HomeDie Horen1797 - Stück 2V. Benvenuto Cellini. [Benvenuto Cellini]

V. Benvenuto Cellini. [Benvenuto Cellini]

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Fortsetzung.

Unser Herzog von Florenz befand sich zu dieser Zeit, wir waren eben im August 1545, auf der Höhe von Kajano, einem Orte zehen Meilen von Florenz. Ich hielt für Schuldigkeit, ihm aufzuwarten, theils weil ich ein florentinischer Bürger war, theils weil meine Vorfahren sich immer freundschaftlich zu dem Hause Medicis gehalten hatten, und ich mehr als jemand diesen Herzog Cosmus liebte; ich hatte aber diesmal nicht die geringste Absicht bey ihm fest zu bleiben. Nun gefiel es Gott, der alles gut macht, daß gedachter Herzog mir, als er mich sah, unendliche Liebkosungen erzeigte, und, sowohl als die Herzogin, nach den Werken fragte, die ich für den König gemacht hatte. Darauf erzählte ich gerne alles und jedes, nach der Reihe. Da er mich angehört hatte, sagte er zu mir: ich habe das alles auch gehört und du redest die Wahrheit, aber welch einen geringen Lohn hast du für diese schönen und großen Arbeiten erhalten! Mein Benvenuto, wenn du etwas für mich thun wolltest, so würde ich dich ganz anders bezahlen, als dein großer König gethan hat, von dem du dich so sehr lobst. Darauf erzählte ich den grossen Dank, den ich seiner Majestät schuldig sey, daß sie mich aus einem so ungerechten Kerker gezogen, und mir sodann Gelegenheit gegeben hatte, so wundersame Arbeiten zu verfertigen, als jemals ein Künstler meiner Art gefunden hätte.

Indem ich so sprach machte der Herzog allerley Gebärden, als wenn er anzeigen wollte, daß er mich nicht hören könne. Dann als ich geendigt hatte, sagte er: wenn du ein Werk für mich machen willst, so werde ich dich dergestalt behandeln, daß du vielleicht darüber erstaunen wirst; wenn nur deine Werke mir gefallen, woran ich nicht im geringsten zweifle. Ich Armer, Unglücklicher fühlte ein großes Verlangen auch unsrer wundersamen Schule zu zeigen, daß ich indessen mich in andern Künsten geübt habe, als man vielleicht nicht glaubte, und antwortete dem Herzog, daß ich ihm gern von Erz oder Marmor eine große Statue auf seinen schönen Platz machen wolle. Darauf versetzte er, daß er von mir als erste Arbeit einen Perseurs begehre, ein solches Bildniß habe er sich schon lange gewünscht. Darauf bat er mich, ich möchte ihm ein Modell machen! das in wenig Wochen ohngefähr in der Größe einer Elle fertig ward. Es war von gelben Wachs, ziemlich geendigt und überhaupt mit großem Fleiß und vieler Kunst gearbeitet.

Der Herzog kam nach Florenz, und ehe ich ihm gedachtes Modell zeigen konnte, gingen verschiedene Tage vorbey, so daß es ganz eigentlich schien als wenn er mich weder gesehen noch gekannt hätte, und mir mein Verhältniß gegen seine Excellenz nicht gefallen wollte; doch als ich eines Tags nach der Tafel das Modell in die Garderobe brachte, kam er mit der Herzogin und wenigen andern Herrn die Arbeit anzusehen. Sie gefiel ihm sogleich, und er lobte sie außerordentlich. Da schöpfte ich ein wenig Hofnung, daß er sich einiger masen darauf verstehen könnte.

Nachdem er das Modell genug betrachtet hatte, gefiel es ihm immer mehr; darauf sagte er: wenn du mein Benvenuto dieses kleine Modell in einem großen Werk ausführtest, so würde es die schönste Arbeit seyn, die auf dem Platze stünde. Darauf sagte ich: gnädigster Herr! auf dem Platze stehen die Werke des großen Donnatello und des verwundersamen Michel Angnolo, welches beyde die größten Männer von den Alten her bis jetzt gewesen sind; indessen erzeigen Ew. Exzellenz meinem Modell eine zu große Ehre, und ich getraue mir das Werk dreimal besser zu machen. Darüber stritt der Herzog ein wenig mit mir und sagte: er verstehe sich recht gut darauf, und wisse genau was man machen könne. Da versetzte ich, meine Werke sollten seine Zweifel über diese Streitfrage auflösen, und gewiss wollte ich ihm mehr leisten, als ich verspräche, er möchte mir nur die Bequemlichkeit dazu geben, denn ohne dieselbe wäre ich nicht im Stande das große Unternehmen zu vollbringen, zu dem ich mich verbände. Darauf sagte seine Exzellenz, ich sollte ihm schriftlich anzeigen was ich verlangte, und zugleich alle Bedürfnisse bemerken, er wolle alsdann deshalb umständlichen Befehl ertheilen. Gewiss! wäre ich damals so verschmitzt gewesen, alles was zu meinem Werke nöthig war, durch einen Contract zu bedingen, so hätte ich mir nicht selbst so großen Verdruß zugezogen, den ich nachher erleben mußte, denn in diesem Augenblick schien der Herzog den besten Willen zu haben, theils Arbeiten von mir zu besitzen, theils alles nöthige deßhalb zu befehlen. Freylich wußte ich nicht, daß dieser Herr auch sonst noch großes Verlangen zu andern ausserordentlichen Unternehmungen hatte, und erzeigte mich auf das freymüthigste gegen ihn. Als ich nun mein Bittschreiben eingereicht, und der Herzog darauf vollkommen günstig geantwortet hatte, sagte ich zu demselben: Gnädigster Herr! das wahre Bittschrieben und unser wahrer Contract besteht weder in diesen Worten, noch in diesen Papieren, sondern alles kommt darauf an, ob mir meine Arbeit so gelingt, wie ich versprochen habe. Geschieht das, so kann ich hoffen, daß Ew. Exzellenz sich auch meiner Person und Ihrer Versprechungen erinnern werde. Bezaubert von diesen Worten, von meinem Handeln und Reden, erzeigte mir der Herzog und seine Gemahlin die äußerste Gunst, die sich in der Welt denken läßt. Ich, der ich große Begierde hatte, meine Arbeit anzufangen, sagte seiner Exzellenz, daß ich ein Haus nöthig hätte, worin Platz genug wäre, um meine Öfen aufzustellen, und Arbeiten von Erde und Erz zu machen, worin auch abgesonderte Räume sich befänden, um in Gold und Silber zu arbeiten, denn da ich wisse wie geneigt er sey, auch von solcher Arbeit zu bestellen, so bedürfe ich hinlängliche Zimmer um alles mit Ordnung anlegen zu können, und damit seine Exzellenz sähe, welches Verlangen ich trüge, ihr zu dienen, so habe ich schon das Haus gefunden, gerade wie ich es bedürfe, und in der Gegend die mir sehr wohlgefalle; weil ich aber nicht eher Geld oder sonst was von seiner Exzellenz verlange, bis sie meine Werke gesehen hätten, so bäte ich zwey Kleinode, die ich aus Frankreich mitgebracht habe, anzunehmen, und mir dagegen das gedachte Haus zu kaufen, sie selbst aber so lange aufzuheben, bis ich sie mit meinen Arbeiten wiedergewänne. Es waren aber diese Kleinode sehr gut gearbeitet, von der Hand meiner Gesellen nach meinen Zeichnungen.

