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Totenfeier am Grabe Philipp Friederich von Riegers

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Noch zermalmt der Schrecken unsre Glieder –
Rieger tot!
Noch in unsern Ohren heult der Donner wider –
Rieger, Rieger tot!
Wie ein Blitz, im Niedergang entzündet,

Schon im Aufgang schwindet,
Flog der Held zu Gott!

Sollen Klagen um die Leiche hallen,
Klagen um den großen Mann?
Oder dörfen warme Tränen fallen,
Tränen um den guten, lieben Mann?

Dörfen wir mit Riegers Söhnen weinen?
Mit den Patrioten uns vereinen?

O so feire weinender Gesang
Einer Sonne Untergang!

Groß, o Rieger, groß war deine Stufe,
Groß dein Geist zu Seinem großen Rufe,

Größer war – dein Herz!

Engelhuld und göttliches Erbarmen
Rief den Freund zu deinen offnen Armen;

Froher unschuldsvoller Scherz

Lachte noch im silbergrauen Weisen,
Jugendfeuer brannte noch im Greisen,

In dem Krieger betete – der Christ.

Höher als das Lächeln deines Fürsten,
(Ach! wornach so manche geizig dürsten!)

Höher war dir der, der ewig ist.

Nicht um Erdengötter klein zu kriechen,
Fürstengunst mit Untertanenflüchen

Zu erwuchern, war dein Trachten nie.

Elende beim Fürsten zu vertreten,
Für die Unschuld an dem Thron zu beten,

War dein Stolz auf Erden hie.

Rang und Macht, die lächerlichen Flitter,
Fallen ab am Tage des Gerichts,
Fallen ab wie Blätter im Gewitter,
Und der Pomp – ist Nichts! – –

Krieger KARLS! erlaubt mir, hier zu halten,
Tretet her, ihr lorbeervollen Alten!

(Das Gewissen brenne flammenrot)

Dumpfig hohl aus eures Riegers Bahre
Spricht zu euch, ihr Söhne vieler Jahre,

Spricht zu euch – der Tod:

»Erdengötter! – glaubt ihr ungerochen

Mit der Größe kindischkleinem Stolz
(Alles faßt der schmale Raum von Holz)

Gegen mich zu pochen?
Hilft euch des Monarchen Gunst,
Die oft nur am Rittersterne funkelt,
Hilft des Höflings Schlangenkunst,
Wenn sich brechend euer Aug verdunkelt?
Erdengötter, redet doch,
Wenn der Götterdunst zerstiebet,
Redet denn, was wärt ihr noch,

Wenn ihr – schlechte Menschen bliebet?
Trotzt ihr mir mit euren stolzen Ahnen,

Daß von euch – zwei Tropfen Blut

In den Adern alter Helden rannen?
Pocht ihr auf geerbtes Gut?
Wird man dort nach Riegers Range fragen?
Folgt ihm wohl KARLS Gnade bis dahin?
Wird er höher von dem Ritterkreuz getragen,
Als vom Jubel Seiner Segnenden?
Wann der Richter in dem Schuldbuch blättert,
Fragt er, ob der große Tote hier

Zu dem Tempel des Triumphs geklettert?
Fragt man dort, wie man ihn hier vergöttert?

Richtet Gott – – wie wir?«

Aber Heil dir! Seliger! Verklärter,
Nimm zufrieden deinen Sonnenflug!
Deinem Herzen war die Menschheit werter
Als der Größe prangender Betrug!
Schöne Taten waren deine Schätze,
Aufgehäuft für eine schöne Welt,
Glücklich gingst du durch die goldne Netze,
Wo die Ehrsucht ihre Sklaven fällt.
Wenn die Riesenrüstung stolzer Größe
Manches große Heldenherz zerdrückt,
Flohst du frei, entschwungen dem Getöse
Dieser Welt, und bist – beglückt.

Dort, wo du bei ewgen Morgenröten
Einen Lorbeer, der nie welket, pflückst,
Und auf diesen traurenden Planeten
Sanften Mitleids niederblickst,
Dort, wo du an reine Seraphinen
Dich in ewigem Umarmen schmiegst
Und bei jubelvollen Harfentönen
Kühne Flügel durch den Himmel wiegst,
Dort, wo Rieger unter Edens Wonne
Dieses Lebens Folterbank verträumt
Und die Wahrheit, leuchtend wie die Sonne,
Ihm aus tausend Röhren schäumt,

Dorten sehn wir – Jauchzet, Brüder –
Dorten unsern Rieger wieder!!!