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Balladenjahr von Goethe und Schiller 1797

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Praktisches Versuchsfeld Balladendichtung – Das Balladenjahr 1797

Für diese theoretische Erörterung fanden Schiller und Goethe in der Balladendichtung ihr erstes praktisches Versuchsfeld. Die Ballade bewegt sich im Grenzbereich zwischen Epik und Lyrik und ist zum Bund mit dem Dramatischen fähig. Schiller hatte ohnehin schon mehrfach Neigungen zu epischer Arbeit geäußert. Mitten im Xenienkampf war ihm im Juni 1796 schon eine Ballade, Die Klage des Ceres, gelungen. Goethe hatte schon seit Jahren verschiedene Balladenstoffe gesammelt. So regten ihre Diskussionen über Epos und Drama zu ihrem Wettstreit im Ballendichten an.

Durch die Beschäftigung mit Mozarts Oper angeregt, versuchte sich Schiller zunächst an einer Ballade über Don Juan, bei der es bei einem Bruchstück blieb. Nachdem Goethe Hermann und Dorothea vollendet hatte und zwischen dem 20. Mai und dem 16. Juni 1797 in Jena verweilte, kam das gemeinsame Unterfangen richtig in Schwung. Goethe schuf den Schatzgräber, Schiller begann mit dem Taucher. Während Goethe sich mit Die Braut von Korinth und Der Gott der Bajadere befasste, ermunterte er Schiller am 10. Juni: „Lassen Sie Ihren Taucher je eher je lieber ersäufen. Es ist nicht übel, da ich meine Paare in das Feuer und aus dem Feuer bringe, daß Ihr Held sich das entgegengesetzte Element aussucht.“ Beide blieben sich während des gesamten Balladenjahres mit Rat und Tat zur Seite. Sie feuerten sich durch Zustimmung an und beförderten ihre Werke durch hilfreiche, gegenseitige Kritik. Gemeinsam wählten sie Stoffe aus alten Überlieferungen und teilten sich diese unter sich zur poetischen Behandlung auf. So entstand bei Goethe im Juni 1797 Der Zauberlehrling, Schiller dichtete den Handschuh und den Ring des Polykrates. Im Juli folgten bei Schiller noch Ritter Toggenburg, im August Die Kraniche des Ibykus und im September Der Gang mit dem Eisenhammer. Damit erlosch bei Schiller auch zunächst seine Balladenlust. In den folgenden Jahren dichtete er aber weitere Balladen Der Kampf mit dem Drachen und Die Bürgschaft (1798),  Hero und Leander (1801), die lyrischen Balladen Kassandra (1802) und Das Siegesfest (1803). Aus seinem Tell-Stoff entstanden 1803 und 1804 die Balladen Der Graf von Habsburg und Der Alpenjäger.

Bei Goethe entstanden im Balladenjahr 1797 neben dem Zauberlehrling auch Der Gott und die Bajadere, Der Schatzgräber, Die Braut von Korinth und Legende.

Wirkungen der Dichter aufeinander im Balladenwettstreit 1797

Die Balladen aus dem Jahr 1797 erschienen im Musenalmanach auf das Jahr 1798. Nach dem aufsehenerregenden Xenienalmanach im Vorjahr konnten die beiden zusammenwirkenden Dichter auch hierin überraschen. Die Einheit von Goethe und Schiller offenbart sich in ihrer wechselseitigen Annäherung ihrer künstlerischen Auffassung und in der Behandlung der Gattung. Goethes ältere Balladen wie Der Fischer, Der Erlkönig und Der König von Thule, aber auch seine späteren Balladen-Schöpfungen sind durchweg Stimmungsgedichte, empfindungsreiche Spiegelungen von geheimnisvoller Naturerscheinungen, Darstellung magischer Eindrücke, den die Elemente mit ihrer verlockenden, sinnbetörenden und zerstörenden Macht auf unser Gefühl und auf unsere Phantasie ausüben. Auch seine Balladen aus dem Balladenjahr leugnen den Ursprung aus der nordischen Volksdichtung nicht. Auch hier walten dämonische Kräfte, Tod und Grauen wie in Die Braut von Korinth oder in Der Gott und die Bajadere. Im Zauberlehrling und im Schatzgräber walten harmlosere Geister. Während Goethe also die Stimmung seiner alten Balladen beibehält, trifft er den Ton aber kunstvoller und bewusster. Neu hingegen ist nun bei Goethe, dass seine Ereignisse nun einer bestimmten Idee folgen. Hierin macht sich der Einfluss von Schiller geltend, der seine Balladenstoffe ebenso zu behandeln pflegte.