Nachdem er sie lange genug betrachtet hatte, sagte er diese günstigen Worte, welche mir die beste Hofnung gaben: nimm Benvenuto deine Kleinode zurück, denn ich verlange dich und nicht sie, du sollst dein Haus frey erhalten. Dann schrieb er mir folgende Resolution unter meine Supplic, die ich immer aufgehoben habe: Man besehe gedachtes Haus und erkundige sich um den Preis, denn ich will Benvenuto damit zu Willen leben. Nun dachte ich des Hauses gewiss zu seyn, denn ich versprach mir sicher daß meine Werke mehr gefallen, als ich versprochen hatte.

Nächst diesem hatte seine Exzellenz ausdrücklichen Befehl seinem Haushofmeister gegeben, der Peter Franziskus Riccio hieß, von Prato gebürtig, und ehemals ein A B C Lehrer des Herzogs gewesen war. Ich sprach mit dieser Bestie, und sagte ihr alles was ich bedürfte. Denn in dem Garten des gedachten Hauses, wollte ich meine Werkstatt aufbauen. Sogleich gab der Mann einem gewissen Cassier den Auftrag, der ein trockner und spitzfindiger Mensch war, und Lactantio Gorini hieß. Dieses Menschchen, mit seinen Spinnemanieren und einer Mückenstimme, thätig wie ein Schnecke, ließ mir, mit genauer Noth, nur so viel Steine, Sand und Kalk ins Haus fahren, daß man nicht gar einen Taubenschlag daraus hätte bauen können. Da ich sahe, daß die Sachen so böslich kalt vorwärts gingen, fing mir an der Muth zu fallen, doch sagte ich manchmal zu mir selbst: kleine Anfänge haben ein großes Ende! und machte mir wieder Hofnung, wenn ich betrachtete, wie viele tausend Ducaten der Herzog, an gewisse häßliche Unformen, von der Hand des bestialischen Baccio Bandinello, weggeworfen hatte. So machte ich mir selbsten Muth, und bließ den Lactantio Gorini in den H…, und, um ihn nur vom Platze zu bringen, heilt ich mich an einige lahme Esel und einen Blinden, der sie führte.

Unter allen diesen Schwierigkeiten hatte ich die Lage der Werkstatt entworfen, hieb Weinstöcke und Bäume nieder, nach meiner gewöhnlichen lebhaften Art, und ein wenig wüthend. Zu meinem Glück hatte ich von der andern Seite Tasso, den Zimmermann, zur Hand, und ich ließ ihn ein Gerippe von Holz machen, um gedachten Perseus im großen anzufangen. Tasso war ein treflicher Arbeiter, ich glaube der größte von seiner Profession, dabey gefällig und froh, und so oft ich zu ihm kam, eilte er mir entgegen, und sang ein Liedchen durch die Fistel, und ich, der ich schon halb verzweifelt war, sowohl weil ich hörte, daß die Sache in Frankreich übel ginge, als auch weil ich mir hier wenig von dem kalten und langsamen Wesen versprach, mußte doch wenigstens über die Hälfte seines Liedchens anhören. Manchmal erheiterte ich mich mit ihm, und suchte wenigstens einen Theil meiner verzweifelten Gedanken los zu werden.

So hatte ich nun, wie oben gesagt, alles in Ordnung gebracht, und suchte vorwärts zu gehen, um so schnell als möglich jenes große Unternehmen vorzubereiten. Schon war ein Theil des Kalks verwendet, als ich auf einmal zu gedachtem Haushofmeister gerufen wurde. Ich fand ihn nach der Tafel in dem Saale der Uhr, und als ich mit der größten Ehrfurcht zu ihm trat, fragte er mich, mit der größten Strenge, wer mich in das Haus eingesetzt habe? und mit welcher Befugniß ich darin angefangen habe, mauren zu lassen? Er verwundere sich sehr, wie ich so kühn und anmaslich seyn könne. Darauf antwortete ich: seine Exzellenz der Herzog habe mich in dieses Haus eingewiesen, und im Nahmen desselben der Herr Haushofmeister selbst, indem er darüber den Auftrag an Lattantio Gorini gegeben; dieser Lattantio habe Steine, Sand und Kalk, anfahren lassen, und nach meinem Verlangen alles besorgt, Ebenderselbe versichere mich: er habe dazu Befehl von dem Herrn, der gegenwärtig diese Frage an mich thue.

Als ich diese Worte gesagt hatte, wendete sich gedachte Bestie mit mehr Bitterkeit zu mir als vorher, und sagte, daß weder jener, noch irgend jemand den ich anführe, die Wahrheit gesprochen habe. Darauf wurde ich unwillig und sagte: o! Haushofmeister! so lange Dieselben der edlen Stelle gemäß leben, welche Sie bekleiden, so werde ich Sie verehren, und mit derjenigen Unterwürfigkeit zu Ihnen sprechen, als wenn ich mit dem Herzog selbst redete; handeln Sie aber anders, so werde ich nur den Peter Franziskus del Riccio vor mir sehen. Da wurde der Mensch so zornig, daß ich dachte er wollte auf der Stelle närrisch werden, um früher zu seinem Schicksale zu gelangen, das ihm der Himmel schon bestimmt hatte, und sagte zu mir, mit einigen schimpflichen Worten: er verwundere sich nur wie ich zu der Ehre komme, mit einem Manne seines gleichen zu reden. Darauf rührte ich mich, und sagte: nun hört mich, Franziskus del Ricdio, ich will euch sagen, wer meines gleichen sind; aber vorher sollt ihr wissen: eures gleichen sind Schulmeister, die Kindern das Lesen lehren. Als ich diese Worte gesprochen hatte, erhub der Mann mit zornigem Gesichte die Stimme, und wiederholte seine Worte, auch ich machte ein Gesicht wie unter den Waffen, und weil er so groß that, so zeigte ich mich auch übermüthig, und sagte: meines gleichen seyen würdig mit Päpsten, Kaisern und großen Königen zu sprechen, meines gleichen ginge vielleicht nur Einer durch die Welt, und von seiner Art durch jede Thüre ein Dutzend aus und ein. Als er diese Worte vernahm, sprang er auf ein Fenstermäuerchen, das im Saal war, dann sagte er mir, ich solle noch einmal die Worte wiederholen, deren ich mich bedient hätte, und ich wiederholte sie mit noch mehr Kühnheit als vorher. Ferner sagte ich, es kümmere mich gar nicht dem Herzog zu dienen, ich wolle nach Frankreich zurück, welches mir völlig frey stehe. So blieb die Bestie erstaunt und erdfarb, und ich entfernte mich voller Verdruß, in der Absicht in Gottesnahmen fortzugehen, und wollte Gott! ich hätte sie nur ausgeführt.

