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Der Parasit (Picard) – Zweiter Aufzug. Fünfter Auftritt.

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Narbonne. Selicour.

Narbonne. Begreifen Sie diese hartnäckige Verstocktheit –

Selicour. Hat nichts zu sagen! Er ist ein guter Narr! Ich will ihn bald wieder besänftigen.

Narbonne. Er ist rasch und unbesonnen, aber im Grunde mag er ein guter Mann sein.

Selicour. Ein seelenguter Mann, dafür steh‘ ich – dem aber der Kopf ein wenig verschoben ist. – Es kann auch sein, daß ihn sonst Jemand gegen mich aufhetzt.

Narbonne. Meinen Sie?

Selicour. Es mag so etwas dahinter stecken. – Wer weiß? irgend ein heimlicher Feind und Neider – denn dieser arme Teufel ist nur eine Maschine.

Narbonne. Wer sollte aber –

Selicour. Es gibt so Viele, die meinen Untergang wünschen!

Narbonne. Haben Sie vielleicht einen Verdacht?

Selicour. Ich unterdrücke ihn! Denn daß ich so etwas von Herrn Firmin denken sollte – Pfui! Pfui! Das wäre schändlich! Das ist nicht möglich!

Narbonne. So denk‘ ich auch! Der Mann scheint mir dazu viel zu rechtlich und zu bescheiden.

Selicour. Bescheiden, ja, das ist er!

Narbonne. Sie kennen ihn also?

Selicour. Wir sind Freunde.

Narbonne. Nun, was halten Sie von dem Manne?

Selicour. Herr Firmin, muß ich sagen, ist ein Mann, wie man sich ihn für das Bureau eigentlich wünscht – wenn auch eben kein Kopf, doch ein geschickter Arbeiter. Nicht zwar, als ob es ihm an Verstand und Kenntnissen fehlte – Keineswegs! Er mag viel wissen, aber man sieht’s ihm nicht an.

Narbonne. Sie machen mich neugierig, ihn zu kennen.

Selicour. Ich hab‘ ihm schon längst darum angelegen, sich zu zeigen – aber vielleicht fühlt er sich für eine subalterne Rolle und für die Dunkelheit geboren. Ich will ihn indessen –

Narbonne. Bemühen Sie sich nicht! – Gegen einen Mann von Verdiensten kann unser Einer unbeschadet seines Rangs die ersten Schritte thun. – Ich selbst will Herrn Firmin aufsuchen. – Aber jetzt wieder auf unser voriges Thema zurück zu kommen, das dieser La Roche unterbrochen hat. –

Selicour (verlegen). Es ist schon etwas spät. –

Narbonne. Hat nichts zu sagen.

Selicour. Es wird auch jetzt die Zeit zur Audienz sein.

Narbonne (sieht nach der Uhr). Ja, wahrhaftig.

Selicour. Wir können es ja auf morgen –

Narbonne. Gut! Auch das!

Selicour. Ich will also –

Narbonne. Noch ein Wort –

Selicour. Was beliebt?

Narbonne. Ein Geschäft kann ich Ihnen wenigstens noch auftragen, das zugleich Fähigkeit und Muth erfordert.

Selicour.
Befehlen Sie!

Narbonne.
Mein Vorgänger hat durch seine üble Verwaltung ein Heer von Mißbräuchen einreißen lassen, die trotz aller unsrer Bemühungen noch nicht abgestellt sind. Es wäre daher ein Memoire aufzusetzen, worin man alle Gebrechen aufdeckte und der Regierung selbst ohne Schonung die Wahrheit sagte.

Selicour.
Erlauben aber Euer Excellenz – eine solche Schrift könnte für ihren Verfasser, könnte für Sie selbst bedenkliche Folgen haben.

Narbonne.
Das kümmert mich nicht – Keine Gefahr, keine persönliche Rücksicht darf in Anschlag kommen, wo die Pflicht gebietet.

Selicour.
Das ist würdig gedacht!

Narbonne.
Sie sind der Mann zu diesem Werk – Ich brauche Ihnen weiter nichts darüber zu sagen. – Sie kennen das Uebel so gut und besser noch, als ich selbst.

Selicour.
Und ich bin, hoffe ich, mit Ihnen darüber einerlei Meinung.

Narbonne.
Ohne Zweifel. Dies Geschäft hat Eile. Ich verlasse Sie; verlieren Sie keine Zeit, es ist gerade jetzt der günstige Augenblick – ich möchte es wo möglich noch heute an die Behörde absenden. – Kurz und bündig – es kann mit Wenigem viel gesagt werden! Leben Sie wohl! Gehen Sie ja gleich an die Arbeit! (Er geht ab.)