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Macbeth (Shakespeare) – Erster Aufzug. Sechster Auftritt.

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Vorige. Rosse. Angus.

Rosse.
Ruhmgekrönter Macbeth,
Dem König kam die Freudenbotschaft zu
Von deinen Siegen, wie du die Rebellen
Verjagt, den furchtbarn Macdonald besiegt;
Das schien ihm schon das Maß des ird’schen Ruhms.
Doch seine Zunge überströmte noch
Von deinem Lob, als er das Größre schon vernahm,
Was du im Kampfe mit dem furchtbaren
Norweger ausgeführt, wie du der Retter
Des Reichs geworden; dicht wie Hagelschläge
Kam Post auf Post, jedwede schwer beladen
Mit deiner Thaten Ruhm, und schüttete
Dein Lob in sein erstauntes Ohr.

Angus.
Wir sind
Gesandt, dir seinen Dank zu überbringen,
Als Herolde dich bei ihm aufzuführen,
Dich zu belohnen nicht.

Rosse.
Zum Pfande nur
Der größern Ehren, die er dir bestimmt,
Befahl uns der Monarch, dich Than von Cawdor
Zu grüßen, und in diesem neuen Titel
eil dir, ruhmwürd’ger Cawdor, denn du bist’s!

Banquo (für sich).
Wie? Sagt der Teufel wahr?

Macbeth.
Der Than von Cawdor lebt.
Wie kleidet ihr mich in geborgten Schmuck?

Rosse.
Der einstens Than gewesen, lebt, doch nur
So lange, bis das Bluturtheil an ihm
Vollstreckt ist. Ob er mit dem Normann, ob
Mit den Rebellen einverstanden war,
Ob er mit beiden sich zum Untergang
Der Reichs verschworen, weiß ich nicht zu sagen.
Das ist gewiß, daß Hochverrath, erwiesen
Und von ihm selber eingestanden, ihn
Gestürzt.

Macbeth.
Glamis und Than von Cawdor!
Das Größte steht noch aus! – Habt Dank, ihr Herren. (Zu Banquo.)
Hofft Ihr nun nicht, daß Eure Kinder Könige
Sein werden, da derselbe Mund, der mir
Den Than von Cawdor gab, es Euch verhieß?

Banquo.
Hum! Stünd‘ es so, möcht‘ es Euch leicht verleiten,
Den Cawdor zu vergessen und die Krone
Zu suchen. – Es ist wunderbar! Und oft
Lockt uns der Hölle schadenfrohe Macht
Durch Wahrheit selbst an des Verderbens Rand.
Uns zu Verbrechen fürchterlicher Art
Und grausenhafter Folgen hinzureißen! (Zu Rosse und Angus.)
Wo ist der König?

Angus.
Auf dem Weg hieher.

(Banquo spricht seitwärts mit Beiden.)

Macbeth (für sich).
Zwei Theile des Orakels sind erfüllt,
Ein hoffnungsvolles Pfand des höchsten dritten!
– Habt Dank, ihr Herren – Diese wunderbare
Eröffnung kann nicht böse sein – sie kann
Nicht gut sein. Wär‘ sie böse, warum fing
Sie an mit einer Wahrheit? Ich bin Than
Von Cawdor! Wär‘ sie gut, warum
Beschleicht mich die entsetzliche Versuchung,
Die mir das Haar aufsträubt, mir in der Brust
Das eisenfeste Männerherz erschüttert?
Die Handlung selbst ist minder grausenvoll,
Als der Gedanke der geschreckten Seele.
Dies Bild, die bloße Mordthat des Gehirns,
Regt meine innre Welt so heftig auf,
Daß jede andre Lebensarbeit ruht
Und mir nichts da ist, als das Wesenlose.

Banquo (zu den andern).
Bemerket doch, wie unser Freund verzückt ist!

Macbeth.
Will es das Schicksal, daß ich König sei,
So kröne mich’s, und ohne daß ich’s suche!

Banquo.
Die neuen Ehren, die ihn schmücken, sind
Wie fremde Kleider, die uns nicht recht passen,
Bis wir durch öfters Tragen sie gewohnen.

Macbeth (für sich).
Komme, was kommen mag!
Die Stunde rennt auch durch den rauhsten Tag!

Banquo (zu Macbeth).
Mein edler Than, wir warten nur auf Euch.

Macbeth.
Vergebt, ihr Herren! Mein verstörter Kopf
War in vergangne Zeiten weggerückt.
– Glaubt, edle Freunde! Eure Dienste sind
In meinem dankbarn Herzen eingeschrieben,
Und jeden Tag durchblättr‘ ich meine Schuld.
Jetzt zu dem König! (Zu Banquo.)
Denkt des Vorgefallnen;
Und wenn wir’s reiflich bei uns selbst bedacht,
Dann laßt uns frei und offen davon reden.

Banquo.
Sehr gern.

Macbeth.
Bis dahin gnug davon! – Kommt, Freunde!

(Sie gehen ab.)