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Schiller »Der Taucher« – Text, Inhaltsangabe, Interpretation und Quelle

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Die Quelle der Ballade »Der Taucher«

Die ursprüngliche Quelle des Tauchers liegt in einem angeblich aus den Akten geschöpften Bericht vor, den Athasanius Kircher in seinem Buch von der unterirdischen Welt über einen merkwürdigen sizilianischen Taucher namens Nicolas mitteilt. Schiller hat jedoch nicht unmittelbar aus dieser Quelle geschöpft, sondern vielmehr nur irgendeine novellenartige Bearbeitung der Kircherschen Erzählung gekannt und für seinen Taucher benutzt. Denn als Herder die Ballade, die ihm Schiller zugeschickt hatte, mit der Bemerkung zurücksendet, dass er im Taucher bloß einen gewissen Nicolaus Pesce veredelt umgearbeitet habe, vermutet Schiller hinter dem ihm unbekannten Namen einen Konkurrenten, der dieselbe Geschichte entweder erzählt oder besungen haben müsse. Schiller fragt deshalb etwas verstimmt bei Goethe an: „Kennen sie etwa den Nicolaus Pesce, mit dem ich da so unvermutet in Konkurrenz gesetzt werde?“ Goethe antwortete: „Der Nicolaus Pesce ist, soviel ich mich erinnere, der Held des Märchens, dass Sie behandelt haben, ein Taucher von Handwerk. Wenn aber unser alter Freund bei einer solchen Bearbeitung sich noch der Chronik erinnern kann, die das Geschichtchen erzählt, wie soll man‘s dem übrigen Publiko verdenken, wenn es sich bei Romanen erkundigt: ob denn das Alles fein wahr sei.“

Wie viel schon in der Novelle, dessen sich Schiller bediente, für die Veredlung des von Kircher entlehnten Stoffes getan haben mag, wissen wir zwar nicht, jedenfalls aber ist die meisterhafte Komposition des Tauchers nicht sein, sondern Schillers Werk und Verdienst.

Quelleninhalt: Die Geschichte des Tauchers Nikolas

Der Taucher – Friedrich SchillerVon Jugend auf zum Meer hingezogen und ans Meer gewöhnt, erlangte der Taucher Nicolas, ein sonderbarer Wassermensch, eine so ungewöhnliche Fertigkeit und Ausdauer im Schwimmen und Tauchen, dass man ihm den Namen Pscecola, d.h. Nicolas der Fisch gab. Er verweilte oft vier bis fünf Tage im Meer und ernährte sich von rohen Fischen. König Friedrich von Sizilien, der wunderbare Dinge von der nahen Charybdis gehört hatte, gebot nun diesem Nicolas, zum Grund des Meeres zu tauchen. Da dieser hierzu keine Lust zeigte, ließ der König eine goldene Schale in den Strudel werfen. Dabei versprach er dem Nicolas, sie solle ihm gehören, wenn er sie wieder heraufbringt. Nicolas wurde durch das Gold gelockt und sprang in die Tiefen. Hier blieb er fast ¾ Stunden.

Als er sich wieder an der Oberfläche des Meeres zeigte, hielt er die Schale triumphierend in die Höhe und wurde in dem Palast geführt. Nachdem sich der Erschöpfte durch Speise und Trank erholt hatte, kam er vor den König. Er wurde nun über alles befragt, was er auf dem Meeresgrund gesehen hatte. Dem König erzählte er von dem Toben des aus den Klüften des Meeres hervorbrausenden Stromes, den er nicht bewältigen konnte. Durch Seitenklüfte war er in die Tiefe gedrungen. Er erzählte von der furchtbaren Naturgewalt des Meeres, von Seeungeheuern wie scharfzahnigen Haien und Oktopussen mit 10 Fuß langen Armen. Die Schale fand er, weil diese – wie er auch – vom Wasser fortgerissen und in eine Aushöhlung gespült wurde. Wäre sie in die Tiefe gerissen, hätte er sie nicht finden können.

Das Gebot des Königs, noch einmal den Grund der Charybdis zu erforschen, wies Nicloas anfangs entschieden zurück. Doch dann siegte wieder ein Beutel voll Gold nebst einer in den Strudel geworfenen kostbaren Schale. Von Habsucht geblendet stürzte er sich zum zweiten Male in die Fluten. Doch dieses Mal erschien er nicht wieder. Vielleicht wurde er durch die Gewalt der Strömungen in die Felsenlabyrinthe verschlagen oder eine Beute der Fisch-Ungeheuer, die er so sehr gefürchtet hatte.

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