HomeDie Horen1797 - Stück 9II. Die Gallier in Rom. [J. D. Gries]

II. Die Gallier in Rom. [J. D. Gries]

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Ist dieses Rom, die Königinn der Städte,
Die einst der Völker Schiksal wog;
Der sonst der Britte, wie der wilde Gete,
Den stolzen Naken bog?

Ist dies die Burg, wo Roms Gewalten thronen,
Der Könige sich knieend nahn,
Wo Helden die erkämpften LorbeerKronen
Aus Götterhand empfahn?

Was will denn dieses Volkes laut Getümmel,
Der Lärm, der durch die Lüfte schallt,
Der Schlachtgesang, von welchem Erd’ und Himmel
Erbebend wiederhallt?

Kehrt denn Camill zurük von seinen Siegen
Und jauchzet Rom dem Helden Dank?
Ha! seh ich dort die stolzen Adler fliegen,
Vor denen Vejar sank?

Vergebens fasst mein Ohr die fremden Töne;
Ich höre nur ein wild Geschrei.
Sind dieses dann Quirinus edle Söhne,
Wie ehmals stolz und frei?

Sie sind es nicht! Ich sehe wilde Schaaren,
Sie dringen über Maroos Feld –
Quiriten, auf! Es drohen die Barbaren
Der Königinn der Welt.

Es nah’n die Gallier zum dritten Male;
Ergreift mit sieggewohnter Hand
Das Römerschwerdt! Hinweg die Opferschale!
Kämpft für das Vaterland!

Ein neuer Brennus kommt mit Sieg umgeben,
Ihr haltet seinen Fesseln still?
Wo ist der Held, dem die Barbaren beben?
Wo weilest du, Camill?

Sie dringen vor! Auf, färbt die gelbe Tiber
Mit der Verwegnen Blute roth! –
Ihr Römer, wie? Ihr wählet Schande lieber
Als Freiheit oder Tod?

Verlaßt ihr euch auf eure todten Götter?
Dahin ist ihre stolze Macht!
O Pontifex, du opferst nur dem Spötter,
Der deiner Opfer lacht!

Was fragt der Feind, vor dem ihr zagend flohet,
Nach Opfern und Gebeten viel?
Die Götter selbst, womit ihr feig ihm drohet,
Sind seiner Siege Ziel.

Ihr droht umsonst; denn Jovis Donner schweigen
Und seine Blize sind entflohn.
Die Götter selbst, die stolzen Götter steigen
Herab von ihrem Thron.

Und folgen willig dem erhabnen Sieger
Bis in den rauhen Norden nach.
Vergebens flehen Roms entnervte Krieger,
Zum Widerstand zu schwach:

„O wendet, Götter, grosse Götter, wendet
Den einst so segensvollen Blik,
Die Huld, die ihr so gnädig uns gespendet,
Auf euer Rom zurük!“

Umsonst! Indem sie fliehn noch mögt ihr hören
Erblaßt der Götter stiller Fluch:
Wir weilten auf entheiligten Altären,
Ihr Feigen, lang genug.

Nicht Römer mehr! denn längst ist euch verlohren
Mit Römerfreiheit Römerwehrt,
Und andre Tempel haben wir erkohren,
Wo man uns würd’ger ehrt.

Wir floh’n aus Helles schöneren Gefilden
Als sie in eure Fesseln sank,
Um auch in euch den rohen Stoff zu bilden,
Und unser Werk gelang.

Der Krieger ward zum Menschen umgeschaffen,
Wir gründeten der Anmuth Reich
Und gaben euch, statt blutbeflekter Waffen
Der Menschheit Palmenzweig.

Doch Freiheit nur beschüzt die edle Blume
Sie welkt, wenn diese Sonne flieht;
Es schweiget im entweihten Heiligthume
Entzükter Sänger Lied.

In’s Prachtgewand der Tyrannei gehüllet
Kehrt dann die alte Nacht zurük –
Weh dir, o Rom! Dein Schiksal ist erfüllet,
Dir schwand der Freiheit Blik.

Sie lächelt jezt auf andre Völker nieder,
Die einst dein Stolz Barbaren schalt,
Und wo sie lächelt, kehrt die Anmuth wieder
Mit himmlischer Gewalt.

Es jauchzt die Welt! Von Millionen Zungen
Ertönt der Freiheit hohes Glük.
Wenn einst auch du, o Rom, es dir errungen,
Dann kehren wir zurük.

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