HomeDie Horen1797 - Stück 10V. Die Danaiden. [J. D. Gries]

V. Die Danaiden. [J. D. Gries]

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Danaos, Argiver König,
Führte seinen Szepter schwer.
Alles war ihm unterthänig,
Vom Gebirge bis ans Meer
Fern auf wilden Wogen,
War es hergezogen
Von Ägyptens heissem Strand
In das mildre Griechenland.

Doch, wie seines Landes Sonne
Flammte wild des Königs Sinn
Nur Gewalt war seine Wonne,
Herrschen nur war ihm Gewinn.
Endlich war’s gelungen,
Argolis bezwungen,
Und nach lang geführtem Krieg
Blieb ihm der gewisse Sieg.

Doch nicht ruhig konnt’ er bleiben,
Argwohn haust’ in seiner Brust;
Nimmer konnt’ er den vertreiben,
Der vertrieb’ ihm jede Lust.
Denn an allem Orte
Hört er Phöbos Worte:
Aus des Bruders Stamme droht
Dir von Eidamshand der Tod!

Und er fühlt’ des Argwohns Flamme
Wider stets im Busen glühn;
Denn aus seines Bruders Stamme
Schreken fünfzig Helden ihn.
Ihnen war zum Lohne
Der erkämpten Krone,
Seiner fünfzig Töchter Hand
Vom Tyrannen zuerkannt.

Aber seit Apollens Warnung
Sinnt er nur auf ihren Tod,
Sucht mit künstlicher Umgarnung
Abzuwenden, was ihm droht.
Endlich ist’s ersonnen!
Wie der Tag begonnen,
Ruft die Töchter er zum Thron,
Redet mit verstelltem Ton:

Seht! so weit die Blike reichen
Ist mir alles unterthan.
Meiner Macht muß alles weichen,
Mein Gebot nimmt alles an.
Doch mich freut es wenig,
Bin ich gleich der König;
Ließ ich nur, ihr Töchter ,euch,
Wenn ich sterbe, Kron’ und Reich!

Doch in meinen eignen Mauern
Haust die Hyder, die euch droht.
Meines Bruders Söhne lauern
Lange schon auf meinen Tod.
Und wenn ich nun sterbe,
Nehmen sie das Erbe,
Rauben meinem theuern Blut
Frech das vätelriche Gut.

Doch zu mindern eure Sorgen
Bin ich weislich nun bedacht.
Vor Gefahr seyd ihr Geborgen,
Habt ihr meines Wortes Acht.
Doch vor allem schwöret,
Was ihr immer höret,
Eh’ ihr mein Gebot gethan,
Bräutlich keinem Mann zu nah’n.

Und die Töchter alle schwören,
Wie der König es verlangt.
Heimlich muß nun jede hören,
Dessen sie im Herzen bangt.
Doch den fünfzig Helden
Läßt der König melden:
Heute lohnt der Töchter Hand
Euern Kampf für Kron’ und Land.

Und von tausendfachem Scheine
Wird der Hochzeitsaal erhellt
Jedem Jüngling wir die Seine
Bei dem Mahle zugesellt.
Jezt empfangen alle
Bei Trommetenschalle,
Wie der König es befahl,
Von den Braut der Goldpokal.

Was die Helden nimmer dachten,
Schlaferregend war der Trank.
Doch des Königs Augen wachten,
Als der Gatten Auge sank.
Spottend rief er: Spühret
Ihr schon Schlaf? So führet
Denn die Braut ins Brautgemach,
Doch der Bräutigam sey wach!

Und es hörte mit Erröthen
Solchen Spott der Helden Schaar.
Und beim Klange süsser Flöten
Schlich hinweg sich jedes Paar.
Aber ach! vergebens
War die Macht des Strebens;
Der verrätherische Pokal
Siegte zu der Gatten Qual.

Würde sie der Schlaf berüken –
Also war des Königs Wort –
Sollten ihre Dolche züken.
Bräute zu der Gatten Mord
Und mit raschen Händen
Sie zum Hades senden –
Mit bedeutungsvollem Wink
Gab das Zeichen er – und gieng.

Ungeduldig in der Halle
Wartete der König schon:
Haben denn die Frevler alle
Nun empfangen ihren Lohn?
Wie die Töchter kamen
Und sie dies vernahmen,
Sprachen sie: Wie sich’s gebührt
Ist dein Wille, Herr, vollführt.