Ich wollte nicht, daß der Herzog sogleich diese Teufely erfahren sollte, deswegen hielt ich mich einige Tage zu Hause, und hatte alle Gedanken auf Florenz aufgegeben, außer was meine Schwestern und meine Nichten betraf, die ich durch Empfehlungen und Vorsorge, so gut als möglich, eingerichtet hinterlassen, nach Frankreich zurück kehren und mir Italien aus dem Sinne schlagen wollte. Und so hatte ich mir vorgenommen, so geschwind als möglich alles in Ordnung zu bringen, und ohne Urlaub des Herzogs, oder jemand anders, davon zu gehen.

Eines Morgens ließ mich aber gedachter Haushofmeister, von selbst, auf das höflichste rufen, und fing an eine gewisse pedantische Rede herzusagen, in der ich weder Art, noch Anmuth, noch Kraft, weder Anfang noch Ende finden konnte, ich hörte nur daß er sagte: er wolle, als ein guter Christ, keinen Haß gegen Jemanden hegen, vielmehr frage er mich, im Nahmen des Herzogs, was für eine Besoldung ich zu meinem Unterhalt verlange? Darauf besann ich mich ein wenig und antwortete nicht, fest entschlossen, nicht da zu bleiben. Als er sahe, daß ich nicht antwortete, hatte er so viel Verstand zu sagen: o! Benvenuto! den Herzogen antwortet man, und ich rede gegenwärtig im Nahmen seiner Exzellenz mit dir. Darauf versetzte ich, mit einiger Zufriedenheit: er solle seiner Exzellenz sagen, ich wolle keinem nachstehen, der in meiner Kunst arbeitete. Darauf sagte der Haushofmeister. Bandinello hat zweyhundert Scudi Besoldung, bist du damit zufrieden, so ist deine Pension gemacht. Ich sagte daß ich zufrieden sey, und das was ich mehr verdiente, möchte man mir geben, wenn man meine Werke sähe, ich wolle dem guten Urtheil seiner Exzellenz alles überlassen. So knüpfte ich den Faden wider meinen Willen aufs neue fest, und machte mich an die Arbeit, indem mir der Herzog so unendliche Gunst bezeugte, als man sich in der Welt nur denken kann.

Ich hatte indessen öfters Briefe aus Frankreich, von meinem treusten Freunde Herrn Guido Guidi gehabt, auch in diesen war nichts als alles Gutes enthalten. Askanio schrieb mir auch und bat mich, ich solle mir einen guten Tag machen, und wenn irgend etwas begegne, so wolle er mir es melden. Indessen sagte man dem König, daß ich angefangen habe, für den Herzog in Florenz zu arbeiten, und weil es der beste Mann von der Welt war, so sagte er oft, warum kommt Benvenuto nicht wieder? Und als er sich deßhalb besonders bey meinen Gesellen erkundigte, sagten beyde zugleich, ich schriebe ihnen, daß ich mich aufs beste befände, und sie glaubten, daß ich kein Verlangen trüge, in Ihro Majestät Dienste zurück zu kehren. Als der König diese verwegenen Worte vernahm, deren ich mich niemals bedient hatte, ward er zornig und sagte: da er sich von uns, ohne irgend eine Ursache entfernt hat, so werde ich auch nicht mehr nach ihm fragen, er bleibe wo er ist. So hatten die Erzschelmen die Sache zu dem Puncte gebracht, den sie wünschten, denn wenn ich wieder nach Frankreich zurückgekehrt wäre, hätten sie wieder, wie vorher, als Arbeiter unter mir gestanden; blieb ich aber hinweg, so lebten sie frey und auf meine Kosten, und so wendeten sie alles an um mich entfernt zu halten.

Indessen ich die Werkstatt mauern ließ, um den Perseus darin anzufangen, arbeitete ich im Erdgeschosse des Hauses, und machte den Perseus von Gyps, und zwar von derselbigen Größe wie er werden sollte, in der Absicht ihn nachher von diesem Modell abzugießen. Als ich aber bemerkte, daß die Arbeit auf diesem Wege mir ein wenig zu lange dauerte, so griff ich zu einem andern Mittel, denn schon war ein bischen Werkstatt, Ziegel auf Ziegel, so erbärmlich aufgebaut, daß es mich ärgert, wenn ich nur wieder daran denke. Da fieng ich die Figur, sowohl als auch die Meduse, vom Geripp an, das ich von Eisen machte. Dann verfertigte ich die Statuen von Thon, und brannte sie, allein, mit einigen Knaben, unter denen einer von großer Schönheit war, der Sohn einer Dirne, die Gambetta genannt. Ich hatte mich dieses Knabens zum Modell bedient, denn wir finden keine andere Bücher die Kunst zu lernen, als die Natur. Nun aber suchte ich mir geübte Arbeiter, um das Werk schnell zu vollenden; aber ich konnte keine finden, und doch allein nicht alles thun. Nun waren wohl einige in Florenz, die gerne gekommen wären, wenn sie Bandinello nicht verhindert hätte, der, indem er mich so aufhielt, noch dabey zum Herzog sagte, ich wolle ihm seine Arbeiter entziehen, denn mir selbst sey es nicht möglich eine große Figur zusammen zu setzen. Ich beklagte mich beym Herzog über den großen Verdruß, den mir die Bestie machte, und bat ihn, daß er mir einige Arbeitsleute zugestehen möge. Diese Worte machten den Herzog glauben, daß Bandinello wahr rede. Als ich das nun bemerkte, nahm ich mir vor, alles, so viel als möglich allein zu thun, und gab mir alle erdenkliche Mühe. Indessen ich mich nun so Tag und Nacht bemühte, ward der Mann meiner Schwester krank, und als er in wenigen Tagen starb, hinterließ er mir meine jüngere Schwester mit sechs Töchtern, große und kleine; das war meine erste Noth, die ich in Florenz hatte, Vater und Führer einer solchen zerstöhrten Familie zu sein.

