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Macbeth (Shakespeare) – Dritter Aufzug. Achter Auftritt.

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Festlicher Saal, erleuchtet.
Eine mit Speisen besetzte Tafel im Hintergrunde.

Macbeth. Lady Macbeth. Rosse. Lenox. Angus und noch sechs andere Lords.

Macbeth.
Ihr kennet euern Rang. Setzt euch, ihr Herren.
Vom Ersten bis zum Untersten willkommen.

Rosse. Angus. Lenox.
Wir danken Eurer Majestät.

Macbeth.
Wir selber wollen uns bald hier, bald dort
In die Gesellschaft mischen und das Amt
Des aufwartsamen Hauswirths übernehmen,
Denn unsre Wirthin, seh‘ ich, ist zu lässig
In ihrer Pflicht. Wir sollen sie ersuchen,
Geschäftiger zu sein um ihre Gäste. (Alle setzen sich außer Macbeth.)

Lady.
Thut das, mein König, und erinnert mich,
Wofern ich was in meiner Pflicht versäumte.
Mein Herz zum wenigsten bewillkommt alle.

(Der erste Mörder kommt an die Thüre.)

Macbeth.

Wie ihre Herzen dir entgegen wallen!
Gut! Beide Seiten, seh‘ ich, sind besetzt,
So will ich dort mich in die Mitte setzen.
Nun, überlaßt euch ganz der Fröhlichkeit;
Bald soll der Becher um die Tafel kreisen.
(Zu dem Mörder an der Thüre.)
Auf deinem Kleid ist Blut.

Erster Mörder.
So ist es Banquos.

Macbeth.
Liegt er am Boden?

Erster Mörder.
Herr! Die Kehl‘ ist ihm
Zerschnitten! Diesen Dienst erwies ich ihm.

Macbeth.
Du bist der erste aller Kehlabschneider!
Doch gleiches Lob verdient, wer seinem Sohn
Denselben Dienst gethan! Bist du der auch,
So suchst du deines Gleichen.

Erster Mörder.
Gnäd’ger Herr!
Fleance ist entwischt!

Macbeth.
So kommt mein Fieber
Zurück! Sonst war ich ganz gesund, vollkommen
Genesen, fest wie Marmor, wie ein Fels
Gegründet, wie das freie Element,
Das uns umgibt, unendlich, allverbreitet.
Jetzt bin ich wieder eingeengt, gebunden
Und meinen alten Schrecknissen aufs neu‘
Zum Raub dahingegeben. – Aber Banquo ist
Doch sicher?

Erster Mörder.
Herr! Er liegt in einem Graben,
Mit zwanzig Hieben in dem Kopf, der kleinste
Schon eine Todeswunde. –

Macbeth.
Dank für das!
Dort liegt sie also, die erwachsne Schlange!
Der Wurm, der floh, hast das Vermögen, einst
Gift zu erzeugen, doch für jetzt noch keine Zähne!
Gut! Morgen wollen wir’s noch einmal hören! (Mörder geht ab.)

Lady.
Mein König! Ihr verkürzet Eure Gäste.
Das reichste Mahl ist freudenleer, wenn nicht
Des Wirthes Zuspruch und Geschäftigkeit
Den Gästen zeigt, daß sie willkommen sind.
Satt essen kann ein Jeglicher zu Hause;
Geselliges Vergnügen, munteres
Gespräch muß einem Festmahl Würze geben.

Banquos Geist steigt empor und setzt sich zwischen Rosse und Lenox an den Platz, der für Macbeth in der Mitte des Tisches leer gelassen ist.

Macbeth.
Willkommene Erinnerung – (Zu den Lords.) Nun! Wohl
Bekomm‘ es meinen vielgeliebten Gästen!

Rosse.
Gefällt es meinen König, Platz zu nehmen?

Macbeth.
Hier wären alle unsre Edeln nun,
Die Zierden unsers Königreichs, beisammen,
Wenn unsers Banquo schätzbare Person
Zugegen wäre. – Möcht‘ ich ihn doch lieber
Der Ungefälligkeit zu zeihen haben,
Als eines Unfalls wegen zu beklagen!

Rosse.
Sein Nichterscheinen, Sire, schimpft sein Versprechen.
Gefällt es meinem Königs, die Tafel
Mit seiner hohen Gegenwart zu zieren?

Macbeth (mit Entsetzen, indem er den Geist erblickt).
Die Tafel ist voll!

Lenox (ganz gleichgültig auf den Geist deutend).
Hier, Sire, ist noch ein aufbehaltner Platz!

Macbeth.
Wo?

Rosse (so wie Lenox).
Hier, mein König! Was setzt Euer Hoheit
So in Bewegung?

Macbeth (schauervoll).
Wer von euch hat das
Gethan?

Rosse und Lenox.
Was denn, mein königlicher Herr?

Macbeth (zum Geist).
Du kannst nicht sagen, ich war’s! Schüttle
Die blut’gen Locken nicht so gegen mich!

Rosse.
Steht auf, ihr Herrn, dem König ist nicht wohl.

Lady.
Bleibt sitzen, meine Lords. Der König ist
Oft so und ist’s von Jugend auf gewesen;
Ich bitt‘ euch drum, behaltet eure Plätze.
Der Anstoß währt nur einen Augenblick,
In zwei Minuten ist er wieder besser.
Wenn ihr so scharf ihn anseht, bringt ihr ihn
Nur auf und macht sein Uebel länger dauern.
Eßt fort und gebt nicht Acht auf ihn! (Heimlich zu Macbeth.)
Seid Ihr ein Mann, Sir?

