolz seyn, doch weiß ich nicht, was ich thun soll. Hierauf bat der Bischof von Vasona für den gedachten Sebastian und sagte: Heiliger Vater! Benvenuto ist jung und der Degen an der Seite kleidet ihn besser als der geistliche Rock, geben Ew. Heiligkeit diese Stelle dem geschickten Sebastian und Benvenuto kann immer noch etwas gutes, das vielleicht schicklicher ist, erhalten. Da wandte sich der Papst zu Herrn Bartholomäus Valori und sagte zu ihm: Wenn ihr Benvenuto begegnet, so sagt ihm, daß er dem Mahler Sebastian die Pfründe verschafft hat, aber er soll wissen, daß die erste bessere Stelle, die aufgeht, ihm zugedacht ist. Inzwischen soll er sich gut halten und meine Arbeit endigen.

Die andere Nacht begegnete ich Herrn Valori auf der Straße, zwey Fackelträger gingen vor ihm her, er eilte zum Papst, der ihn hatte rufen lassen. Er blieb stehen und sagte mit grosser Freundlichkeit alles, was ihm der Papst aufgetragen hatte. Darauf antwortete ich: mit mehr Fleiß und Nachdenken als jemals werde ich diese Arbeit vollenden, ob ich gleich nicht die mindeste Hoffnung habe vom Papste etwas zu erhalten. Herr Bartholomäus verwieß mir, daß ich die Anträge eines Papstes nicht besser zu schätzen wisse. Ich antwortete: da ich weiß, daß ich nichts haben werde, so wäre ich ein Thor, wenn ich hoffen wollte, und so schieden wir aus einander. Vermuthlich hat Herr Bartholomäus dem Papst meine kühne Reden und vielleicht noch mehr hinterbracht, denn ich ward in zwey Monaten nicht gerufen und ich ging auch unter keinen Umständen nach dem Palaste.

Der Papst, der darüber ungeduldig war, gab Herrn Robert Pucci den Auftrag nachzusehen was ich machte, und das gute Männchen kam alles Tage und sagte mir etwas freundliches, und so that ich auch gegen ihn. Endlich als der Papst nach Bologna verreisen wollte und sahe daß ich von freyen Stücken nicht zu ihm kam, gab mir Herr Robert zu verstehen, daß ich meine Arbeit hinauftragen sollte, denn er wollte sehen, wie weit ich gekommen sey. Ich trug die Arbeit hin und zeigte, daß ich nicht gefeyert hatte, und bat den Papst, daß er mir fünfhundert Scudi da lassen sollte, theils auf Rechnung meines Verdienstes, theils weil mir noch Gold fehlte, um das Werk zu vollenden. Der Papst sagte darauf: mach’s nur erst fertig, und ich antwortete im Fortgehen: wenn er mir Geld liesse, so sollte es nicht fehlen.

Bey seiner Abreise nach Bologna ließ der Papst den Cardinal Salviati als Legaten von Rom zurück und gab ihm den Auftrag, die Arbeit bey mir zu betreiben, indem er sagte: Benvenuto ist ein Mann, der sich aus seinem Talent wenig macht, und eben so wenig aus uns, deßhalb müßt ihr ihn anfeuern, so daß ich das Werk vollendet finde, wenn ich wieder komme. Da schickte, nach Verlauf von acht Tagen, diese Bestie von einem Cardinal zu mir und befahl, ich sollte meine Arbeit mitbringen, ich ging aber ohne Arbeit hin. Darauf sagte er zu mir: wo hast du dein Zwiebelmuß, ist’s fertig? Darauf antwortete ich: Hochwürdigster Herr! mein Zwiebelmuß ist nicht fertig, und wird nicht fertig werden, wenn ihr mir nicht die Zwiebeln dazu gebt. Darauf war der Cardinal, der ohnehin mehr einem Esel als einem Menschen ähnlich sah, noch um die Hälfte hässlicher, fuhr auf mich loß und rief: ich werde dich auf die Galere setzen, daß du Zeit hast, deine Arbeit zu vollenden. Da ward ich denn mit dieser Bestie auch bestialisch und sagte: Gnädiger Herr! wenn ich durch Übelthaten die Galere verdiene, dann werdet ihr mich drauf setzen; aber gegenwärtig fürchte ich sie nicht! und was mehr ist, so betheure ich, daß ich, eben um Eurer Gnaden willen, jetzt die Arbeit nicht endigen will, schickt nicht mehr zu mir, denn ich komme nicht mehr her, ihr müsstet mich denn durch die Häscher holen lassen.

Darauf schickte der gute Cardinal einigemal zu mir, um mich im Guten zur Arbeit bereden zu lassen, dagegen ich ihm aber jederzeit nur antworten ließ: er möchte mir Zwiebeln schicken, damit mein Zwiebelmuß fertig werden könnte, und so mußte er zuletzt an dieser Kur verzweifeln.

Der Papst kam von Bologna zurük und fragte sogleich nach mir, denn der Cardinal hatte schon das schlimmste, was er konnte, von mir geschrieben. Der Papst war in unglaublicher Wuth und befahl, ich sollte mit dem Werke zu ihm kommen, welches ich auch that.

Hier muß ich bemerken, daß in der Zwischenzeit mich ein grosses Augenübel befallen hatte, welches die vornehmste Ursache war, daß ich nicht weiter hatte arbeiten können, ich fürchtete wirklich blind zu werden und hatte darauf schon meine Berechnung gemacht. Da ich nun so zum Papste ging, dachte ich auf meine Entschuldigung, warum das Werk nicht weiter wäre, und wie ich sie vorbringen wollte, indeß der Papst die Arbeit betrachtete; allein es gelang mir nicht, denn sobald ich zu ihm kam fuhr er gleich mit wilden Worten heraus und sagte: gieb die Arbeit her! ist sie fertig? Schnell deckte ich sie auf und er fuhr mit grösserer Wuth fort: Bey dem wahrhaftigen Gott schwöre ich dir, denn du glaubst dich nicht um mich bekümmern zu dürfen, hielte mich nicht das Urtheil der Welt zurück, ich ließ dich und das Werk zu diesem Fenster hinaus werfen. Da ich nun sahe, daß der Papst eine so schlimme Bestie geworden war, dachte ich darauf mich sachte wegzubegeben und nahm, indeß er immer zu schelten fortfuhr, die Arbeit unter das Kleid und sagte murmelnd: könnte doch die ganze Welt einem Blinden zu einer solchen Arbeit nicht das Vermögen geben. Darauf erhob der Papst seine Stimme noch mehr und rief: komm her, was sagst du? Ich war im Begrif fort und die Treppe hinunter zu springen, doch fasste ich mich, warf mich auf die Knie und, weil er zu schreyen nicht aufhörte, schrie ich auch und rief: wenn ich zu meinem größten Unglück blind werde, bin ich dann gebunden zu arbeiten? Darauf antwortete er, du hast dich doch hieher finden können, und ich glaube nicht, daß etwas an deinem Vorgeben wahr sey. Da ich nun hörte, daß er seine Stimme mäßigte, versetzte ich: lassen Sie es durch Ihren Arzt untersuchen und Sie werden die Wahrheit finden. Darauf sagte er: ich will schon erfahren, wie es mit dir steht. Da ich nun merkte, daß er mir Gehör gab, fuhr ich fort: an diesem großen Übel ist nur der Cardinal Salviati schuld, denn sobald Ew. Heiligkeit verreist waren, ließ er mich rufen, nannte meine Arbeit ein Zwiebelmuß und drohte mir mit der Galere. Die Gewalt dieser niederträchtigen Worte war so groß, daß mir auf einmal, vor heftiger Leidenschaft, das ganze Gesicht brannte und mir eine so unendliche Hitze in die Augen drang, daß ich den Weg nach Hause nicht finden konnte. Wenig Tage darauf fiel mirs wie ein Staar vor beyde Augen, ich sah fast nichts und mußte die Arbeit stehen lassen.

Nachdem ich also gesprochen, stand ich auf und ging in Gottes Nahmen fort. Nachher erfuhr ich, der Papst habe gesagt: Ämter kann man ihnen geben, aber nicht Verstand und Betragen, ich habe dem Cardinal nicht befohlen, daß er so hart verfahren sollte, mein Leibarzt soll seine Augenkrankheit untersuchen, und wird sie wahr befunden, so muß man Nachsicht mit ihm haben.

Ein Edelmann von Bedeutung, ein Freund des Papstes und voller Verdienste, war eben gegenwärtig, er fragte wer ich sey? Heiliger Vater! sagte er, ich erkundige ich darum, weil ich Sie niemals in so grossem Zorn und alsbald wieder ins o grossem Mitleiden und Theilnahme gesehen habe, wer ist der Mann? und da Ew. Heiligkeit sehr viel an ihm gelegen schient; so kann ich ihn ein Geheimniß lehren, wodurch seine Augen geheilt werden sollen. Der Papst antwortete: das ist der größte Meister, der jemals in seiner Kunst gebohren worden ist, ich will euch gelegentlich seine Arbeit zeigen, und es soll mir lieb seyn, wenn etwas zu seinem Besten geschehen kann.

Nach drey Tagen ließ mich der Papst rufen, als er eben gespeißt hatte, jener Edlemann war gegenwärtig und ich zeigte meinen Kelch vor, worüber er mir viel Lob ertheilte; da aber noch der Knopf herbey gebracht wurde, wuchs seine Verwunderung, er sah mir ins Gesicht und sagte: er ist jung genug und kann es noch weiter bringen. Darauf erkundigte er sich nach meinem Nahmen. Benvenuto heiß ich, versetzte ich darauf. Er aber sagte: dießmal bin ich für dich willkommen, nimm Lilie, mit Stengel und Blume, das du gewinnst, salbe dir die Augen mehrmals des Tages, und du wirst gewiss von deinem Übel genesen; aber vor allen Dingen mußt du ein Reinigungsmittel brauchen und alsdann mit dem Wasser fortfahren. Der Papst sagte mir einige freundliche Worte und ich ging halb getröstet weg.