Und die blut’gen Dolche zählte
Der Tyrann mit späh’nder Hand.
Doch als ihrer einer fehlte,
Neun und vierzig nur er fand;
Rief er, Wuth im Blike:
Welcher Schlange Tüke
Hat verspottet mein Gebot?
Treffe sie mit ihm der Tod!

Ach! der Töchter Jüngste hatte
Nicht vollführt den harten Spruch;
Denn es jammert sie der Gatte
Und sie wagt des Vaters Fluch
In den Schwestern brannte
Glut, die sie nicht kannte,
Von Ägyptens heissem Strand,
Doch sie zeugte Griechenland.

Hypermnestra hörte bebend,
Was der Vater grausam sprach;
Dem Gebote widerstrebend
Trat sie in das Brautgemach;
Sah den Vater winken,
Sah den Jüngling sinken –
Und mit namenlose rQual
Faßt sie den gebotnen Stahl.

Zittern hat sie ihn geschwungen –
Doch es sieget die Natur
Götter! ruft sie, nur erzwungen
War der mörderische Schwur!
Die Ägypterinnen,
Was sie auch beginnen:
In der Griechinn sanfter Brust
Wohnt nicht Mord, nur Liebeslust

Und der Dolch entsinkt den Händen,
Auf den Jüngling stürzt sie hin;
Statt den Frevel zu vollenden;
Ruft die holde Retterinn:
Mein Gemahl, erwache!
In dem Brautgemache
Harrt, statt Amors süssem Scherz,
Nur auf dich des Todes Schmerz!

Und der Jüngling dehnt die Glieder,
Wie der Schall sein Ohr berührt:
Ach! dein Trank, er macht mich müder,
Wie’s dem Bräutigam gebührt.
Bräutlich sie umfangen
Will er, voll Verlangen;
Doch mit grauenvollem Blik
Stößt den Jüngling sie zurük.

Nicht zu Hymens frohen Spielen
Sey die Kurze Zeit verwandt!
Deine Brüder – ach! sie spielen
Schon durch meiner Schwestern Hand.
Doch des Vaters Willen
Konnt’ ich nicht erfüllen –
Und noch eh’ sie enden kann,
Stürzt in’s Zimmer der Tyrann.

Und mit fürchterichem Grimme
Hört er, was die Tochter spricht;
Ruft mit wutherstikter Stimme:
Hällst du so des Schwures Pflicht?
Ha! du hast gebrochen,
Was du kaum versprochen;
Geh dann auf des Orkus Bahn
Deinem Gatten, geh’ voran!

Und das Eisen hochgeschwungen
Zeit der König rachentbrannt
Doch der Jüngling, eh’s gelungen,
Schlägt das Schwerdt ihm aus der Hand.
Rächend seine Brüder,
Stößt er wild ihn nieder
Und von dem verhassten Ort
Reißt er die Geliebte fort.

Doch mit Schreken sonder gleichen.
Wie er sich der Halle naht,
Sieht er seiner Brüder Leichen,
Sieht des Wüthrichs grause That.
Daß er umgekommen,
Wird entzükt vernommen,
Und dem Jüngling beut zum Lohn
Das befreite Volk den Thron.

Aber jene Falschen beben,
Denn es droht ein hart Gericht,
Doch die Schwester fleht ihr Leben,
Und der junge König spricht:
Wohl! troz ihren Ränken;
Will ich’s ihnen schenken;
Doch es spricht der Pflicht Gebot
Strafe für der Brüder Tod.

Und nach kunsterfahrnen Leuten
Schikt er jezt im ganzen Reich,
Läßt ein hohes Faß bereiten,
Unten einem Siebe gleich:
Euern Durst zu stillen,
Sollt ihr ewig füllen,
Aber Wasser nur, statt Blut;
So verdient’s die falsche Brut!

Und sie tragen auf und nieder;
Doch wenn kaum das Wasser schwoll,
Rinnt es aus dem Siebe wieder,
Und das Faß wird nimmer voll.
Und des Volkes Sage
Wandelte zur Plage
In des Orkus ew’ger Nacht,
Was der König weis’ erdacht.

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