Nun wollte ich aber, daß alles gut gehen sollte, und da mein Garten sehr verwildert war, suchte ich zwey Tagelöhner, die man mir von Ponte Vecchio zuführte. Der eine war ein alter Mann von siebzig Jahren, der andere ein Jüngling von achtzehn. Als ich sie drey Tage gehabt hatte, sagte mir der Jüngling, der Alte wolle nicht arbeiten und ich thäte besser ihn wegzuschicken, denn er sey nicht allein faul, sondern verhindere auch ihn, den Jungen, etwas zu thun, dabey versicherte er mir, er wolle die wenige Arbeit allein verrichten, ohne daß ich das Geld an andere Leute wegwürfe. Als ich sah daß dieser Mensch, der Bernardino Mannellini von Lugello hieß, so ein fleisiger Arbeiter war, fragte ich ihn, ob er bey mir als Diener bleiben wolle, und wir wurden sogleich darüber einig; dieser Jüngling besorgte mir ein Pferd, arbeitete im Garten, und gab sich alle Mühe mir auch in der Werkstatt zu helfen, so daß er, nach und nach, die Kunst mit so vieler Geschicklichkeit lernte, daß ich nie eine bessere Beyhülfe als ihn gehabt habe. Nun nahm ich mir vor, mit diesem alles zu machen, um dem Herzog zu zeigen, daß Bandinello gelogen habe, und daß ich recht gut ohne seine Arbeiter fertig werden könne.

Zu derselben Zeit litt ich ein wenig an der Nierenkrankheit, und weil ich meine Arbeit nicht fortsetzen konnte, hielt ich mich gern in der Garderobe des Herzogs auf, mit einigen jungen Goldschmieden, die Johann Paul und Domeniko Poggini hießen. Diese ließ ich ein goldnes Gefäßchen, ganz mit erhabenen Figuren und andern schönen Zierrathen gearbeitet, verfertigen; seine Exzellenz hatte dasselbe der Herzogin zum Wasserbecher bestellt. Zugleich verlangte er von mir, daß ich ihm einen goldenen Gürtel machen solle, und auch dieses Werk war aufs reichste mit Juwelen und andern gefälligen Erfindungen von Masken, und dergleichen vollendet. Der Herzog kam sehr oft in die Garderobe, und fand ein großes Vergnügen, bey der Arbeit zuzusehen, und mit mir zu sprechen. Da ich mich von meiner Krankheit etwas erholt hatte, ließ ich mir Erde bringen, und indessen der Herzog auf und ab ging, portraitirte ich ihn weit über Lebensgröße. Diese Arbeit gefiel seiner Exzellenz sowohl, und er warf so große Neigung auf mich, daß er sagte: es werde ihm das größte Vergnügen seyn, wenn ich im Pallast arbeiten wollte, und mir darin Zimmer aussuchte, wo ich meine Öfen aufbauen, und was ich sonst bedürfte, aufs beste einrichten könnte; denn er habe an solchen Dingen das größte Vergnügen. Darauf sage ich seiner Exzellenz, es sey nicht möglich, denn ich würde die Arbeit in hundert Jahren nicht vollenden.

Die Herzogin erzeigte mir gleichfalls unschätzbare Liebkosungen, und hätte gewünscht, daß ich nur allein für sie gearbeitet, und weder an den Perseus noch an etwas anders gedacht hätte. Ich konnte mich dieser eiteln Gunst nicht erfreuen, denn ich wußte wohl, daß mein böses und widerwärtiges Schicksal ein solches Glück nicht lange dulden, sondern mir ein neues Unheil zubereiten würde; ja es lag mir immer im Sinne wie sehr übel ich gethan hatte, um zu einem so großen Gute zu gelangen. Denn was meine französischen Angelegenheiten betraf, so konnte der König den großen Verdruß nicht verschlucken, den er über meine Abreise gehabt hatte, und doch hätte er gewünscht, daß ich wieder käme, freylich auf eine Art die ihm Ehre brächte; ich glaubte aber so viel Ursachen zu haben, um mich nicht erst zu demüthigen, denn ich wußte wohl wenn ich diesen ersten Schritt gethan hätte, und vor denen Leuten als ein gehorsamer Diener erschienen wäre, so hätten sie gesagt ich sey der Sünder! und verschiedene Vorwürfe, die man mir fälschlich gemacht hatte, seyen gegründet. Deswegen nahm ich mich zusammen, und schrieb, als ein Mann von Verstande, in strengen Ausdrücken über meine Angelegenheiten. Darüber hatten meine beyden verrätherischen Zöglinge die größte Freude; denn ich rühmte mich und meldete ihnen die großen Arbeiten, die mir in meinem Vaterlande, von einem Herrn und einer Dame aufgetragen worden wären, die unumschränkte Herrn von Florenz seyen. Mit einem solchen Briefe gingen sie zum König, und drangen in seine Majestät, ihnen mein Kastell zu überlassen, auf die Weise wie er mir es gegeben hatte. Der König, der ein guter und vortreflicher Herr war, wollte niemals die verwegenen Forderungen dieser beyden Spitzbübchen verwilligen, denn er sah wohl ein, worauf ihre boshaften Absichten gerichtet waren. Um ihnen jedoch einige Hofnung zu geben, und mich zur Rückkehr zu veranlassen, ließ er mir, auf eine etwas zornige Weise, durch einen seiner Schatzmeister schreiben. Dieser hieß Herr Julian Buonacorso, ein Florentinischer Bürger, der Brief enthielt: daß wenn ich wirklich den Nahmen eines rechtschafnen Mannes, den ich immer gehabt habe, behaupten wolle, so sey ich nun, da ich für meine Abreise keine Ursache anführen könne, ohne weiteres verbunden, Rechenschaft von allem zu geben, was ich von seiner Majestät in Händen gehabt, und was ich für sie gearbeitet habe. Als ich diesen Brief erhielt, war ich äußerst vergnügt, denn ich hätte, selbst nicht mehr, noch weniger verlangen können. Nun machte ich mich daran, und füllte neun Bogen gewöhnlichen Papiers, und bemerkte darauf alle Werke, die ich gemacht hatte, alle Zufälle, die mir dabey begegnet waren, und die ganze Summe des darauf verwendeten Geldes. Alles war durch die Hand von zwey Notarien und eines Schatzmeisters gegangen, und alles von denen Leuten, an die ich ausgezahlt hatte, eigenhändig quittirt, sie mochten das Geld für Materialien, oder für Arbeitslohn erhalten haben. Ich zeigte daß mir davon nicht ein Pfennig in die Tasche gefallen war, und daß ich für meine geendigten Werke nichts in der Welt erhalten hatte, außer einigen würdigen königlichen Versprechungen, die ich mit nach Italien genommen hatte; ich fügte hinzu: daß ich mich nicht rühmen könne, etwas anderes für meine Werke empfangen zu haben, als eine ungewisse Besoldung, die mir zu meinem Bedürfniß ausgesetzt war, und darauf sey man mir noch über siebenhundert Goldgülden schuldig, die ich deswegen habe stehen lassen, damit sie mir zu meiner Rückreise dienen könnten. Ich merke wohl, fuhr ich fort, daß einige boshafte neidische Menschen mir einen bösen Dienst geleistet haben, aber die Wahrheit muß doch siegen, und es ist mir um die Gunst des allerchristlichsten Königs, und nicht um Geld zu thun, denn ich bin überzeugt weit mehr geleistet zu haben, als ich antrug, und doch sind mir dagegen nur Versprechungen erfolgt, mir ist einzig daran gelegen in seiner Majestät Gedanken als ein braver und reiner Mann zu erscheinen, dergleichen ich immer war, und wenn seien Majestät den geringsten Zweifel hegen wollten, so würde ich auf den kleinsten Wink sogleich erscheinen, und mit meinem eignen Leben Rechenschaft ablegen; da ich über sehe, daß man so wenig aus mir macht, so habe ich nicht wollen wieder zurückkehren und mich anbieten, denn ich weiß daß ich immer Brod finde, wo ich auch hingehe, und wenn man Ansprüche an mich macht, so werde ich zu antworten wissen. Übrigens waren in diesen Briefen noch manche Nebenumstände bemerkt, die vor eine so großen König gehören, und zur Vertheidigung meiner Ehre gereichten. Diesen Brief, ehe ich ihn wegschickte, trug ich zu meinem Herzog, der ihn mit Zufriedenheit durchlas, dann schickte ich ihn sogleich nach Frankreich, unter der Addresse des Cardinals von Ferrara.