Eigentlich aber mochte an meinem Augenübel das schöne Mädchen schuld seyn, das ich bey mir hatte, als ich bestohlen ward. Mehr als vier Monate blieb die Krankheit verborgen, alsdann zeigte sie sich mit Gewalt auf Einmal; Sie war nicht wie sie sich sonst zu äussern pflegt, ich war vielmehr mit rothen Bläschen, so groß wie Pfennige überdeckt, die Ärzte wollten das Übel nicht vor das taufen, was er war, ob ich gleich ihnen die Ursache und meine Vermuthung angab. Eine Zeitlang ließ ich mich nach ihrer Art behandeln, aber es half mir nichts, doch zuletzt entschloß ich mich das Holz zu nehmen, gegen den Willen dieser, welche man für die ersten Ärzte von Rom halten mußte. Nachdem ich diese Medicin eine Zeitlang, mit grosser Sorgfalt und Diät, genommen hatte, fühlte ich grosse Linderung, so daß ich nach Verlauf von fünfzig Tagen mich geheilt und gesund wie ein Fisch fühlte. Darauf, da es gegen den Winter ging, und ich mich von dem, was ich ausgestanden hatte, wieder einigermasen erholen wollte, nahm ich meine Büchse hervor, und ging auf die Jagd, setzte mich dem Regen und dem Winde aus, und hielt mich in den Niederungen auf, so daß in wenig Tagen mich ein zehnfach grösseres Übel befiel, als das erste gewesen war. Nun gab ich mich wieder in die Hände der Ärzte und ward von ihren Arzeneyen abermals viel schlimmer, es befiel mich ein Fieber, und ich nahm mir abermals vor das Holz zu brauchen, die Ärzte widersetzten sich und versicherten, wenn ich die Cur während des Fiebers anfinge, so würde ich in acht Tagen todt seyn, ich that es aber doch mit derselbigen Ordnung und Vorsicht, wie das erstemal. Nachdem ich vier Tage dieses heilige Wasser des Holzes getrunken hatte, verlohr sich das Fieber ganz und gar und ich spürte die größte Besserung; während dieser Cur arbeitete ich immer weiter an dem Modell des Kelches, und es gelangen mir schönere Dinge und bessere Erfindungen, während der Wochen dieser Fasten und Enthaltsamkeit, als vorher in meinem ganzen Leben. Nach vierzig Tagen war ich wirklich rein von meinem Übel geheilt, und suchte nun meine Gesundheit recht zu befestigen, dabey versäumte ich nicht, sowohl an dem bewußten Werke, als für die Münze den gehörigen Fleiß anzuwenden.

Um diese Zeit ward Cardinal Salviati, der ich so sehr anfeindete, zum Legaten von Parma erwählt, und daselbst ward eben ein Mailändischer Goldschmied, Tobias genannt, als ein falscher Münzer eingezogen, er war zum Strick und Feuer verdammt, als der Cardinal, der davon hörte, sich diesen trefflichen Mann vorstellen ließ. Der Legat ließ darauf das Urtheil verschieben, schrieb an den Papst den Vorfall und rühmte den gedachten Tobias als den ersten Goldschmied von der Welt, gab ihm das Zeugniß: er sey ein einfältiger guter Mann, der durch seinen Beichtvater, den er um Rath gefragt, und der ihm diese Handlung erlaubt, eigentlich falsch geführt worden sey. Sodann könnte der Papst, wenn er einen so geschickten Mann nach Rom zöge, den Stolz des Benvenuto am besten demüthigen.

Der Papst ließ gedachten Tobias sogleich kommen und nachdem er uns beyde vor sich berufen hatte, trug er uns auf, eine Zeichnung zu machen, wie das Horn eines Einhorns am besten gefaßt werden könnte. Er besaß ein solches von der größten Schönheit, es war vor siebzehntausend Kammerducaten verkauft worden, er wollte es dem Könige Franz von Frankreich schenken, aber vorher reich mit Golde verzieren lassen.

Wir trugen beyde unsere Zeichnungen, sobald sie fertig waren, zum Papste, Tobias hatte ein Art Leuchter vorgestellt, in welchen das Horn als eine Kerze eingesteckt werden sollte. Statt der Füsse des Leuchters waren vier Einhornsköpfchen angebracht. Ich konnte mich nicht enthalten über diese schwache Erfindung auf eine bescheidene Weise zu lachen. Der Papst bemerkte es und sagte: Laß nun deine Zeichnung sehen! Ich hatte einen einzigen Einhornskopf vorgestellt, wozu ich theils die Bildung eines Pferdes, theils eines Hirsches genommen hatte, er war mit einer schönen Art von Schleyer und andern gefälligen Zierrathen bereichert. Darauf sollte das Horn eingepasst werden, jedermann, der diese Erfindung sah, gab ihr den Vorzug.

Aber leider waren einige Mailänder von grossem Ansehn gegenwärtig, die dem Papst einredeten und vorstellten: er wolle ja das Werk nach Frankreich schicken, die Franzosen seyen rohe Leute und würden die Vortrefflichkeit der Arbeit des Benvenuto nicht einsehen, vielmehr würde ihnen die Art Kirchenputz der andern Zeichnung besser einleuchten, der auch geschwinder ins Werk gesetzt seyn würde, mittlerweile könne Benvenuto am Kelche arbeiten, zwey Arbeiten würden auf einmal fertig und Tobias wäre doch auch nicht umsonst berufen worden. Der Papst, der Verlangen hatte, seinen Kelch vollendet zu sehen, folgte dem Rath, gab jenem das Horn in Arbeit und ließ mir sagen: ich möchte den Kelch fertig machen. Darauf antwortete ich, daß ich in der Welt nichts mehr wünsche, und wenn er nur von einer andern Materie als von Gold wäre, so wollt eich ihn wohl ohne weitere Beyhülfe zu Stande bringen. Darauf versetzte der pöbelhafte Homann: Verlange nur kein Gold vom Papst, denn er geräth sonst in den größten Zorn und wehe dir darnach! Ich antwortete darauf: lehret mich ein wenig, mein Herr, wie man Brod ohne Mehl macht! Ohne Gold wird dieses Werk nicht fertig werden. Diese Worte verdrossen ihn, er drohte mir dem Papst alles zu hinterbringen und that es auch; der Papst brach in eine bestialische Wuth aus und sagte: er wolle doch sehen, ob ich so toll sey mich dieser Arbeit zu weigern. So gingen zwey Monate vorbey, in denen ich, ohngeachtet meiner Drohung, mit grosser Liebe gearbeitet hatte. Da der Papst sahe, daß ich die Arbeit nicht brachte, ward er mir äusserst ungünstig und drohte mich auf jede Weise zu züchtigen.

Eben war ein gewisser Mailändischer Goldschmied gegenwärtig, der Pompeo hieß, und ein naher Verwandter eines gewissen Herrn Trajans war, eines sehr begünstigten Dieners des Papbstes, beyde sagten einstimmig, wenn Ew. Heiligkeit ihm die Münze nehmen, so wird ihm die Lust schon kommen, den Kelch zu endigen. Darauf versetzte der Papst: es würden vielmehr daraus zwey Übel entstehen, ich würde bey der Münze übel bedient seyn und er würde den Kelch nicht mehr anrühren. Die beyden Mailänder liessen aber doch nicht ab, und brachten es endlich dahin, daß er mir die Münze nahm und sie einem jungen Menschen von Perugia gab.

Pompeo kam selbst mir im Nahmen Ihro Heiligkeit zu sagen, daß ich die Münze verlohren habe, und wenn ich den Kelch nicht fertig machte, sollte ich noch andere Dinge verlieren. Ich antwortete: sagte Ihro Heiligkeit: die Münze hat er sich, nicht mir genommen, und so wird es auch mit andern Dingen gehen, und sagt nur, wenn er mir die Münze auch wieder geben wollte, würde ich sie nicht annehmen. Dieser abscheuliche mißgünstige Mensch eilte was er konnte, alles dem Papste wieder zu sagen, wobey er gewiss von dem seinigen hinzuthat.

Nach acht Tagen schickte der Papst denselbigen Menschen zu mir und ließ mir sagen: er wolle nunmehr den Kelch nicht von mir geendigt haben, er verlange die Arbeit so weit wie sie gegenwärtig gekommen sey. Darauf antwortete ich: das ist nicht wie mit der Münze, die er mir nehmen kann, wenn er will. Fünfhundert Scudi habe ich von ihm empfangen, und die will ich sogleich zurückzahlen, das Werk ist aber mein, und ich will damit nach Vergnügen schalten, darauf sagte ich ihm noch einige beissende Worte, die sich auf ihn bezogen, und er eilte dem Papst alles zu hinterbringen.

Nach Verlauf dreyer Tagen kamen zwey Kämmerlinge des Papstes zu mir, vornehme und von Ihro Heiligkeit sehr begünstigte Personen. Sie sagten zu mir: Benvenuto! Du hast bisher gewagt den Papst aufzuziehen, und willst keinen vernünftigen Vorstellungen Gehör geben, höre nun, giebst du ihm sein Werk nicht heraus, so haben wir Befehl, dich ins Gefängniß zu führen. Darauf sah ich ihnen fröhlich ins Gesicht und sagte: Meine Herren! wenn ich dem Papste dies Werk gäbe, so gäbe ich ihm mein Werk, und nicht das seinige, und ich habe nicht Lust es herauszugeben, denn nachdem ich es mit Fleiß und Sorgfalt so weit geführt habe, will ich nicht, daß es etwa in die Hände einer unwissenden Bestie geräthe, die es mit wenig Mühe verderbe.

Es war bey dieser Unterredung auch jener Goldschmied Tobias gegenwärtig, der sich unterstand, von mir sogar die Modelle des Werks abzufordern; ich aber sagte ihm, was solch ein elender Mensch zu hören verdiente, und was ich hier nicht wiederholen mag.