Macbeth (immer starr auf das Gespenst sehend).
Ja, und ein beherzter
Dazu, der Muth hat, etwas anzuschauen,
Wovor der Teufel selbst erblassen würde!

Lady.
O schön! Vortrefflich! Das sind wieder
Die Malereien deiner Furcht! Das ist
Der in der Luft gezückte Dolch, der, wie
Du sagtest, dich zu Duncan hingeleitet!
Wahrhaftig, dieses Schaudern, dies Entsetzen,
So ganz um nichts, um gar nichts paßt gut
Zu einem Ammenmärchen, am Kamin
Erzählt, wofür Großmutter Bürge wird.
O, schäme dich! Was zerrst du für Gesichter?
Am Ende siehst du doch nicht weniger,
Noch mehr, als einen Stuhl.

Macbeth.
Ich bitte dich!
Schau‘ dorthin! Dorthin schaue! Nun! Was sagst du? (Zum Geist.)
Wie? Was ficht’s mich an? Wenn du nicken kannst,
So red‘ auch. – Schickt das Beinhaus und die Gruft
Uns die Begrabenen zurück, so soll
Der Bauch der Geier unser Grabmal werden. (Der Geist verschwindet.)

Lady.
Ist’s möglich, Sir! so ganz unmännlich thöricht?

Macbeth.
So wahr ich vor Euch steh‘! Er war’s. Ich sah ihn.

Lady.
O, schämet Euch!

Macbeth.
Es ist von jeher Blut
Vergossen worden, schon in alten Zeiten,
Eh menschliche Gesetze noch die friedliche
Gemeinheit säuberten. – Ja, auch hernach
Geschahen Morde gnug, zu gräßlich schon
Dem Ohre. Sonst, wenn einem das Gehirn
Heraus war, starb der Mann, und so war’s aus.
Jetzt steigen sie mit zwanzig Todeswunden
An ihrem Kopfe wieder aus dem Grab
Und treiben uns von unsern Stühlen. – Das
Ist noch weit seltsamer, als solch ein Mord.

Lady.
Sire! Eure Gäste warten –

Macbeth.
Ich vergaß mich!
Kehrt euch an mich nicht, meine werthen Freunde!
Ich bin mit einer wunderlichen Schwachheit
Behaftet; wer mich kennt, gewöhnt sich dran.
Kommt! kommt! Auf euer Freundschaft und Gesundheit!
Hernach will ich mich setzen! Gebt mir Wein!
Voll eingeschenkt! Ich trinke auf das Wohlsein
Der ganzen gegenwärtigen Versammlung
Und unsers theuren Freundes Banquo auch,
Den wir vermissen. – Wär‘ er doch zugegen!
Auf sein und euer aller Wohlergehn! (Der Geist steht wieder da.)

Rosse. Lenox. Angus.
Wir danken unterthänigst.

Macbeth (den Geist erblickend und heftig auffahrend).
Hinweg aus meinem Angesicht! Laß dich
Die Gruft verbergen! Dein Gebein ist marklos!
Dein Blut ist kalt; du hast nicht Kraft zu sehn
In diesem Aug, mit dem du mich anstarrest!

Lady.
Verwundert euch nicht, meine edlen Thans,
Nehmt es für etwas ganz Gewöhnliches.
Es ist nichts weiter! Glaubt mir! Schade nur,
Daß es die Freude dieses Abends stört!

Macbeth.
Was Einer wagt, das wag‘ ich auch – Komm du
In der Gestalt des rauhen Eisbärs auf mich an
Des lib’schen Tigers, des geharnischten
Rhinoceros, in welcher andern Schreckens-
Gestalt du immer willst, nur nicht in dieser,
Und meine festen Nerven sollen nicht
Erbeben – Oder lebe wieder auf
Und fordre mich aufs Schwert in eine Wüste.
Wenn ich mich zitternd weigere, dann schilt
Mich eine weib’sche Memme! Weg! Hinweg!
Furchtbare Schatten! Wesenloses Schreckbild! (Der Geist verschwindet.)
Ja – Nun – Sobald du fort bist, bin ich wieder
Ein Mann. (Zu den Gästen, welche aufstehen wollen.)
Ich bitt‘ euch, Freunde, bleibet sitzen!

Lady.
Ihr habt durch diesen fieberhaften Anstoß
Den Schrecken unter eure edeln Gäste
Gebracht und alle Fröhlichkeit verbannt.

Macbeth.
Ich bitte dich! Kann man denn solche Dinge
Wie eine Sommerwolke vor sich weg
Ziehn lassen, ohne außer sich zu sein?
Du machst mich irr an meinem eignen Selbst,
Seh‘ ich, daß du dergleichen Furchterscheinungen
Anschaun und den natürlichen Rubin
Auf deinen Wangen kannst behalten, wenn
Die meinen das Entsetzen bleicht.

Rosse.
Was für
Erscheinungen, mein König?

Lady.
Redet nicht,
Ich bitt‘ Euch! Es wird schlimmer stets und schlimmer.
Viel Fragen bringt ihn vollends ganz von Sinnen.
Gut‘ Nacht auf einmal Allen! Wartet nicht
Erst auf Befehl zum Aufbruch! Geht zugleich!

Rosse. Angus. Lenox.
Wir wünschen unserm König gute Nacht
Und bessere Gesundheit!

Lady.
Allerseits gut‘ Nacht!

(Die Lords gehen ab, von der Lady begleitet.)