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Der Parasit (Picard) – Vierter Aufzug. Neunter Auftritt.

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La Roche und Selicour.

Selicour (ohne ihn zu bemerken).
Alles geht nach Wunsch, und doch bin ich nicht ganz ohne Sorgen – Noch hab‘ ich weder die Stelle, noch die Braut, und da ist Sohn und Vater, die mir auf den Dienst lauern und mir jeden Augenblick beides wegfischen können – Wenn ich sie entfernen könnte – Aber wie? Dem Minister ist nicht beizukommen – Diese Leute, die ihren geraden Weg gehen, brauchen Niemand – man kann sie nicht in seine Gewalt bekommen – Ja, wenn er etwas zu vertuschen hätte – wenn ich ihm eine Schwäche ablauern könnte, die mich ihm unentbehrlich machte!

La Roche (für sich).
Recht so! Der läuft mir in die Hände!

Selicour.
Ach, sieh da! Herr La Roche!

La Roche.
Ich bin’s, und ich komme, Herr Selicour! –

Selicour.
Was wollen Sie?

La Roche.
Mein Unrecht einzugestehn.

Selicour.
Aha!

La Roche.
Das mir nicht einmal etwas geholfen hat.

Selicour.
Das ist das Beste! denn es lag wahrlich nicht an Ihrer boshaften Zunge, wenn ich nicht ganz zu Grunde gerichtet bin.

La Roche.
Das ist leider wahr, und ich darf daher kaum hoffen, daß Sie mir vergeben können.

Selicour.
Aha! Steht es so? Fangen wir an, geschmeidiger zu werden?

La Roche.
Zu der schönen Stelle, die Sie mir zugedacht haben, kann ich mir nun wohl keine Hoffnung mehr machen – Aber um unsrer alten Freundschaft willen, schaden Sie mir wenigstens nicht!

Selicour.
Ich Ihnen schaden!

La Roche.
Thun Sie’s nicht! Haben Sie Mitleid mit einem armen Teufel!

Selicour.
Aber –

La Roche.
Und da sich Jemand gefunden, der sich bei dem Minister meiner annehmen will –

Selicour.
So? Hat sich Jemand? Und wer ist das?

La Roche.
Eine Dame, an die der Kammerdiener Michel mich gewiesen hat.

Selicour.
Kammerdiener Michel! So! Kennen Sie diesen Michel?

La Roche.
Nicht viel! Aber, weil es sein Neffe ist, der mich aus meiner Stelle vertreibt, so will er mir gern einen Gefallen erzeigen –

Selicour.
Die Dame ist wohl eine Anverwandte vom Minister?

La Roche.
Sie soll ein schönes Frauenzimmer sein – er soll in der Vorstadt ein Quartier für sie suchen –

Selicour.
Gut, gut, ich will ja das alles nicht wissen. – Und wie heißt die Dame?

La Roche.
Das weiß ich nicht.

Selicour.
Gut! Gut!

La Roche.
Michel wird Ihnen wohl Auskunft darüber geben können.

Selicour.
Mir? Meinen Sie, daß mir so viel daran liege?

La Roche.
Ich sage das nicht.

Selicour.
Ich frage nichts darnach – Ich bekümmere mich ganz und gar nicht um diese Sachen – Morgen wollen Sie diese Dame sprechen?

La Roche.
Morgen.

Selicour.
Es scheint da ein großes Geheimniß –

La Roche (schnell).
Freilich! Freilich! Darum bitte ich Sie, sich ja nichts davon merken zu lassen –

Selicour.
Gut, Gut! Nichts mehr davon – Ich werde Ihnen nicht schaden, Herr La Roche! – Es ist einmal mein Schicksal, Undankbare zu verpflichten – Trotz der schlimmen Dienste, die Sie mir haben leisten wollen, liebe ich Sie noch – und daß Sie sehen, wie weit meine Gefälligkeit geht, so will ich mit Ihrer Beschützerin gemeine Sache machen – Ja, das will ich – zählen Sie darauf!

La Roche.
Ach, Sie sind gar großmüthig!

Selicour.
Aber lassen Sie sich das künftig zur Lehre dienen –

La Roche.
O gewiß, Sie sollen sehen –

Selicour.
Genug. Lassen wir’s gut sein.

La Roche.
Er hat angebissen. Er ist so gut, als schon gefangen! Wie viel schneller kommt man doch mit der Spitzbüberei, als mit der Ehrlichkeit! (Ab.)

Selicour.
Jetzt gleich zu diesem Kammerdiener Michel! – Es ist hier ein Liebeshandel. Ganz gewiß – Vortrefflich! Ich halte dich fest, Narbonne! – Du bist also auch ein Mensch – du hast Schwachheiten – und ich bin dein Gebieter. (Geht ab).