Da aber die beyden Herren in mich drangen und verlangten, ich solle mich eilig entschliessen, sagte ich ihnen, daß ich schon entschlossen sey, nahm mein Unterkleid, und ehe ich aus dem Laden ging, wendete ich mich mit großer Verehrung gegen ein Cruzifix und sagte mit der Mütze in der Hand: Gnädiger, unsterblicher, gerechter und heiliger Erlöser! Alles was du thust und zulässest geschieht nach deiner grossen unvergleichbaren Gerechtigkeit, du weißt daß ich ohngefähr in das Lebensalter gelange, welches du auch erreicht hast, und ich habe bis hierher, um keiner Ursache willen, mich ins Gefängniß begeben müssen, ist es aber gegenwärtig dein Wille, daß ich diese Schmach erdulte, so danke ich dir auch dafür und übernehme sie gedultig. Darauf wendete ich mich zu den Kämmerlingen und sagte mit einem spottenden Lächeln: Meines gleichen verdiente wohl keine geringern Häscher als ihr seyd, meine Herren! so nehmt mich denn als Gefangenen in die Mitte und führt mich wohin ihr wollt. Diese äusserst artigen und höflichen Männer begannen zu lachen, nahmen mich in die Mitte und führten mich unter gefälligen Gesprächen zum Gouverneur von Rom, der Magalotto hieß. Wir fanden bey ihm den Fiskal, sie hatten uns beyde erwartet. Die beyden Herrn Kämmerlinge sagten lachend: hier bringen wir euch diesen Gefangenen, nehmt ihn wohl in acht! wir haben uns genug erlustigt, indem wir euren Leuten ins Amt greifen musten, wie uns denn auch Benvenuto zu erkennen gab, daß er, da dies seine erste Gefangenschaft sey, durch Häscher unserer Art abgeführt werden müsse; sie eilten darauf zum Papst und erzählten ihm alle Umstände. Anfangs wollte er in Zorn gerathen, nachher that er sich auch Gewalt an und lachte, denn es waren viele Herrn und Cardinäle gegenwärtig, die mich höchlich begünstigten.

Indessen beschäftigten sich der Gouverneur und der Fiskal mit mir, bald drohten sie, bald ermahnten sie, bald wollten sie mir rathen. Sie sagten es sey natürlich, daß wenn einer vom andern eine Arbeit machen lasse, so könne er sie auch nach seinem Belieben auf jede Weise wieder zurücknehmen. Dagegen versetzte ich: daß das keinesweges gerecht sey, und daß ein Papst das nicht thun könne, denn er sey nicht von der Art gewisser tyrannischen Herrchen, die ihrem Volk das schlimmste, was sie nur können, anzuthun fähig sind, und weder Gesetz noch Gerechtigkeit beobachten, dergleichen Dinge könne aber der Statthalter Christi nicht verüben. Darauf sagte der Gouverneur mit gewissen häschermäßigen Gebärden und Worten, die ihm eigen waren: Benvenuto, Benvenuto! du gehst darauf aus, daß ich dich nach Verdienst behandeln soll. – So werdet ihr mir alle Ehre und Höflichkeit widerfahren lassen! – schicke sogleich nach der Arbeit und erwarte nicht das zweyte Wort. Darauf sagte ich: meine Herrn! erlaubt mir, daß ich noch vier Worte für meine Sache vorbringe. Der Fiskal, der ein bescheidnerer Büttel als der Gouverneur war, wendete sich zu diesem und sagte: Gnädiger Herr! vergönnt ihm hundert Worte, wenn er nur das Werk herausgiebt, so haben wir genug. Darauf sagte ich: wenn irgend jemand ein Gebäude aufmauern liesse, so könnte er zum Meister, der ihn schlecht bediente, mit Gerechtigkeit sagen: gieb mir mein Haus, ich will nicht, daß du mir daran arbeiten sollst! er könnte ihm seine Arbeit bezahlen und ihn hinwegschicken. Auch, wenn einer einen kostbaren Edelstein wollte fassen lassen, und der Juwelier bediente ihn nicht nach seinem Willen, der könnte sagen: gieb mir mein Juwel heraus, ich mag deine Arbeit nicht; aber hier ist nicht von dieser Art die Rede, denn es ist weder ein Haus, noch ein Edelstein und mir kann man nichts weiter auferlegen, als daß ich die fünfhundert Scudi zurückgebe, die ich erhalten habe, und so, gnädiger Herr, thut was ihr könnt, von mir erhaltet ihr nichts als die fünfhundert Scudi, und das mögt ihr dem Papst sagen, eure Drohungen machen mir nicht die mindeste Furcht, ich bin ein ehrlicher Mann und bey meinen Handlungen wird mir nicht bange.

Der Gouverneur und Fiskal standen auf und sagten mir, daß sie zum Papst gingen und der Auftrag, mit dem sie wahrscheinlich zurückkämen, würde mir übel bekommen. So blieb ich verwahrt zurück, ging in einem Saal auf und ab, und sie verzogen fast drey Stunden. Indessen besuchten mich alle die vornehmsten Florentinischen Kaufleute und baten mich inständig, ich solle nicht mit einem Papste rechten, denn das könne zu meinem völligen Verderben gereichen. Ich antwortete darauf: daß ich fest entschlossen sey und wisse, was ich zu thun habe. Sobald der Gouverneur mit dem Fiskal zurückgekommen war, ließ er mich rufen und sagte: der Auftrag, den ich vom Papste habe, thut mir selbst leid, schaffe das Werk sogleich her, oder erwarte was dir begegnen kann; darauf antwortete ich, bis auf diese Stunde habe ich nicht geglaubt, daß der Satthalter Christ eine Ungerechtigkeit begehen könne, auch glaube ich es nicht, bis ich es sehe; thut daher was ihr nicht lassen könnt. Der Gouverneur versetzte nochmals: ich habe dir vorerst noch zwey Worte vom Papste zu sagen und dann werde ich meinen Auftrag vollbringen. Der Papst befiehlt, du sollst mir die Arbeit hierher bringen, sie soll vor meinen Augen in eine Schachtel gelegt und versiegelt werden, ich soll sie ihm hinbringen und er verspricht, bey Treue und Glauben, daß er sie nicht eröfnen und die sogleich zurückgeben will; aber so solle seyn um seiner eigenen Ehre willen. Darauf antwortete ich lächelnd: herzlich gern will ich mein Werk auf diese Weise hingeben, denn ich möchte doch auch gern erfahren, wie Treu und Glaube eines Papstes beschaffen ist. So schickte ich nach meiner Arbeit, siegelte sie, wie ers verlangte, und gab sie hin.

Als der Gouverneur zum Papste zurückkam, nahm dieser die Schachtel, wie jener mir nachher selbst erzählte, wendete sie einige Mal um und fragte sodann den Gouverneur: ob er die Arbeit gesehen habe? Darauf sagte dieser: ja! sie sey in seiner Gegenwart versiegelt worden, und versicherte dabey, die Arbeit habe ihm höchst bewundernswert geschienen. Darauf versetzte der Papst: sage Benvenuto, die Päpste haben Gewalt viel grössere Dinge, denn dieses, zu lösen und zu binden, und indem er dieses mit einigem Verdruß zu sagen schien, nahm er Siegel und Bindfaden weg und öfnete die Schachtel, nachdem er die Arbeit genugsam betrachtet hatte, zeigte er sie Tobias dem Goldschmied, der sie sehr lobte, und als der Papst ihn fragte, ob er nunmehr, da er das Werk gesehen habe, ein ähnliches unternehmen wolle, mit ja antwortete und vom Papste Befehl erhielt, sich ganz darnach zu richten. Darauf wendete sich der Papst zum Gouverneur und sagte: seht ob Benvenuto euch das Werk überlassen will, bezahlt es ihm so hoch es ein Kenner schätzen mag, will er es selbst endigen und einen Termin setzen, so sucht mit ihm überein zu kommen und macht ihm die Bequemlichkeit, die er bedarf. Darauf sagte der Gouverneur: Heiliger Vater, ich kenne die fürchterliche Art dieses jungen Mannes, erlaubt mir, daß ich ihm nach meiner Art zu Leibe gehe. Darauf erwiederte der Papst: mit Worten sollte er thun was er wolle, ob dadurch gleich die Sache noch schlimmer werden würde, wenn er aber gar nicht mit mir fertig werden könnte, so sollte er mir befehlen, die fünfhundert Scudi an seinen Juwelier Pompeo zu bringen.

Der Gouverneur kam zurück, ließ mich in sein Zimmer rufen und sagte zu mir mit einem Häscherblick: Die Päpste haben Gewalt, die ganze Welt zu binden und zu lösen, und das wird sogleich im Himmel gut geheissen, hier ist dein Werk offen zurück, Seine Heiligkeit hat es gesehen. Darauf erhob ich die Stimme und rief: nun weiß ich doch, wie Treue und Glaube der Päpste beschaffen ist. Darauf that der Gouverneur einige ganz unvernünftige Ausfälle. Da er aber merkte, daß nichts auszurichten war, verzweifelte er an dem Unternehmen und sagte mit einer etwas sanfteren Art: Benvenuto! es thut mir leid, daß du dein Bestes nicht einsehen willst, so gehe denn hin und bringe die fünfhundert Scudi dem Juwelier Pompeo. So trug ich mein Werk fort und brachte sogleich die fünfhundert Scudi an Ort und Stelle.

Nun hatte der Papst, begierig den Faden meiner Knechtschaft wieder anzuknüpfen, gehoft, ich sollte nicht im Stande seyn, sogleich das Geld zu überliefern, als daher Pompeo lächelnd mit dem Geld ein der Hand vor ihn kam, schimpfte er und ärgerte sich, daß die Sache so abgelaufen war, dann sagte er, geh und suche Benvenuto ins einer Werkstatt auf, sage ihm, er soll mir das Werk zu einer Monstranz fertig machen, daß ich, am Frohnleichnam, das Hochwürdige darinn in Prozession tragen kann, er soll alle mögliche Bequemlichkeit haben, nur soll er arbeiten. Pompeo kam zu mir, rief ich heraus und machte mir nach seiner Art die ungeschicktesten Eselskaressen und sagte mir die Worte des Papstes wieder. Darauf antwortete ich schnell: ich kann mir keinen grösseren Schatz in der Welt wünschen, wenn ich die Gnade eines so grossen Papstes wieder erlange, die ich nicht durch meine Schuld verlohren habe, sondern durch eine unglückliche Krankheit und durch die Bösartigkeit gewisser neidischer Menschen, denen es eine Freude macht Böses zu stiften. Hat doch der Papst eine Menge Diener! er soll mir euch nicht mehr schicken, um eures Heils willen, und ihr könnt euch nur in acht nehmen. Ich aber werde Tag und Nacht an den Dienst des Papstes denken, und alles thun, was ich vermag. Vergeßt nur nicht, was ihr dem Papst über mich gesagt habt und mischt euch nicht in meine Angelegenheiten, denn eure Fehler sollen euch noch verdientermassen gereuen; alles dieses hinterbrachte der Mensch dem Papste, auf eine bestialische Weise, und so blieb die Sache eine Weile, ich arbeitete in meiner Werkstatt und trieb meine Geschäfte.