Zu der Zeit hatte Bernardone Baldini, der Juwelenhändler seiner Exzellenz, einen Diamanten von Venedig gebracht, der mehr als fünf und dreißig Karat wog, auch hatte Antonio Vittorio Landi einiges Interesse diesen Stein dem Herzog zu verkaufen. Der Stein war erst ein Rosette gewesen, weil er aber nicht jene glänzende Klarheit zeigte, wie man an einem solchen Juwel verlangen konnte, so hatten die Herrn die Spitze wegschleifen lassen, und nun nahm er sich als Brilliant auch nicht sonderlich aus. Unser Herzog, der die Juwelen äußerst liebte, gab dem Schelmen Bernardo gewisse Hofnung, daß er diesen Diamanten kaufen wolle, und weil Bernardo allein die Ehre haben wollte, den Herzog zu hintergehen, so sprach er mit seinem Gesellen niemals von der Sache. Gedachter Antonio war von Jugend auf mein großer Freund gewesen, und weil er sahe, daß ich bey unserm Herzog immer aus und einging, so rief er mich eines Tages bey Seite, es war gegen Mittag, an der Ecke des neuen Marktes und sagte zu mir: Benvenuto ich bin gewiss, der Herzog wird euch einen gewissen Diamanten zeigen, den er Lust hat zu kaufen, ihr werdet einen herrlichen Diamanten sehen, helft zu dem Verkaufe, ich kann ihn vor siebzehntausend Scudi hingeben, und wenn der Herzog euch um Rath fragt, und ihr ihn geneigt zum Handel seht, so wird sich schon was thun lassen, daß er ihn behalten kann. Antonio zeigte große Sicherheit dieses Juwel los zu werden, und ich versprach ihm, daß wenn man mir sie zeigte, so wollte ich alles sagen, was ich verstünde, ohne dem Steine Schaden zu thun.

Nun kam, wie ich oben gesagt habe, der Herzog alle Tage einige Stunden in die Werkstatt der Goldschmiede, in der Nähe von seinem Zimmer, und ohngefähr acht Tage, nachdem Antonio Landi mit mir gesprochen hatte, zeigte mir der Herzog nach Tische den gedachten Diamanten, den ich, an den Zeichen die mir Antonio gegeben hatte, sowohl der Gestalt als dem Gewicht nach, leicht erkannte, und da der Diamant, wie schon gesagt, von etwas trüblichem Wasser war, und man die Spitze deshalb abgeschliffen hatte, so wollte mir die Art und Weise desselben gar nicht gefallen, und ich würde ihm von diesem Handel abgerathen haben. Daher, als mir seine Exzellenz den Stein zeigte, fragte ich was er wolle, daß ich sagen solle? denn es sey ein Unterschied bey den Juwelieren einen Stein zu schätzen, wenn ihn ein Herr schon gekauft habe, oder ihm den Preiß zu machen, wenn er ihn kaufen wolle. Darauf sagte der Herzog mir, er habe ihn gekauft, und ich sollte nur meine Meinung sagen. Da konnte ich nicht verfehlen, auf eine bescheidne Weise, das Wenige anzuzeigen, was ich von dem Edelstein verstand. Er sagte mir ich solle die Schönheit der langen Facetten sehen, die der Stein habe; darauf sagte ich es sey das eben keine große Schönheit, sondern vielmehr nur eine abgeschliffne Sitze; darauf gab mein Herr, welcher wohl einsah, daß ich wahr rede, eine Ton des Verdrusses von sich, und sagte, ich solle den Werth des Edelsteins betrachten, und sagen was ich ihn schätze. Da nun Antonio Landi den Stein für siebzehntausend Scudi angeboten hatte, glaubte ich der Herzog habe höchstens fünfzehntausend dafür bezahlt, und weil ich sah daß er übel nahm, wenn ich die Wahrheit sagte, so wollte ich ihn in seiner falschen Meinung erhalten und sagte, indem ich ihm den Diamant zurück gab, achtzehntausend Scudi habt ihr bezahlt; da that der Herzog einen großen Ausruf, und machte mit dem Mund ein O größer als die Öfnung eines Brunnens, und sagte: nun sehe ich, daß du dich nicht darauf verstehst. Ich versetzte: Gnädiger Herr! ihr seht nicht recht. Wenn ihr euch bemüht den Ruf eures Edelsteins zu erhalten, so werde ich bemüht seyn, mich drauf zu verstehn. Sagt mir wenigstens wie viel ihr bezahlt habt, damit ich auf Weise Ew. Exzellenz mich drauf verstehen lerne. Der Herzog ging mit einer etwas verdrießlichen Miene weg, und sagte fünfundzwanzigtausend Scudi und mehr, Benvenuto, habe ich dafür gegeben. Das geschah in der Gegenwart von den beyden Poggini, den Goldschmieden, und Bacchiacca, der Sticker, der in einem benachbarten Zimmer arbeitete, kam auf diesen Lärm herbeygelaufen, vor diesen sagte ich, ich würde ihm nicht gerathen haben, den Stein zu kaufen, hätte er aber ja Lust dazu gehabt, so hat mir ihn Antonio Landi, vor acht Tagen, für siebzehntausend Scudi angeboten, und ich glaube vor fünfzehntausend, ja noch für weniger, hätte man ihn bekommen, aber der Herzog will seinen Edelstein in Ehren erhalten, ob ihm gleich Bernardone eine so abscheulichen Betrug gespielt hat, er wird es niemals glauben, wie die Sache sich eigentlich verhält. So sprachen wir unter einander und lachten über die Leichtgläubigkeit des guten Herzogs.

