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Der Parasit (Picard) – Dritter Aufzug. Vierter Auftritt.

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Firmin der Vater und Selicour.

Selicour.
Sind Sie’s, Herr Firmin? Eben wollte ich zu Ihnen.

Firmin.
Zu mir?

Selicour.
Mich mit Ihnen zu erklären –

Firmin.
Worüber?

Selicour.
Ueber eine Armseligkeit – Lieber Firmin, es ist mir ein rechter Trost, Sie zu sehen. – Man hat uns veruneinigen wollen.

Firmin.
Uns veruneinigen?

Selicour.
Ganz gewiß. Aber es soll ihnen nicht gelingen, hoff‘ ich. Ich bin Ihr wahrer und aufrichtiger Freund, und ich hab‘ es heute bewiesen, denk‘ ich, da dieser tollköpfige La Roche mich bei dem Minister anschwärzen wollte.

Firmin.
Wie? Hätte der La Roche –

Selicour.
Er hat mich auf das abscheulichste preisgegeben.

Firmin.
Er hat seine Stelle verloren. – Setzen Sie sich an seinen Platz.

Selicour.
Er ist ein Undankbarer! Nach allem, was ich für ihn gethan habe – Und es geschehe, sagte er, um Ihnen dadurch einen Dienst zu leisten. – Er diente Ihnen aber schlecht. da er mir zu schaden suchte. – Was will ich denn anders, als Ihr Glück? – Aber ich weiß besser, als dieser Brauskopf, was Ihnen dient. Darum habe ich mir schon ein Plänchen mit Ihnen ausgedacht. – Das lärmende Treiben der Bureaux ist Ihnen verhaßt, das weiß ich; Sie lieben nicht, in der geräuschvollen Stadt zu leben. – Es soll für Sie gesorgt werden, Herr Firmin! – Sie suchen sich irgend ein einsames stilles Plätzchen aus, ziehen einen guten Gehalt, ich schicke Ihnen Arbeit hinaus, Sie mögen gern arbeiten, es soll Ihnen nicht daran fehlen.

Firmin.
Aber wie –

Selicour.
Das sind aber bloß noch Ideen, es hat noch Zeit bis dahin. – Glücklich, der auf der ländlichen Flur seine Tage lebt! Ach, Herr Firmin! So wohl wird es mir nicht! Ich bin in die Stadt gebannt, ein Lastthier der Verhältnisse, den Pfeilen der Bosheit preisgegeben. Auch hielt ich’s für die Pflicht eines guten Verwandten, einen Vetter, der sich hier niederlassen wollte, über Hals und Kopf wieder aufs Land zurück zu schicken. – Der gute Vetter! Ich bezahlte ihm gern die Reisekosten – denn, sagen Sie selbst, ist’s nicht unendlich besser, auf dem Land in der Dunkelheit frei zu leben, als hier in der Stadt sich zu placken und zu quälen? –

Firmin.
Das ist meine Meinung auch. – Aber was wollten Sie eigentlich bei mir?

Selicour.
Nun, wie ich sagte, vor allen Dingen mich von der Freundschaft meines lieben Mitbruders überzeugen – und alsdann – Sie haben mir so oft schon aus der Verlegenheit geholfen; ich verhehle es nicht, ich bin Ihnen so viel – so Vieles schuldig – mein Posten bringt mich um – mir liegt so Vieles auf dem Halse – wahrhaftig, es braucht meinen ganzen Kopf, um herum zu kommen – Sie sind zufrieden mit unserm Minister?

Firmin.
Ich bewundere ihn.

Selicour.
Ja, das nenn‘ ich einmal einen fähigen Chef! Und wahrlich, es war auch die höchste Noth, daß ein solcher an den Platz kam, wenn nicht alles zu Grunde gehen sollte. – Es ist noch nicht alles, wie es soll, sagte ich ihm heute – wollen Sie, daß alles seinen rechten Gang gehe, so müßten Sie ein Memoire einreichen, worin alles, was noch zu verbessern ist, mit der strengsten Wahrheit angezeigt wäre. – Diese meine Idee hat er mit Eifer ergriffen und will eine solche Schrift unverzüglich aufgesetzt haben. – Er trug sie mir auf – aber die unendlichen Geschäfte, die auf mir liegen – in der That, ich zittre, wenn ich an einen Zuwachs denke –

Firmin.
Und da rechnen Sie denn auf mich – nicht wahr?

Selicour.
Nun ja, ich will’s gestehen!

Firmin.
Sie konnten sich diesmal an keinen Bessern wenden!

Selicour.
O das weiß ich! Das weiß ich!

Firmin.
Denn da ich so lange Zeit von den Mißbräuchen unter der vorigen Verwaltung Augenzeuge war – so habe ich, um nicht bloß als müßiger Zuschauer darüber zu seufzen, meine Beschwerden und Verbesserungspläne dem Papiere anvertraut – und so findet sich, daß die Arbeit, die man von Ihnen verlangt, von mir wirklich schon gethan ist! – Ich hatte mir keinen bestimmten Gebrauch dabei gedacht – ich schrieb bloß nieder, um mein Herz zu erleichtern.

Selicour.
Ist’s möglich? Sie hätten –

Firmin.
Es liegt alles bereit, wenn Sie davon Gebrauch machen wollen.

Selicour.
Ob ich das will! O mit Freuden! – Das ist ja ein ganz erwünschter Zufall!

Firmin.
Aber die Papiere sind nicht in der besten Ordnung!

Selicour.
O diese kleine Mühe übernehm‘ ich gern – noch heute Abend soll der Minister das Memoire haben – Ich nenne Sie als Verfasser, Sie sollen den Ruhm davon haben.

Firmin.
Sie wissen, daß mir’s darauf eben nicht ankommt! Wenn ich nur Gutes stifte, gleichviel, unter welchem Namen.

Selicour.
Würdiger, scharmanter Mann! Niemand läßt Ihrem bescheidnen Verdienst mehr Gerechtigkeit widerfahren, als ich. – Sie wollen mir also die Papiere –

Firmin.
Ich kann sie gleich holen. wenn Sie so lange verziehen wollen.

Selicour.
Ja, gehen Sie! Ich will hier warten.

Firmin.
Da kommt mein Sohn – Er kann Ihnen unterdessen Gesellschaft leisten – Aber sagen Sie ihm nichts davon – hören Sie! Ich bitte mir’s aus!

Selicour.
So! Warum denn nicht?

Firmin.
Aus Ursachen.

Selicour.
Nun, wenn Sie so wollen! Es wird mir zwar sauer werden, Ihre Gefälligkeit zu verschweigen. – (Wenn Firmin fort ist.) Der arme Schelm! Er fürchtet wohl gar, sein Sohn werde ihn auszanken.