Tobias, der Goldschmied, hatte indessen jenes Einhorn garnirt und die Verzierung nach seiner Art vollendet, dann befahl ihm der Papst, er solle einen Kelch nach der Weise des meinen, den er gesehen hatte, sogleich anfangen. Nach einiger Zeit ließ er sich die Arbeit zeigen, und als sie ihm mißfiel, war es ihm verdrießlich mit mir gebrochen zu haben, er schalt auf die Werke des Tobias und auf alle, die ihn empfohlen hatten. Mehrmals schickte er mir darauf den Baccino della Croce und ließ mich wegen der Monstranz ermahnen, ich antwortete: Seine Heiligkeit möchte mich nur so lange ausruhen lassen, bis ich mich von meiner Krankheit, von der ich noch nicht ganz geheilt sey, wieder erholt hätte, ich wollte aber indessen doch zeigen, daß ich jede Stunde, in der ich zu arbeiten im Stande sey, bloß zu Ihrem Dienste widmen wolle. Denn ich hatte ihn heimlich portraitirt und arbeitete in meinem Hause an einer Medaille für ihn, in meiner Werkstatt hielt ich einen Gesellen, der ehemals mein Lehrbursch gewesen war und sich Felix nannte.

Zu der Zeit hatte ich mich, wie junge Leute pflegen, in eine Sicilianerin von der größten Schönheit verliebt, auch sie zeigte, daß sie mir sehr wohl wolle, die Mutter aber, welche unsere Leidenschaft bemerkt hatte, und sich vor unsern Absichten fürchtete, denn ich wollte heimlich mit dem Mädchen nach Florenz fliehen, kam mir zuvor und ging Nachts aus Rom, und ließ mir vorspiegeln, als wenn sie nach Civita Vecchia den Weg genommen hätte, sie ging aber auf Ostia und begab sich nach Neapel. Ich eilte grade auf Civita Vecchia und beging unglaubliche Thorheiten, um sie wieder zu finden. Es wäre zu umständlich, diese Dinge hier zu erzählen, genug, ich war im Begriff toll zu werden oder zu sterben. Sie schrieb mir nach zwey Monathen, daß sie sich in Sicilien, sehr mißvergnügt, befinde. Indessen hatte ich mich allen denkbaren Vergnügungen ergeben, ich hatte eine andere Liebe ergriffen, nur um diese auszulöschen. Unter solchen Ausschweifungen hatte ich gelegentlich mit einem gewissen Sicilianischen Geistlichen Freundschaft gemacht, er war von dem erhabendsten Geiste und wohl im Lateinischen und Griechischen erfahren. Einsmals, durch eine besondere Wendung des Gesprächs, kamen wir auch auf die Zauberey zu reden und ich sagte, wie sehr ich mein ganzes Leben durch verlangt hätte, irgend etwas von dieser Kunst zu sehen oder zu spüren; darauf versetzte der Priester: zu einem solchen Unternehmen gehört ein starkes und sicheres Gemüth. Ich versetzte, daß ich Stärke und Sicherheit wohl zeigen wolle, wenn sich nur die Art und Weise fände, ein solches Werk zu unternehmen. Darauf antwortete der Priester: wenn dir am Anschauen solcher Dinge genug ist, so will ich deine Neugierde sättigen. Wir wurden eins das Werk zu unternehmen, und eines Abends machte sich der Priester bereit und sagte mir, ich solle Einen, auch zwey Gefährten suchen. Da rief ich Vincenzio Romoli, meinen besten Freund, und dieser nahm einen Pistojeser mit sich, der sich auch auf die Schwarzkünsteley gelegt hatte, wir gingen zusammen ins Colisee, dort kleidete sich der Priester nach Art der Zauberer, zeichnete Cirkel auf die Erde, mit den schönsten Ceremonien, die man sich auf der Welt nur denken kann. Er hatte uns Zaffetika (Assa foetida) mitbringen lassen, kostbares Räucherwerk und Feuer, und auch schlimmes Räucherwerk. Da alles in Ordnung war machte er das Thor in den Cirkel und führte uns bey der Hand hinein, dem andern Schwarzkünstler befahl er, das Räucherwerk nach Bedürfniß ins Feuer zu werfen, uns überließ er die Sorge, das Feuer zu unterhalten und die Specereyen darzureichen, dann fing er seine Beschwörungen an, welche über anderthalb Stunden dauerten. Darauf erschienen manche Legionen Teufel, so daß das Collisee ganz voll ward, ich besorgte die köstlichen Specereyen, und als der Priester eine so grosse Menge Geister bemerkte, wendete er sich zu mir und sagte: verlange was von ihnen! ich versetzte: sie sollen machen, daß ich mit meiner Sicilianerin wieder zusammen komme.

Diese Nacht erhielten wir keine Antwort, ob ich gleich sehr zufrieden über diese Begebenheit war. Der Negromant behauptete, wir müßten noch ein andermal hingehen und ich würde in allem, was ich verlangte, völlig befriedigt werden; aber ich müßte einen unschuldigen Knaben mitbringen. Ich nahm einen Lehrknaben, ohngefähr zwölf Jahr alt, und berief von neuem Vincenzio Romoli, und da ein gewisser Agnolino Gaddi unser Hausfreund war, nahm ich auch diesen mit bey unserer Unternehmung. Wir kamen an den vorigen Ort, der Negromant machte wieder seine Vorbereitung, und, mit derselben, ja mit einer noch wundersamern Ordnung, brachte er uns in den Cirkel, den er von neuem mit mehr Kunst und Ceremonien bereitet hatte. Vincenz und Agnolino besorgten das Räucherwerk und das Feuer, mir gab er das Pintakel in die Hand und sagte, er würde mir die Gegenden zeigen, wohin ichs zu wenden hätte. Nun fing der Negromant die schrecklichsten Beschwörungen an, er rief beym Nahmen eine Menge solcher Teufel, die Häupter der Legionen waren, und beschwur sie im Nahmen und Gewalt Gottes, des unerschaffnen, lebendigen und ewigen, und das in hebräischen Worten, auch mitunter in genugsamen griechischen und lateinischen, so daß in kurzer Zeit Einhundertmal mehr als bey der ersten Beschwörung erschienen und das ganze Colisee sich erfüllte. Vincenzio Romoli und Gaddi unterhielten das Feuer und sparten das kostbare Räucherwerk nicht, und mir gab der Negromat den Rath abermals zu verlangen, daß ich mit meiner Angelika seyn möchte; ich that es und er wendete sich zu mir und sagte: hörst du, was sie sprechen? in Zeit eines Monats sollst du bey ihr seyn. Darauf bat er mich von neuem, ich möchte nur fest halten, denn es wären wohl ein Tausend Legionen mehr, als er verlangt habe, und sie seyen von der gefährlichsten Art, da sie aber doch mein Begehren erfüllt hätten, so müßte man ihnen freundlich thun und sie geduldig entlassen.

Nun fing das Kind, das unter dem Pintakel war, zu jammern an, und sagte: es seyen ein Tausend der tapfersten Männer beysammen, die uns alle drohten, dann erschienen noch vier ungeheure Reisen, bewaffnet und mit der Gebärde, in den Creiß einbrechen zu wollen. Indessen suchte der Negromant, der vor Furcht zitterte, sie auf die sanfteste und gefälligste Art, so gut er konnte, zu entlassen. Vincenzio Romoli, der über und über zitterte, hörte nicht auf zu räuchern, ich fürchtete mich so sehr als die andern, ließ mich es aber nur weniger merken, und sprach ihnen allen Muth zu. Gewiss ich war halb todt, als ich den Negromanten in so grosser Angst sah, das Kind hatte den Kopf zwischen die Knie gesteckt und sagte: so will ich sterben! denn wir kommen um, alle zusammen. Da sagte ich zum Knaben: diese Creaturen sind alle unter uns, und was du siehst ist Rauch und Schatten, hebe nur die Augen ohne Furcht auf, das Kind blickte hin, und sagte von neuem, das ganze Colisee brennt und das Feuer kommt auf uns loß. Es hielt die Hände vors Gesicht, rief, es sey todt und wollte nichts mehr sehen! Der Negromant empfahl sich mir, bat, ich möchte nur fest halten, und stark mit Zaffetika räuchern. Ich wendete mich zu Vincenzio und sagte: er möge schnell Zaffetika aufstreuen! Indem so betrachtete ich den Agnolino, der so erschrocken war, daß ihm die Augen die Quere stunden und er halb todt schien. Agnolo! rief ich, hier ist nicht Zeit sich zu fürchten, mache dir was zu thun, rühre dich und streue schnell die Zaffetika. Agnolo, indem er sich bewegen wollte, verunreinigte sich mit so heftigem Getöse, daß die Kraft der Zaffetika nur gering dagegen war, das Kind erhob, bey diesem Schall und Gestank, ein wenig das Gesicht, und da es mich lächelnd sah, erholte es sich ein wenig von seiner Furcht und sagte: sie zögen sich mit Macht zurück. So blieben wir, bis die Morgenglocke zu läuten anfing, und das Kind sagte: nur wenige seyen noch übrig geblieben und sie stünden von Ferne. Der Negromant vollbrachte nun seine Ceremonien, zog sich aus, nahm seinen grossen Pack Bücher zusammen und wir verliessen mit ihm auf einmal den Kreis, einer drückte sich an den andern, besonders hatte sich das Kind in die Mitte gedrängt, indem es den Negromant bey der Weste und nicht beym Überkleid hielt, und beständig, bis wir zu unsern Häusern unter den Bänken gelangt waren, versicherte es uns, zwey von denen, die es im Colisee gesehen habe, spazierten mit grossen Sprüngen vor uns her, und liefen bald über die Dächer bald über die Straßen. Der Negromant sagte, so oft er auch schon in dem Kreis gewesen, sey ihm doch niemals so etwas außerordentliches begegnet, er bat mich, daß ich ihm beystehen solle, ein Buch zu weihen, das uns unendliche Reichthümer bringen sollte, denn die Teufel müßten uns die Schätze zeigen, deren die Erde voll sey, und auf diese Weise müßten wir die reichsten Leute werden, die Liebeshändel seyen Eitelkeit und Narrheit, wobey nichts herauskomme. Ich versetzte darauf: daß ich ihm gerne beystehen wollte, wenn ich nur Latein könnte, er aber versicherte mich, daß mir das Latein gar nichts helfen könne, er habe gar manchen vortrefflichen Lateiner angetroffen, aber niemand von so gesetztem Gemüth wie ich, und ich solle mich nur nach seinem Rathe halten. So kamen wir nach Hause und träumten die folgenden Nacht alle von Teufeln.