Ich hatte schon die Figur der Meduse, wie gesagt, ziemlich weit gebracht, über das Gerippe von Eisen war die Gestalt, gleichsam anatomisch übergezogen, ohngefähr um einen halben Finger zu mager. Ich brannte sie aufs beste, dann brachte ich das Wachs drüber, um sie zu vollenden, wie sie dereinst in Erz werden sollte. Der Herzog, der oft gekommen war mich zu sehen, war so besorgt, der Guß möchte mir nicht gerathen, daß er wünschte ich möchte einen Meister zu Hülfe nehmen, der diese Arbeit verrichtete. Diese Gunst des Herrn ward mir sehr beneidet, und weil er oft mit Zufriedenheit von meiner Unterhaltung sprach, so dachte sein Haushofmeister nur auf eine Gelegenheit um mir den Hals zu brechen. Der Herzog hatte diesem schlechten Mann, der von Prato, und also ein Feind aller Florentiner war, große Gewalt gegeben, und ihn, aus einem Sohn eines Böttchers, aus einen ungewissen und elenden Pedanten, bloß weil er ihn in seiner Jugend unterrichtet hatte, als er an das Herzogthum noch nicht denken konnte, zum Oberaufseher der Policeydiener, und aller Gerichtsstellen der Stadt Florenz gemacht. Dieser, als er mit aller seine Wachsamkeit mir nichts übels thun, und seine Klauen nirgends einschlagen konnte, fiel endlich auf einen Weg zu seinem Zweck zu gelangen. Er suchte die Mutter meines Lehrpurschen auf, der Cencio hieß, ein Weib der man den Nahmen die Gambetta gegeben hatte. Nun machte der pedantische Schelm mit der höllischen Spitzbübin einen Anschlag, um mich in Gottes Nahmen fortzutreiben. Sie hatten auch einen Bargell auf ihre Seite gebracht, der ein gewisser Bologneser war, und den der Herzog nachher wegen ähnlicher Streiche wegjagte. Als nun die Gambetta den Auftrag von dem schelmischen pedantischen Narren, vom Haushofmeister erhalten hatte, kam sie eine Sonnabendsnacht, mit ihrem Sohne, zu mir, und sagte sie habe das Kind um meines Wohles willen einige Tage eingeschlossen. Darauf antwortete ich ihr, um meinetwillen solle sie ihn gehen lassen wohin er wolle. Ich lachte sie aus und fragte warum sie ihn eingeschlossen habe? Sie antwortete, weil er mit mir gesündigt habe; so sey ein Befehl ergangen, uns beyde einzuziehen. Darauf sagte ich, halb erzürnt, wie hab ich gesündigt? fragt den Knaben selbst. Sie fragte darauf den Sohn ob es nicht wahr sey? Der Knabe weinte, und sagte nein! Darauf schüttelte die Mutter den Kopf und sagte zum Sohne: du Schelm, ich weiß wohl nicht wie das zugeht! dann wendete sie sich zu mir, und sagte, ich solle ihn im Hause behalten, denn der Bargell suche ihn, und werde ihn überall wegnehmen, nur nicht aus meinem Hause. Darauf sagte ich: ich habe bey mir eine verwittbete Schwester, mit sechs frommen Töchtern, und ich will niemand bey mir haben. Darauf sagte sie: der Haushofmeister habe dem Bargell die Commission gegeben, man solle suchen mich auf alle Weise gefangen zu nehmen. Da ich aber den Sohn nicht im Hause behalten wolle, so sollte ich ihr hundert Scudi geben, und weiter keine Sorge haben, denn der Haushofmeister sey ihr größter Freund, und sie werde mit ihm machen, was sie wolle, wenn ich ihr das verlangte Geld gäbe. Ich war indessen ganz wüthend geworden, und rief: weg von hier, nichtswürdige Hure! thät ich es nicht aus Achtung gegen die Welt, und wegen der Unschuld eines unglücklichen Kindes, so hätte ich dich schon mit diesem Dolche ermordet, nach dem ich zwey, dreymal gegriffen habe. Mit diesen Worten, und mit viel schlimmen Stößen, warf ich sie und das Kind zum Hause hinaus.

Da ich aber nachher bey mir die Verruchtheit und Gewalt des verwünschten Pedanten betrachtete, überlegte ich, daß es besser sey, dieser Teufeley ein wenig aus dem Wege zu gehen, und nachdem ich Morgens zu guter Zeit meiner Schwester Juwelen und andere Dinge, für ohngefähr zweytausend Scudi, aufzuheben gegeben hatte, stieg ich zu Pferde, und machte mich auf den Weg nach Venedig, und nahm meinen Bernardin von Mugello mit. Als ich nach Ferrara kam, schrieb ich seiner Exzellenz dem Herzog, so wie ich ohne Urlaub weggegangen sey, so wollte ich auch ohne Befehl wieder kommen. Als ich nach Venedig kam und betrachtete, auf wie verschiedene Weise mein grausames Schicksal mich verfolgte, tröstete ich mich, da ich mich so munter und frisch befand, und nahm mir vor, mit ihm auf meine gewöhnliche Weise zu scharmuzziren. Indessen ich so an meine Umstände dachte, vertrieb ich mir die Zeit in dieser schönen und reichen Stadt. Ich besuchte den wundersamen Titian den Mahler, und Meister Jacob del Sansovino einen treflichen Bildhauer und Baumeister; einen unserer Florentiner, den die Venezianischen Obern sehr reichlich unterhielten. Wir hatten uns in Rom und Florenz, in unserer Jugend genau gekannt. Diese beyden treflichen Männer erzeigten mir viel Liebkosungen. Den andern Tag begegnete ich Herrn Lorenz Medicis, der mich sogleich bey der Hand nahm, und mir aufs freundlichste zusprach, denn wir hatten uns in Florenz gekannt, als ich die Münzen des Herzogs Alexanders verfertigte, und nachher in Paris als ich im Dienste des Königs war. Damals wohnte er im Haus des Herrn Julian Buonakorsi und weil er ohne seine größte Gefahr sich nicht überall durfte sehen lassen, brachte er die meiste Zeit in meinem Schlößchen zu, und sah mich an jenen großen Werken bey der Hand, und führte mich in sein Haus, wo ich den Herrn Prior Strozzi fand, den Bruder des Herrn Peters. Sie freuten sich, und fragten wie lange ich in Venedig bleiben wolle? denn sie dachten es sey meine Absicht nach Frankreich zurückzukehren. Da erzählte ich ihm die Ursache, warum ich aus Florenz gegangen sey, und daß ich in zwey, drey Tagen wieder zurück gehe, meinem Großherzog zu dienen. Auf diese Worte wendeten sich beyde mit solchem Ernst und Strenge zu mir, daß ich mich wirklich äußerst fürchtete, und sagten: du thätest besser nach Frankreich zu gehen, wo du reich und bekannt bist; was du da gewonnen hast, wirst du alles in Florenz verlieren, und daselbst nur Verdruß haben.