Goethe bekennt in einem Brief an Meyer am 21. Juli 1797, es komme darauf an, die Balladenform mit würdigeren und mannigfaltigen Stoffen und mit einem tieferen Gehalt zu erfüllen. Dies entsprach Goethes dichterische Natur und Ausrichtung auf das Ideenhafte weit weniger als bei Schiller. Goethe lenkte daher bald wieder in seinen bewährten Weg der alten Ballade ein und tauchte diese in dämmernde Tiefe, wo das Volksleben noch ganz Naturleben ist, wo die Menschenseele sich noch ganz den Schauern und den Reizen elementarer Mächte hingibt. Schiller hingegen tritt immer mehr aus der Sagenwelt in das geschichtlich bewusste Leben über und führt die Gattung auf einer klaren Bahn einer neuen, eigenen Entwicklung entgegen. Seine Balladen bilden eine besondere Kunstform, in der das episch-dramatische Element das lyrische Element überwiegt. Dabei ist Schiller immer bestrebt, die rein erfasste Idee sinnlich und gegenständlich erscheinen zu lassen. Den idealen Gehalt füllt er plastisch, zeichnet ihn mit Klarheit und bringt ihn durch seine charakteristische Färbung zu lebendiger Anschauung. Goethe bleibt hierin sein Vorbild. Den Schöpfungen Goethes die Krone aufzusetzen, war Schiller bescheiden bereit. Goethe hingegen war der erste, der den wahren Wert von Schillers Balladen aufrichtig anerkannte, bewunderte und eifrig verteidigte – sogar gegen Schiller selbst. Schiller erscheint in seinen Balladen als Volksdichter, der den Geschmack der Gebildeten und der Fassungskraft der großen Menge durch die Größe seiner Kunst aufzuheben versteht.

Bedeutung des Balladenjahres für Schiller

Mit seiner Balladendichtung vollendet Schiller den Übergang aus dem Reich des Gedankens zu rein anschaulicher Darstellung. Im lebendigen Umgang mit Goethe entwickelt sich in Schiller diese neue Art. Er selbst bekennt zu Beginn des gemeinsamen Balladen-Wettstreits am 18. Juni 1797, Goethe gewöhne ihm immer mehr die Tendenz ab, vom Allgemeinen zum Besonderen zu gehen. Er führe ihn auf den umgekehrten Weg vom Engen ins Weite, vom einzelnen Fall zum großen Gesetz, von Bild und der Anschauung zum Gedanken. Mit wenigen Ausnahmen bringen Schillers Balladen eine sittliche Idee zum Ausdruck. Doch nirgends ergreift der Dichter das Wort zu lehrsamer Mahnung, nirgends fügt er formelhaft eine moralische Nutzanwendung hinzu. Aus seiner Darstellung leuchtet der Grundgedanke hell und rein als organischer Bestandteil hervor. Die Balladen ergreifen durch ihre Schönheit und Wahrheit als echte Kunstwerke. Sie erschüttern das Gemüt durch das Schicksal, das sie offenbaren, und regen den Geist zu ahnungsvollen Sinnen an.

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Kommentare

  1. Ich brauche eine fertige Inhaltsangabe zur Ballade „Der Alpenjäger“. Wenn jemand sich damit beschäftigen würde wäre das sehr nett❤

    1. Ich bin mir sicher, dass hier irgendwann eine Zusammenfassung vom Alpenjäger zu finden sein wird, wann, das steht aber in den Sternen. Mach’s also am besten erstmal selbst. Bei acht Strophen ist das nun wahrlich keine Anstrengung…

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