Sobald der Negromat des Tages darauf mich wieder sah, sprach er mir zu, ich möchte doch auf jenes Unternehmen eingehen, darauf fragte ich ihn, wie viel Zeit wir dazu brauchen würden, und an welchen Ort wir zu gehen hätten. Er sagte mir, in weniger als Einem Monat würden wir fertig seyn, und der geschickteste Ort wäre in den Bergen von Norcia, zwar habe sein Meister auch hier in der Nähe in den Gebirgen der Abtey Farfa eine solche Weihe vorgenommen, es hätten sich aber doch solche Schwierigkeiten gefunden, die in den Bergen von Norcia wegfielen, auch seyen die Bauern daselbst in der Nachbarschaft zuverlässige Leute, nicht ganz unerfahren in diesen Dingen, und könnten uns, im Nothfall, wichtige Dienste leisten.

So überredete mich der Priester Negromant um so leichter, als ich zu solchen Dingen schon geneigt war, aber ich sagte ihm, ich wollte zuerst die Medaille für den Papst fertig machen, denn ich hatte ihm und niemand anderes mein Geheimniß anvertraut, auch fragte ich ihn immer, ob ich nicht in dieser Zeit meine Sicilianerin sehen würde? Die Zeit verging indeß, und es schien mir wunderbar, als ich nichts von ihr hörte. Der Negromant versicherte mich, daß ich gewiss mit ihr zusammen treffen würde, denn jene hielten Wort, wenn sie auf solche Weise versprächen, ich sollte aber aufmerken und mich vor Händen in acht nehmen, die sich dabey ereignen könnten, ich sollte lieber etwas gegen meine Natur erdulten, denn es läge eine grosse Gefahr nicht weit, es wäre besser für ich, wenn ich mit ihm ginge, das Buch zu weihen, auf diese Weise würde die Gefahr vorbeygehen und wir würden beyde die glücklichsten Menschen werden. Ich fing an mehr Lust zu empfinden als er selbst, und sagte zu ihm: es sey nur eben jetzt ein gewisser Meister in Rom gekommen, Nahmens Johann da Castello, ein Bologneser, ein trefflicher Mann Medaillen in Stahl zu schneiden, wie ich sie auch machte, und ich wünschte nichts mehr in der Welt, als mit ihm in die Wette zu arbeiten, mich auch so der Welt zu zeigen, und mit einem solchen Talente lieber als mit dem Schwerdte meine Feinde zu erlegen. Ich mochte aber sagen was ich wollte, so hörte doch der Priester nicht auf mir anzuliegen und sagte: mein Benvenuto, komm mit mir, fliehe die grosse Gefahr, die dir bevorsteht. Ich hatte mir aber ein für allemal vorgenommen, meine Medaille zu endigen. Der Monat war bald verlaufen und ich war in meine Arbeit so verliebt, daß ich weder an Angelika noch an irgend etwas anderes dachte.

Eines Abends hatte ich mich zur ungewöhnlichen Zeit von meinem Hause nach meiner Werkstatt begeben, woselbst Felix, mein Geselle, alle Arbeiten besorgte, ich blieb nur einen Augenblick dort, denn ich erinnerte mich, daß ich mit Herrn Alexander del Bene etwas zu reden hatte, da machte ich mich auf und als ich unter die Bänke kam, begegnete mir ein sehr guter Freund, Herr Benedetto, er war von Florenz gebürtig, Sohn eines Blinden, der in den Kirchen betete, eines Sanesers, Dieser Benedetto war lange in Neapel gewesen, hatte sich darauf niedergelassen und besorgte die Geschäfte gewisser Handelsleute von Siena. Mein Geselle hatte ihn öfters gemahnt, denn er war ihm Geld für einige anvertraute Ringe schuldig, an eben dem Tage waren sie einander wieder begegnet und Felix hatte nach seiner Gewohnheit das Geld auf eine etwas rauhe Art verlangt, und zwar in Gegenwart der Herrn des Benedetto, die zufällig dabey standen. Da sie vernahmen, wie sich die Sache verhalte, schalten sie ihren Factor tüchtig aus und sagten: sie würden sich eines andern bedienen, denn dergleichen Händel wollten sie nicht haben. Benedetto entschuldigte sich so gut er konnte und behauptete, er habe den Goldschmied bezahlt, sagte aber dabey: er sey nicht im Stande, die Tollheit eines jeden Wahnsinnigen zu Bändigen. Diese Herrn nahmen sein Betragen übel und jagten ihn sogleich weg, darauf eilte er, wüthend nach meiner Werkstatt, vielleicht um gedachtem Felix Verdruß zu machen. Nun begab sichs, daß wir uns grade in der Mitte von den Bänken begegneten, und ich, der von nichts wußte, grüßte ihn aufs freundlichste, er aber antwortete mir mit vielen groben Worten. Da erinnerte ich mich sogleich an alles, was mir der Negromant gesagt hatte, und hielt an mich was ich konnte, um dasjenige nicht zu thun, wozu seine Worte mich nöthigten. Herr Benedetto! Sagte ich, Bruder! entrüstet euch nicht gegen mich, habe ich euch doch nichts zu Leide gethan! weiß ich doch nichts von dem Vorfall, habt ihr was mit Felix zu thun, so geht doch, ich bitte euch, und macht’s mit ihm aus, er weiß am besten, was zu antworten ist, ihr thut mir Unrecht, da ich nichts davon weiß, mich dergestalt anzugreifen, um so mehr, da ihr wißt, daß ich der Mann nicht bin, um Beleidigungen zu erdulten.

Darauf antwortete Benedetto, ich wisse um alles, er sey der Mann, mit mir schon fertig zu werden, Felix und ich seyen zwey grosse Lumpen.

Schon hatten sich viele Leute versammelt diesen Streit anzuhören, und, gezwungen durch seine groben Worte, bückte ich mich schnell zur Erde, nahm eine Hand voll Koth, denn es hatte geregnet, und holte aus, ihn ins Gesicht zu treffen, aber er bückte sich und ich traf ihn mitten auf den Schedel. In dem Kothe stack ein frischer Stein, mit vielen scharfen Ecken, und mein Mann fiel ohnmächtig, für todt, auf die Erde, und jedermann, der das Blut so stark herabrießeln sah, hielt ihn wirklich für todt. Inzwischen daß einige Anstalt machten ihn wegzutragen, kam Pompeo, der Juwelier, dessen ich schon öfters erwähnt habe, und als er diesen Mann so übel zugerichtet sah, fragte er, wer ihn geliefert habe, man sagte Benvenuto, denn diese Bestie hat es an ihn gebracht. Sobald Pompeo zum Papst kam, denn er ging wegen einiger Geschäfte dahin, sagte er: heiligster Vater! Eben hat Benvenuto den Tobias erschlagen, ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Da wurde der Papst wüthend und sagte zum Gouverneur, der eben gegenwärtig war, er solle mich fahen und am Orte, da der Todschlag gesehen sey, sogleich aufhängen lassen.

Ich aber, da ich diesen Unglücklichen auf der Erde sah, dachte sogleich mich zu retten, denn ich betrachtete die Macht meiner Feinde und was mir bey dieser Gelegenheit gefährlich werden konnte. Ich flüchtete mich in das Haus des Herrn Johann Gaddi, um mich so geschwind als möglich, mit Gott, davon zu machen. Herr Johannes rieth mir, ich sollte nicht so eilig seyn, manchmal sey das Übel so groß nicht, als man glaubt, er ließ Herrn Hannibal Caro rufen, der bey ihm wohnte, und ersuchte ihn hinzugehen, um sich nach der Sache zu erkundigen. Indessen erschien ein römischer Edelmann aus dem Gefolge des Cardinal Medicis, rief mich und den Herrn Johannes bey Seite, und sagte: sein Herr schicke ihn her, der selbst die Worte des Papstes gehört habe, es sey kein Mittel mir zu helfen, wenn ich dieser ersten Wuth nicht entränne, ich solle mich ja auf kein Haus in Rom verlassen. Der Edelmann entfernte sich sogleich und Herr Johannes sah ich mit thränenden Augen an und rief: wie traurig, daß ich kein Mittel habe dir zu helfen! Darauf sagte ich: Mit der Hülfe Gottes will ich mir schon selbst helfen, nur bitte ich euch, dient mir mit einem eurer Pferde. Sogleich ließ er mir ein türkisches Pferd satteln, das schönste und beste, das in Rom war, ich bestieg es und nahm eine Büchse vor mich, um mich im Falle zu vertheidigen; da ich nach Ponte Sisto kam, fand ich die sämmtlichen Häscher zu Pferde und zu Fuß, ich mußte aus der Noth eine Tugend machen, herzhaft frischte ich mein Pferd gelind an, und mit Gottes Hülfe, der ihre Augen verblendet hatte, kam ich frey durch, und so schnell ich konnte eilte ich nach Palombara zu Herrn Savelli und schickte von da das Pferd an Herrn Johannes zurück, ohne ihm jedoch wissen zu lassen, wo ich mich befinde. Herr Savelli bewirthete mich zwey Tage aufs freundlichste, dann rieth er mir, ich solle mich aufmachen und auf Neapel zugehen, bis die erste Hitze vorüber sey. Er ließ mich begleiten und auf die Neapolitanische Straße bringen, auf derselben fand ich einen Bildhauer, meinen Freund, der Solosmeo hieß, und nach St. Germano ging, um das Grab Peter von Medicis auf Monte Cassino fertig zu machen. Er sagte mir, daß noch selbigen Abend Papst Clemens einen seiner Kämmerer geschickt habe, um nachfragen zu lassen, wie sich gedacht Tobias befinde? Der Abgeordnete habe diesen Mann bey der Arbeit gefunden, dem nichts begegnet war, und der auch von nichts wußte. Als dieses dem Papst hinterbracht wurde, wendete er sich zu Pompeo und sagte: du bist ein schlechter Mensch, aber ich versichere dir, du hast eine Schlange gekneipt, die dich beissen und dir dein Recht anthun wird, dann sprach er mit dem Cardinal Medicis und trug ihm auf, daß er ein wenig nach mir sehen solle, denn um alles wollte er mich nicht verlieren; und so ritten wir singend auf Monte Casino. Als nun Solosmeo daselbst die Arbeit durchgesehen hatte, machten wir uns auf und zogen gegen Neapel. Ohngefähr eine halbe Miglie von der Stadt kam uns ein Wirth entgegen, der uns in sein Gasthaus einlud, und uns versicherte, er sey lange Zeit mit Carl Ginori in Florenz gewesen, wenn wir bey ihm einkehrten, wolle er uns aufs beste bewirthen. Wir wiederholten ihm öfters: daß wir mit ihm nichts wollten zu schaffen haben, demohngeachtet war er bald vor, bald hinter uns und wiederholte seine Einladung immer mit denselbigen Worten. Endlich ward ich seiner Zudringlichkeit überdrüssig, und, um ihn los zu werden, fragte ich, ob er mir nicht eine Sicilianerin, Nahmens Beatrice, nachweisen könne, die eine Tochter habe, welche Angelika hiesse, beyde seyen Curtisanen. Der Wirth, welcher glaubte, ich habe ihn zum besten, rief aus: Gott verdamme alle Curtisanen und jeden, der ihnen wohl will. Darauf gab er seinem Pferde die Sporn und eilte von uns weg. Ich freute mich auf so gute Weise die Bestie loß geworden zu seyn, aber zu gleicher Zeit machte mir die Erinnerung der grossen Liebe, die ich zu dem Mädchen getragen hatte, nicht wenig Schmerzen. Indem ich nun mit meinem Gefährten nicht ohne manchen verliebten Seufzer von meinem Abentheuer sprach, sahen wir den Wirth im Gallop zurückkehren. Es sind zwey oder drey Tage, rief er aus, daß neben meinem Hause ein Weib und ein Mädchen eingezogen sind, die so heissen, ob sie Sicilianerinnen sind, kann ich nicht sagen. Darauf versetzte ich, der Nahme Angelika hat so grosse Gewalt auf mich, daß ich nunmehr gewiss bey dir einkehren will. Wir folgten dem Wirth, und stiegen bey ihm ab, eiligst brachte ich meine Sachen in Ordnung, ging in das benachbarte Haus, und fand meine Angelika wirklich daselbst, die mich mit unmässigen Liebkosungen empfing, ich blieb bey ihr bis den andern Morgen, und war glücklicher als jemals. Mitten in diesem Genusse fiel mir ein, daß an diesem Tage grade der Monat um sey, und daß ich, nach dem Versprechen der bösen Geister, meine Angelika nun besitze. Da bedenke nun jeder, der sich mit ihnen einlässt, die grossen Gefahren, durch die ich gegangen war.