Ich antwortete nichts auf ihre Reden, und verreiste den andern Tag, so geheim als ich konnte, und nahm den Weg nach Florenz.

Indessen war die Teufeley gegen mich reif geworden, denn ich hatte meinem Großherzog die ganze Ursache geschrieben, die mich von Florenz entfernt hatte. So ernst und klug er war, durfte ich ihn doch ohne Ceremonien besuchen. Nach einer kurzen ernsthaften Stille, redete er mich freundlich an, und fragte, wo ich gewesen sey? Ich antwortete, mein Herz sey nicht ein Finger breit von seiner Exzellenz entfernt gewesen, ob mich gleich die Umstände genöthigt hätten, den Körper ein wenig spatzieren zu lassen. Darauf ward er noch freundlicher, fragte nach Venedig, und so discurirten wir ein wenig. Endlich sagte er zu mir, ich solle fleißig seyn und ihm seinen Perseus endigen.

So ging ich nach Hause, fröhlich und munter, erfreute meine Familie, meine Schwester nämlich, mit ihren sechs Töchtern, nahm meine Werke wieder vor, und arbeitete daran mit aller Sorgfalt. Das erste, was ich in Erz goß, war das große Bildniß seiner Exzellenz, das ich in dem Zimmer der Goldschmiede bossirt hatte, indessen ich nicht wohl war. Dieses Werk gefiel, ich hatte es aber eigentlich nur unternommen, um die Erden zu versuchen, welche zu den Formen geschickt seyen, denn ich bemerkte wohl, daß Donnatello, der bey seinen Arbeiten in Erz sich auch der Florentinischen Erden bedient hatte, dabey sehr große Schwierigkeiten fand, und da ich dachte daß die Schuld an der Erde liege, so wollte ich, ehe ich den Guß meines Perseus unternahm, einen Fleiß sparen, um die beste Erde zu finden, welche der wundersame Donnatell nicht mußte gekannt haben, weil ich eine große Mühseligkeit an seinen Werken bemerkte. So setzt eich nun zuletzt auf künstliche Weise die Erde zusammen, die mir aufs beste diente, und so gerieth mir der Guß des Kopfes; weil ich aber meinen Ofen noch nicht fertig hatte, bediente ich mich der Werkstatt des Meisters Zanobi, von Pagno, des Glockengiesers, und da ich sah, daß der Kopf sehr rein ausgefallen war, erbaute ich sogleich einen kleinen Ofen in der Werkstatt, die auf Befehl des Herzogs, nach meiner Angabe und Zeichnung in dem Hause, das er mir geschenkt hatte, errichtet worden war, und sobald mein Ofen mit aller möglichen Sorgfalt sich in der Ordnung befand, macht eich Anstalt die Statue der Meduse zu giesen, die Figur nämlich des verdrehten Weibchens, das sich unter den Füßen des Perseus befindet. Da dieses nun ein sehr schweres Unternehmen war, so unterließ ich nichts von allem dem, was mir durch Erfahrung bekannt geworden war, damit mir nicht etwa ein Irrthum begegnen möge. Und so gerieth mir der erste Guß aus meinem Ofen, auf das allerbeste, er war so rein, daß meine Freunde glaubten ich brauchte ihn weiter nicht auszuputzen. Sie verstanden es aber so wenig, als gewisse Deutsche und Franzosen, die sich der schönsten Geheimnisse rühmen, und behaupten dergestalt in Erz gießen zu können, daß man nachher nicht nöthig habe es abzuputzen. Das ist aber ein närrisches Vorgeben, denn jedes Erz, wenn es gegossen ist, muß mit Hammer und Grabstichel nachgearbeitet werden, wie es die wundersamen Alten gethan haben, und auch die neuen. Ich meyne diejenigen welche in Erz zu arbeiten verstanden. Dieser Guß gefiel seiner Exzellenz gar sehr, als sie in mein Haus kamen, ihn zu sehen, wobey sie mir großen Muth einsprachen, meine Sachen gut zu machen. Aber doch vermochte der rasende Neid des Bandinello zu viel, der immer seiner Exzellenz in den Ohren lag, und ihr zu verstehen gab, daß wenn ich auch dergleichen Statuen gösse, so wäre ich doch nie im Stande sie zusammenzusetzen, denn ich sey neu in der Kunst, und seien Exzellenz solle sich sehr in acht nehmen, ihr Geld nicht wegzuwerfen.

Diese Worte vermochten so viel auf das ruhmvolle Gehör, daß mir die Bezahlung für meine Arbeiter verkürzt wurde, so daß ich genöthigt war, mich gegen seine Exzellenz eines Morgens lebhaft darüber zu erklären. Ich wartete auf ihn, in der Straße der Serviten, und redete ihn folgendergestalt an: Gnädiger Herr! ich erhalte das Nothdürftige nicht mehr, und besorge daher Ew. Exzellenz mißtraue mir, deswegen sage ich von neuem ich halte mich für fähig, das Werk dreymal besser zu machen, als das Modell war, so wie ich versprochen habe. Als ich bemerkte daß diese Worte nichts fruchteten, weil ich keine Antwort erhielt, so ärgerte ich mich dergestalt, und fühlte eine unerträgliche Leidenschaft, so daß ich den Herzog aufs neue anging und sagte: Gnädiger Herr! diese Stadt war auf alle Weise die Schule der Talente, wenn aber einer einmal bekannt ist, und etwas gelernt hat, so thut er wohl, um den Ruhm seiner Stadt und seines Fürsten zu vermehren, wenn er auswärts arbeitet. Ew. Exzellenz ist bekannt, das Donatello und Leonard da Vinci waren, und was jetzt der wundersame Michel Agnolo Buonarotti ist, diese vermehren auswärts, durch ihre Talente, den Ruhm von Ew. Exzellenz. Und so hoffe ich auch meinen Theil dazu zu thun, und bitte euch deswegen mich gehen zu lassen, aber ich bitte euch sehr, den Bandinello fest zu halten, und ihm immer mehr zu geben, als er verlangt, denn wenn er auswärts geht, so wird seine Anmaßung und Unwissenheit dieser edlen Schule, auf alle Weise Schande machen. Und so gebt mir Urlaub, denn ich verlange nichts anders für meine bisherigen Bemühungen, als die Gnade von Ew. Exzellenz.