Ob ich gleich noch jung war, so kannte man mich in Neapel doch auch schon als einen Menschen von Bedeutung, und empfing mich aufs beste, besonders Herr Dominiks Fontana, ein trefflicher Goldschmied, er ließ mich die drey Tage, die ich in Neapel war, ins einer Werkstatt arbeiten, und begleitete mich, als ich dem Vicekönig aufwartete, der mich zu sehen verlangt hatte. Ihro Exzellenz empfingen mich sehr gnädig, und es fiel ihm ein Diamant in die Augen, den ich eben an dem Finger hatte, (zufälliger Weise brachte ich ihn in meinem Beutel nach Neapel, denn er war mir zum Kauf angeboten worden). Der Vicekönig verlangte ihn zu sehen und wünschte ihn zu besitzen, wenn ich ihn entbehren könnte. Ich versetzte darauf, indem ich den Ring an seinen Finger steckte, der Diamant und ich seyen zu seinem Befehl. Er versetzte: der Diamant sey ihm angenehm, noch angenehmer würde es ihm aber seyn, wenn ich bey ihm bleiben wollte, er wolle mir Bedingungen machen, mit denen ich zufrieden seyn würde. So ward viel höfliches hin und wieder gesprochen, zuletzt verlangte er den Preiß des Edelsteins mit Einem Worte zu wissen; ich verlangte zweyhundert Scudi und Ihro Exzellenz fanden die Forderung billig und sagten, daß Ihnen der Stein um so lieber sey, da ich ihn gefaßt habe, denn sonst könne er nicht eine so vortreffliche Wirkung thun; ich versetzte darauf: der Stein sey nicht von mir gefaßt, ich getraute mir ihm durch eine andere Fassung noch einen viel grössern Werth zu geben, ich druckte darauf, mit dem Nagel, den Stein aus dem Kästchen, putze ihn, und übergab ihn dem Vicekönig, er war zufrieden und erstaunt, und gab mir eine Anweisung, worauf mir zweyhundert Scudi ausgezahlt wurden.

Als ich nach Hause kam, fand ich Briefe vom Cardinal Medicis, worinn mir gesagt wurde, ich solle wieder nach Rom kommen, und gleich bey Ihro Eminenz Pallast absteigen. Als ich meiner Angelika den Brief gelesen hatte, bat sie mich mit herzlichen Thränen: ich möchte entweder in Neapel bleiben, oder sie mit mir nehmen. Darauf antwortete ich, wenn sie mit mir ginge, so wollte ich ihr die zweyhundert Ducaten, die ich vom Vicekönig erhalten hatte, aufzuheben geben. Da die Mutter sahe, daß wir Ernst machten, trat sie herbey und sagte: wenn du meine Angelika nach Rom führen willst, so laß mir hundert Ducaten, damit ich niederkommen kann, und alsdann will ich euch nachfolgen. Ich antwortete der alten Kupplerin: dreyßig wollte ich ihr lassen, wenn sie meine Angelika mit mir liesse. Hierzu wurden wir einig und Angelika bat ich, ich sollte ihr ein Kleid von schwarzem Sammt kaufen, der in Neapel wohlfeil war, auch das war ich zufrieden, ich schickte nach dem Sammt und kaufte ihn. Da glaubte die Alte, ich sey nun völlig gekocht und gar, und verlangte für sich ein Kleid, von feinem Tuche, und dergleichen für ihre Söhne, auch mehr Geld als ich ihr angeboten hatte. Darüber beklagte ich mich mit freundlichen Worten und sagte: meine liebe Beatrice, ist dir das nicht genug, was ich dir angeboten habe? Sie sagte nein! darauf sagte ich: so ist es mir genug! nahm Abschied von meiner Angelika, sie weinte und ich lachte, wir trennten uns und ich kehrte nach Rom zurück.

Noch dieselbe Nacht reiste ich von Neapel weg, daß man mir nicht auflauern und mich berauben sollte, wie es die Gewohnheit von Neapel ist, und doch mußte ich mich, als ich auf den Steinweg kam, mit allen Leibes- und Geisteskräften, gegen mehrere Räuber wehren, die mir nachstellten. Einige Tage darauf ließ ich den Solosmeo bey seiner Arbeit auf Monte Cassino, und stieg bey dem Gasthause von Adananni ab, um zu Mittag zu essen, nicht weit von dem Hause schoß ich nach einigen Vögeln und erlegte sie und ein Stückchen Eisen am Schloß meiner Büchse verletzte mir bey dieser Gelegenheit die rechte Hand, und so wenig es bedeutete, so gefährlich sah es aus, weil das Blut sehr stark aus der Wunde strömte. Ich stellte mein Pferd in den Stall und stieg auf einen Altan, wo ich viele Neapolitanische Edelleute fand, die sich eben zu Tische setzen wollten und mit ihnen ein junges Fräulein, von der größten Schönheit. Kaum war ich oben, so stieg hinter mir mein Diener, ein braver Pursche, mit einer grossen Partisane in der Hand, herauf, so daß vor uns beyden, den Waffen und dem Blute, die guten Edelleute so erschracken, da ohnedem dieser Ort für ein Spitzbubenneste bekannt war, daß sie vom Tische aufsprangen, und, mit grossem Entsetzen, Gott um Hülfe anriefen. Lachend sagte ich zu ihnen: Gott habe ihnen schon geholfen, denn ich sey der Mann, sie gegen jeden zu vertheidigen, der sie angreifen wollte, und bitte nur um einigen Beystand, meine Hand zu verbinden. Das schöne Frauenzimmer nahm ihr Schnupftuch, das reich mit Gold gestickt war, und als ich damit nicht verbunden seyn wollte, riß sie es sogleich in der Mitte durch und verband mich, mit der größten Anmuth, sie beruhigten sich einigermassen und wir speißten fröhlich. Nach Tische stiegen wir zu Pferde, und reisten in Gesellschaft weiter; die Edelleute waren noch nicht ganz ohne Furcht, und liessen mich kluger Weise durch das Frauenzimmer unterhalten, blieben aber immer etwas zurück. Da befahl ich meinem Diener, er sollte auch hinten bleiben, ich ritt auf meinem schönen Pferdchen neben dem Fräulein her, wir sprachen von Dingen, mit denen kein Apotheker handelt, und so gelangte ich auf die angenehmste Weise nach Rom.

Sogleich stieg ich bey dem Pallast Medicis ab, wartete dem Cardinal auf, und dankte ihm für seine Vorsorge, dann bat ich ihn, er möchte mich vor dem Gefängniß, und, wo möglich, vor der Geldstrafe schützen. Dieser Herr empfing mich aufs beste und sagte mir, ich solle nur ruhig seyn, dann wendete er sich zu einem seiner Edelleute, der Tecci hieß, und sagte ihm: er habe dem Bargell von seinetwegen zu bedeuten, daß er sich nicht unterstehen solle, mich anzurühren; dann fragte er: wie sich der befinde, den ich mit dem Stein auf den Kopf getroffen? Herr Tecci sagte: er befinde sich schlimm und werde sich noch schlimmer befinden, denn er habe versichert, daß er mir zum Verdruß sterben wolle, sobald ich nach Rom käme. Darauf sagte der Cardinal mit grossem Lachen, konnte er uns denn auf keine andere Weise zeigen, daß er von Siena herstamme? alsdann wendete er sich zu mir und sagte: beobachte, um meinet- und deinetwillen, den äussern Wohlstand und laß dich vier oder fünf Tage unter den Bänken nicht sehen, dann gehe hin, wohin du willst, und die Narren mögen nach Gefallen sterben. Ich ging nach Hause, um die angefangene Münze, mit dem Bild Papst Clemens, fertig zu machen, dazu hatte ich eine Rückseite erfunden, worauf ein Friedensbild zu sehen war. Es war ein Weibchen mit den feinsten Kleidern angethan, die, mit der Fackel in der Hand, vor einem Haufen Kriegsrüstungen stand, die wie ein Trophee verbunden waren, auch sahe man Theile eines Tempels, in welchem die Wuth gefesselt war, umher stand die Inschrift: Clauduntur belli portae. Inzwischen als ich diese Medaille fertig machte, war der Verwundete genesen. Der Papst hörte nicht auf nach mir zu fragen, und ich nahm mich auch in acht, den Cardinal Medicis zu besuchen, denn so oft ich vor ihn kam, gab er mir etwas bedeutendes zu thun, wodurch ich denn immer aufgehalten wurde. Endlich nahm sich Herr Piero Corne Secchi, ein grosser Günstling des Papstes, der Sache an und sagte mir, auf eine geschickte Weise, wie sehr der Papst wünschte, daß ich ihm dienen möchte. Darauf antwortete ich: daß ich in wenig Tagen Ihro Heiligkeit zeigen wolle, daß ich das nie vergessen noch unterlassen habe. Einige Tage darauf ward die Medaille fertig und ich prägte sie in Gold, Silber und Kupfer, zeigte sie dem Herrn Piero, der mich sogleich bey dem Papste einführte. Es geschah nach Tische, an einem schönen Tage im April, der Papst war in Belvedere und ich überreichte ihm die Münzen so wie die Stempel; er nahm sie, und sah sogleich die grosse Gewalt der Kunst ein, zeigte sie Herrn Piero und sagte: sind die Alten jemals so gut in Münzen bedient gewesen? und indessen die gegenwärtigen bald die Medaillen bald die Stempel beschauten, fing ich mit der größten Bescheidenheit zu reden an und sagte: wenn das Geschick, das mir unglücklicher Weise Ew. Heiligkeit Gnade entzog, nicht auch wieder die Folge dieses Unwillens verhindert hätte, so verlohren Ew. Heiligkeit ohne Ihre und meine Schuld einen treuen und liebevollen Diener; die böse lügenhafte Zunge meines größten Feindes hat Ew. Heiligkeit in solchen Zorn versetzt, daß Sie dem Gouverneur auf der Stelle befohlen haben, mich zu fahen und hängen zu lassen, wäre das geschehen, so hätten Ew. Heiligkeit gewiss ein wenig Reue gefühlt, denn ein Herr, gleich einem guten und tugendhaften Vater, soll auf seine Diener nicht so übereilt den schweren Arm fallen lassen, denn hinterrein kann die Reue nichts helfen, Gott hat dießmal den ungünstigen Lauf der Sterne unterbrochen und mich Ew. Heiligkeit erhalten, ich bitte künftig nicht so leicht auf mich zu zürnen.

Der Papst fuhr immer fort die Medaillen zu besehen, und hörte mir mit der größten Aufmerksamkeit zu, da aber viele grosse Herren gegenwärtig waren, schämte sich der Papst ein wenig, und, um aus dieser Verlegenheit zu kommen, wollte er von einem solchen Befehle nichts wissen. Da ich das merkte, fing ich von etwas anders an zu reden, und Seine Heiligkeit sprach von den Münzen und fragte mich, wie ich sie so künstlich hätte prägen können? da sie so groß seyen, als er sie von den Alten niemals gesehen. Darüber ward eine Weile gesprochen, er aber schien zu fürchten, daß ich ihm noch einen schlimmern Sermon halten möchte, und sagte: die Medaillen seyen sehr schön und gefielen ihm wohl, nun möchte er noch eine andere Rückseite haben, wenn es anginge. Ich versetzte, daß solches gar wohl geschehen könne, und er bestellte sich die Geschichte Mosis, der Wasser aus den Felsen schlägt, mit der Umschrift: ut bibat populus, darauf sagte er: gehe Benvenuto, sobald du fertig bist, soll auch an dich gedacht seyn. Als ich weg war versicherte der Papst, vor allen Gegenwärtigen, daß er mir reichlich wolle zu leben geben, ohne daß ich nöthig hätte, für andere zu arbeiten. Ich aber war fleissig, die verlangte neue Rückseite fertig zu machen.

Indessen ward der Papst krank, und da die Ärzte den Zustand für gefährlich hielten, vermehrte sich die Furcht meines Gegners Pompeo dergestalt, daß er einigen Neapolitanischen Soldaten auftrug mir nachzustellen, ich hatte viel Mühe mein armes Leben zu vertheidigen. Als meine Arbeit fertig war, trug ich sie sogleich zum Papste, den ich im Bett und in sehr übeln Umständen fand, mit allem dem empfing er mich sehr freundlich und wollte Münzen und Stempel sehen. Er ließ sich Licht und Brille reichen, allein er konnte nichts erkennen; darauf tastete er ein wenig mit den Fingern, seufzte tief und sagte zu denen, die zunächst standen: Benvenuto dauert mich! wenn ich aber wieder gesund werde, so soll vor ihn gesorgt seyn. In drey Tagen starb der Papst und ich hatte meine Arbeit umsonst gethan; doch sprach ich mir Trost zu, denn ich war durch diese Medaillen so bekannt geworden, daß ich hoffen konnte, jeder Papst werde mich brauchen und vielleicht besser belohnen. So beruhigte ich mich selbst, und löschte in meinem Sinne alles das grosse Unrecht aus, das mir Pompeo angethan hatte, ging bewaffnet nach St. Peter, dem todten Papst die Füsse zu küssen, welches nicht ohne Thränen abging, dann kehrte ich unter die Bänke zurück, um die grosse Verwirrung zu sehen, die bey solchen Gelegenheiten zu entstehen pflegt.

Ich saß daselbst mit vielen meiner Freunde, als Pompeo in der Mitte von zehen wohlbewaffneten Männern einher kam. Er blieb gegen mir über stehen, als wenn er Händel anfangen wollte. Meine Freunde, brave und willige Leute, winkten mir, daß ich Hand anlegen sollte, ich bedachte aber sogleich, daß, wenn ich zum Degen griffe, grosser Schaden auch für die entstehen könnte, die nicht die mindeste Schuld hätten. Und ich dachte. Es sey besser, mein Leben allein daran zu wagen.

Pompeo blieb ohngefähr zwey Ave Maria stehen, lachte verächtlich gegen mich, und da er wegging, lachten die seinigen auch, schüttelten die Köpfe und forderten uns, durch noch mehr solche unartige Zeichen, heraus. Meine Gesellen wollten sogleich Hand ans Werk legen, ich aber sagte ihnen erzürnt: um meine Händel auszumachen brauchte ich keinen braven als mich selbst, ein jeder möchte sich um sich bekümmern, ich wüßte schon was ich zu thun habe. Darüber wurden meine Freunde verdrießlich und gingen murrend hinweg. Unter ihnen war mein liebster Freund Albertaccio del Bene, ein trefflicher Jüngling, voller Muth, und der mich wie sich selbst liebte, dieser wußte wohl, daß ich mich nicht aus Kleinmuth gedultig gezeigt hatte, vielmehr erkannte er meine entschlossene Kühnheit sehr gut, deswegen bat er mich, im Weggehen, ich möchte ihn doch ja an allem, was ich vorhätte, Theil nehmen lassen. Ich antwortete ihm: Albertaccio, geliebtester unter allen meinen Freunden, es wird die Zeit kommen, da ich deiner Hülfe bedarf, aber in diesem Falle, wenn du mich liebst, bekümmere dich nicht um mich und mache, daß du fortkommst. Diese Worte sagte ich schnell. Indessen waren meine Feinde, aus den Bänken, langsam au feinen Kreutzweg gekommen, wo die Strasse nach verschiedenen Gegenden führt, und das Haus meines Feindes Pompeo war in der Gasse, die grade nach Campo di fiore geht, er war wegen einiger Geschäfte bey einem Apotheker eingetreten, und ich hörte unterwegs, daß er sich seiner Aufführung gegen mich gerühmt habe. Da war es denn auf alle Weise sein reines böses Schicksal, daß er, eben als ich an die Ecke kam, aus der Apotheke heraus trat; seine Braven hatten sich aufgethan und ihn schon in die Mitte genommen. Da drang ich durch alle hindurch, ergriff einen kleinen, spitzigen Dolch und fasste ihn bey der Brust, mit solcher Schnelle und Sicherheit des Geistes, daß ihm keiner zu Hülfe kommen konnte, ich stieß ihm nach dem Gesicht, das er vor Schrecken wegwendete, daher traf ich ihn unter dem Ohr, wohin ich ihm zwey einzige Stiche versetzte, so daß er beym zweyten mir todt in die Hände fiel. Das war nun freylich meine Absicht nicht, denn ich wollte ihn nur tüchtig zeichnen, aber wie man sagt: Wunden lassen sich nicht messen. Ich nahm den Dolch mit der linken Hand und zog mit der rechten den Degen, mein Leben zu vertheidigen, da waren alle seine Begleiter mit dem todten Körper beschäftigt, keiner wendete sich gegen mich, keiner zeigte das mindeste Verlangen mit mir zu rechten; so zog ich mich allein durch Strada Julia zurück und überlegte, wohin ich mich flüchten wollte.

Ich war kaum dreyhundert Schritte gegangen, als mich Pilotto der Goldschmied, mein grosser Freund, einholte und sagte: Lieber Bruder! da das Übel geschehen ist, so laß uns sehen, wie wir dich retten können! Darauf sagte ich: gehen wir zu Albertaccio del Bene, dem ich vor kurzem gesagt habe, es werde eine Zeit kommen, in der ich seiner bedürfe. Wir kamen zu ihm, und er empfing mich mit unschätzbaren Liebkosungen, und bald erscheinen die vornehmsten Jünglinge aller Nationen, die nur in den Bänken wohnten, ausgenommen die Mailänder, und alle erboten sich, ihr Leben zu meiner Rettung dran zu setzen; auch Herr Ludwig Rucellai schickte dringend zu mir, ich solle mich seiner auf alle Weise bedienen. Eben so thaten mehrere Männer seines gleichen, denn alle segneten mich, sie waren sämmtlich überzeugt, daß er mir allzugrossen Schaden zugefügt habe, und hatten sich oft über die Gedult, womit ich seine Feindschaft ertrug, verwundert.