Da der Herzog mich also entschieden sah, kehrte er sich halb zornig um, und sagte: Benvenuto, wenn du Lust hast das Werk zu vollenden, soll dir nichts abgehen. Darauf antwortete ich, daß ich kein anderes Verlangen habe, als den Niedern zu zeigen, daß ich im Stande sey das versprochene Werk zu vollenden. Da ich nun auf diese Weise von seiner Exzellenz wegging, erhielt ich eine geringe Beyhülfe, so daß ich genöthigt war, in meinen eignen Beutel zu greifen, wenn das Werk mehr als Schritt gehen sollte.

Ich ging noch immer des Abends in die Garderobe seiner Exzellenz, wo Dominicus und Johann Paul Poggini, noch immer an dem goldnen Gefäß für die Herzogin, und einem goldenen Gürtel arbeiteten, auch hatte seien Exzellenz das Modell eines Gehänges machen lassen, worinn obgedachter großer Diamant gefaßt werden sollte. Und ob ich gleich vermied so etwas zu unternehmen, so hielt mich doch der Herzog, mit so vieler Anmuth, alle Abend, bis vier Uhr in der Nacht, an der Arbeit, und verlangte von mir, auf die gefälligste Weise, daß ich sie bey Tage fortsetzen solle. Ich konnte mich aber unmöglich dazu verstehen, ob ich gleich voraus sah, daß der Herzog mit mir darüber zürnen würde. Denn eines Abends unter andern, da ich etwas später als gewöhnlich hereintrat, sagte er zu mir: du bist unwillkommen! (Malvenuto) darauf antwortete ich: Gnädiger Herr, das ist mein Nahme nicht, denn ich heiße Benvenuto, aber ich denke Ew. Exzellenz scherzt nur, und ich will also weiter nichts sagen. Darauf sagte der Herzog er scherze nicht, es sey sein völliger Ernst, ich sollte mich in meinen Handlungen in acht nehmen, denn er höre, daß ich, im Vertrauen auf seine Gunst, dieses und jenes thue, was sich nicht gehöre. Darauf bat ich ihn, er möge mir jemand anzeigen, dem ich Unrecht gethan hätte. Da ward er zornig und sagte: gieb erst wieder was du von Bernardone borgtest. Da hast du eins! darauf versetzte ich: gnädiger Herr, ich danke euch, und bitte daß ihr mich nur vier Worte anhören wollt; es ist wahr daß er mir eine alte Wage geborgt hat, zwey Ambosen, und drey kleine Hämmer, und es sind schon funfzehn Jahre, daß ich seinem Georg von Cortona sagte: er möge nach diesem Geräthe schicken. Da kam gedachter Georg selbst, sie abzuholen, und wenn Ew. Exzellenz jemals erfährt, daß ich, von meiner Geburt an, von irgend einer Person auf diese Weise etwas besitze, in Rom oder in Florenz, es sey von denen, die es ihnen selbst hinterbringen, oder von andern, so strafen Sie mich nach dem Kohlenmase.

Als der Herzog mich in dieser heftigen Leidenschaft sah, wendete er sich auf eine gelinde und liebevolle Weise zu mir und sagte: wer nichts verschuldet hat, dem ist es nicht gesagt. Verhält es sich wie du versicherst, so werde ich dich immer gerne sehen, wie vorher. Darauf versetzte ich: die Schelmstreiche des Bernardone zwingen mich Ew. Exzellenz zu fragen, und zu bitten, daß Sie mir sagen, wie viel Sie auf den grossen Diamant, mit der abgeschlifnen Spitze, verwendet haben, denn ich hoffe die Ursache zu zeigen, warum dieser böse Mensch mich in Ungnade zu bringen sucht. Darauf antwortete der Herzog, der Diamant kostet mich fünfundzwanzigtausend Scudi, warum fragst du darnach? Darauf antwortete ich, und bezeichnete ihm Tag und Stunde: weil mir Antonio Vittorio Landi gesagt, wenn ich suchen wollte, diesen Handel mit Ew. Exzellenz zu machen, so wolle er ihn vor sechzehntausend Scudi geben. Das war nur sein erstes Gebot, und Ew. Exzellenz weiß nun was sie gezahlt hat. Und daß mein Angeben war sey, fragen sie den Domenico Poggini, und seinen Bruder, die hier gegenwärtig sind, ob ich es damals nicht gleich gesagt habe. Nachher habe ich aber nicht weiter davon geredet, weil Ew. Exzellenz sagten, daß ich es nicht verstehe, und ich wohl sahe, daß Sie Ihren Stein bey Ruhm erhalten wollten, allein wisset Gnädiger Herr, ich verstehe mich sehr wohl darauf, und gegenwärtig handle ich als ein ehrlicher Mann, so gut als einer auf die Welt gekommen ist, und ich werde euch niemals acht bis zehntausend Scudi stehlen, vielmehr werde ich sie euch mit meiner Arbeit zu erwerben suchen. Ich befinde mich hier Ew. Exzellenz als Bildhauer, Goldschmied und Münzmeister, zu dienen, nicht aber Ihnen die Handlungen anderer zu hinterbringen, und daß ich dieses jetzt sage, geschieht zu meiner Vertheidigung, ich habe weiter nichts dabey, und ich sage es in Gegenwart so vieler wackren Leute, die hier sind, damit Ew. Exzellenz dem Bernardone nicht mehr glauben was er sagt.

Sogleich stand der Herzog entrüstet auf, und schickte nach Bernardone, der mit Antonio Landi genöthiget wurde, bis Venedig zu reisen. Antonio behauptete, er habe nicht von diesem Diamanten gesprochen. Als sie von Venedig zurück kamen, ging ich zum Herzog und sagte: Gnädiger Herr! was ich gesagt habe ist wahr, und was Bernardone wegen der Geräthschaften sagt, ist nicht wahr, wenn er es beweißt, will ich ins Gefängniß gehen. Darauf wendete sich der Herzog zu mir, und sagte: Benvenuto! bleibe ein rechtschaffner Mann, und sey übrigens ruhig. So verrauchte die Sache, und es ward niemals mehr davon gesprochen. Ich hielt mich indessen zu der Fassung des Edelsteins, und als ich ihn der Herzogin geendigt brachte, sagte sie mir selbst, sie schätze meine Arbeit so hoch, als den Diamanten, den ihr der Bernardaccio verkauft habe. Sie wollte auch, daß ich ihr die Juwele selbst an die Brust stecken sollte, und gab mir dazu eine große Stecknadel, darauf befestigte ich den Edelstein, und ging mit vielen Gnadenbezeugungen, die sie mir erwieß, hinweg. Nachher hörte ich aber, daß sie ihn wieder habe umfassen lassen, durch einen Deutschen, oder einen andern Fremden. Denn Bernardone behauptete, der Diamant würde sich nur besser ausnehmen, wenn er einfacher gefaßt wäre.

(Die Fortsezung folgt.)

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