In demselben Augenblick hatte Cardinal Cornaro den Handel erfahren und schickte mir aus eigner Bewegung, dreyßig Soldaten mit Partisanen, Piken und Büchsen, die mich sicher in mein Haus begleiten sollten. Ich nahm das Erbieten an und ging mit ihnen fort und wohl noch einmal so viel junge Leute begleiteten mich. Sobald Herr Trajano, der Verwandte des Entleibten, erster Kämmerer des Papstes, die Sache erfuhr, schickte er zum Cardinal Medicis einen Mailändischen Edelmann, der das grosse Übel, das ich angerichtet hatte, erzählen, und Seine Eminenz auffordern sollte, mich nach Verdienst zu bestrafen. Der Cardinal antwortete sogleich: sehr übel hätte Benvenuto gethan, das geringe Übel nicht zu thun! Dankt Hern Trajano, daß er mich von dem, was ich nicht wußte, benachrichtiget hat. Dann wandte er sich zu dem Bischoff von Trulli und sagte: seht euch sorgfältig nach meinem Benvenuto um und bringt mir ihn hierher! ich will ihn vertheidigen und schützen, und wer was gegen ihn unternimmt, hat es mit mir zu thun. Der Mailänder ging sehr beschämt weg, und der Bischoff eilte mich aufzusuchen. Er ging zum Cardinal Cornaro und sagte: der Cardinal Medicis schicke nach Benvenuto und wolle ihn in seiner Verwahrung nehmen. Der Cardinal Cornaro, der etwas seltsam und rauh wie ein Bär war, antwortete, voll Zorn, daß er mich eben so gut als der Cardinal Medicis verwahren könne. Darauf sagte der Bischoff: er wünsche mich nur über einige andere Angelegenheiten zu sprechen, der Cardinal aber versicherte ihn, daß heute daraus nichts werden könne.

Der Cardinal Medicis war hierüber äusserst aufgebracht; ich ging daher die folgende Nacht heimlich und wohlgeleitet zu ihm, und bat ihn, er möchte gnädigst geruhen, mich in dem Haus des Cornaro zu lassen, da doch dieser sich so lebhaft meiner angenommen habe. Ihre Eminenz würden mir dadurch einen neuen Freund in meinen Nöthen erwerben, übrigens aber dächte ich Denenselben nichts vorzuschreiben. Er antwortete mir: ich möchte thun, was ich für gut hielte, und so kehrte ich in das Haus des Carnaro zurück.

(1534.)

Wenig Tage darauf ward Cardinal Farnese zum Papste erwählt, und als er die wichtigsten Sachen besorgt hatte, verlangte er nach mir und sagte: ich allein solle ihm seine Münzen machen; darauf sagte einer seiner Edelleute, ich sey wegen eines Mordes flüchtig, den ich an einem Mailänder, Pompeo, begangen, und trug dabey die Ursachen, die mich zu dieser That bewogen hatten, sehr günstig vor. Ich wußte den Tod des Pompeo nicht, versetzte der Papst, aber die Ursachen des Benvenuto wußte ich wohl, deßwegen fertigt mir sogleich einen Freybrief aus, der ihn völlig sicher stelle. Dabey war ein Mailänder, ein Freund des Pompeo, gegenwärtig, welcher zum Papste sagte: es ist nicht rathsam, in den ersten Tagen Eurer Regierung solche Verbrechen zu begnadigen. Darauf wendete sich der Papst heftig zu ihm und sagte: das versteht ihr nicht! ihr mußt wissen, daß Männer, wie Benvenuto, die einzig in ihrer Kunst sind, sich an die Gesetze nicht zu binden haben, um so mehr, als ich seine Ursachen weiß. So ward mir der Schutzbrief ausgestellt, und ich fing sogleich an für ihn zu arbeiten.

Herr Latino Juvenale kam zu mir und trug mir auf, ich solle die Münzen für den Papst machen; da setzten sich alle meine Feinde in Bewegung, mich daran zu verhindern, ich aber ließ mich nicht stören und machte die Stempel zu den Scudi, worauf ich die halbe Figur St. Pauls abbildete, mit der Unterschrift: vas electionis, diese Münze gefiel weit mehr als die andern, die man mit mir um die Wette gearbeitet hatte, so daß der Papst sagte: er wolle von keinem weiter hören, ich allein solle seine Münzen arbeiten; so war ich frisch daran und Herr Latino Juvenale, der den Auftrag hatte, führte mich ein bey dem Papste. Ich hätte gern das Decret wegen der Münze wieder gehabt, allein da ließ er sich einreden und sagte: ich müßte erst wegen des Todschlags begnadigt seyn, und das könnte am Fest der heiligen Marien, im August, durch den Orden der Caporioni von Rom geschehen, denn man pflege diesem alle Jahre zu diesem Fest zwölf Verbannte zu schenken, indessen sollte mir ein anderer Freybrief ausgefertigt werden, damit ich bis auf jene Zeit ruhig seyn könne.

Da meine Feinde sahen, daß sie mich auf keine Weise von der Münze abhalten konnten, so nahmen sie einen andern Ausweg. Pompeo hatte dreytausend Ducaten Aussteuer einer natürlichen Tochter hinterlassen, und man wußte es dergestalt einzuleiten, daß ein gewisser Favorit des Herrn Pater Ludwigs, des Sohns unsers neuen Papstes, sie zum Weibe nahm. Dieser Günstling war von geringer Herkunft und von gedachtem Herrn erzogen worden, wenig erhielt er daher von diesen Geldern, denn der Herr hatte Lust sich ihrer selbst zu bedienen, dagegen trieb die Frau ihren Mann: er sollte seinem Herrn anliegen, daß man mich einfinge. Der Herr versprach es zu thun, sobald nur die Gunst des Papstes sich ein wenig würde vermindert haben. So vergingen zwey Monate, der Diener verlangte seien Mitgift, der Herr wollte nichts davon hören, sagte aber desto öfter zu ihm, und besonders zu der Frauen: daß er gewiss den Vater rächen wolle. Ich wußte zwar etwas davon, doch verfehlte ich nicht dem Herrn aufzuwarten, und er zeigte mir die größte Gunst. Von der andern Seite hatte er dem Bargell befohlen, mich einzufangen, oder mich durch irgend jemand umbringen zu lassen.

Um nun ein oder das andere zu erreichen übertrug der Bargell einem seiner Soldaten, einem gewissen korsischen Teufelchen, die Sache sobald abzuthun als möglich, und meine andern Feinde, besonders Herr Trajan, hatten dem kleinen Korsen ein Geschenk von hundert Scudi versprochen, der versicherte, daß er leichter nicht ein frisches Ey austrinken wolle. Als ich diesen Anschlag vernommen hatte, war ich auf meiner Hut, und ging meist in guter Gesellschaft und im Harnisch, wie ich dazu die Erlaubniß hatte. Der Korse, geitzig genug, dachte das Geld nur so einzustreichen, und die Sache für sich abzuthun, so daß sie mich eines Tages, im Nahmen des Herrn Ludwigs, rufen liessen. Ich ging eilig, weil er mir von einigen grossen silbernen Gefässen gesprochen hatte, die er wollte machen lassen, doch hatte ich meine gewöhnliche Waffen angelegt und ging schnell durch die Strada Julia, wo ich um diese Zeit niemand zu finden glaubte. Als ich am Ende war und mich nach dem Pallast Farnese umwenden wollte, und, nach meiner Gewohnheit, mich nach der mittlern Straße hielt, sah ich den Korsen, der aufstand, sich mir in den Weg zu stellen, ich war gefaßt, nahm mich zusammen, ging langsam und hielt mich nach der Mauer, um dem Korsen Platz zu machen und mich besser zu vertheidigen. Auch er zog sich wieder gegen die Mauer, wir waren einander ziemlich nah und ich sah in seinem ganzen Betragen, daß er mir was unangenehmes erzeigen wollte, und daß er glaubte, weil er mich allein sah, könnte es ihm gelingen, deswegen fing ich an zu reden und sagte: tapfrer Soldat, wenn es Nacht wäre, so könntet ihr sagen, ihr hättet mich für einen andern genommen, da es aber Tag ist, so wißt ihr wer ich bin. Einer der mit euch nichts zu thun gehabt habt, einer der euch nie etwas zu leide that, der aber auch nicht viel vertragen kann. Darauf blieb er mit kühner Gebärde vor mir stehen und sagte: er verstehe nicht, was ich sage. Darauf versetzte ich: weiß recht gut, was ihr wollt und was ihr sagt, aber euer Vorhaben ist schwerer und gefährlicher, als ihr denkt, und könnte euch vielleicht misslingen; bedenkt, daß ihr mit einem Manne zu thun habt, der sich gegen hundert wehren würde, und daß euer Vorhaben sich für keinen braven Soldaten schickt. Indessen war ich wohl auf meiner Hut, und wir hatten uns beyde verfärbt. Schon waren viele Leute herzugetreten, welche wohl merkten, daß unsere Worte von Eisen waren, und da mein Gegner seine Gelegenheit nicht fand, sagte er: wir sehen uns ein andermal wieder; darauf versetzte ich: brave Leute seh ich immer gerne wieder, und den, der ihnen gleicht. So ging ich weg, den Herrn aufzusuchen, der aber nicht nach mir geschickt hatte. Als ich in meine Werkstatt kam, ließ mir der Korse durch einen beyderseitigen Freund sagen: ich brauche mich vor ihm nicht mehr in acht zu nehmen, denn wir wollten gute Freude seyn, aber ich könnte mich nicht genug vorsehen, denn es hätten mir wichtige Männer den Tod geschworen, ich ließ ihm danken und nahm mich in acht, so gut ich konnte. Wenige Tage darauf vertraute mir ein Freund: Herr Peter Ludwig habe Befehl und Auftrag gegeben, daß man mich noch diesen Abend gefangen nehmen solle. Darüber besprach ich mich mit einigen Freunden, die mir zur Flucht riethen, und weil man mich um ein Uhr in der Nacht gefangen nehmen sollte, nahm ich um dreyundzwanzig Postpferde und eilte nach Florenz.

So hatte Herr Peter Ludwig, da dem Korsen der Muth gefallen war, die Sache auszuführen, aus eigner Macht und Gewalt den Befehl gegeben, mich gefangen zu nehmen, nur damit er die Tochter des Pompeo beruhigen möchte, die sich nach ihrer Mitgift erkundigte, und da nun auch dieser letzte Anschlag nicht gelang, so ersann er einen andern, von dem wir zu seiner Zeit reden wollen.

(Die Fortsetzung folgt.)

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