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Macbeth (Shakespeare) – Zweiter Aufzug. Vierter Auftritt.

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Lady Macbeth. Bald darauf Macbeth.

Lady.
Was sie berauschte, hat mich kühn gemacht,
Was ihnen Feuer nahm, hat mir gegeben.
Horch! Still!
Die Eule war’s, die schrie – der traurige
Nachtwächter sagt uns gräßlich gute Nacht.
– Er ist dabei. Die Kammerthür ist offen,
Und die berauschten Kämmerlinge spotten
Mit Schnarchen ihres Wächteramts.
So einen kräft’gen Schlaftrunk hab‘ ich ihnen
Gemischt, daß Tod und Leben drüber rechten,
Ob sie noch athmen, oder Leichen sind.

Macbeth (drinnen).
Wer ist da? He!

Lady.
O weh! Ich fürchte, sie sind aufgewacht,
Und es ist nicht geschehen! Der Versuch,
Und nicht die That wird uns verderben – Horch!
Die Dolche legt‘ ich ihm zurecht. Er mußte
Sie finden auf den ersten Blick. Hätt‘ es mich nicht,
Wie er so schlafend lag, an meinen Vater
Gemahnt, ich hätt‘ es selbst gethan – Nun, mein Gemahl?

Macbeth (tritt auf).
Sie ist gethan, die That! Vernahmst du kein
Geräusch?

Lady.
Die Eule hört‘ ich schreien und
Die Grillen singen – Sagtest du nicht was?

Macbeth.
Wann?

Lady.
Jetzt.

Macbeth.
Weil ich herunter kam?

Lady.
Ja.

Macbeth.
Horch!
Wer liegt im zweiten Zimmer?

Lady.
Donalbain.

Macbeth (besieht seine Hände).
Das ist ein traur’ger Anblick! Oh!

Lady.
Ihr seid
Nicht klug! Das nennt Ihr einen traur’gen Anblick!

Macbeth.
Der Eine lacht‘ im Schlaf, der Andere
Schrie: Mord! daß sie sich wechselsweise weckten.
Ich stand und hörte zu, sie aber sprachen
Ihr Nachtgebet und schliefen wieder ein.

Lady.
Es sind dort ihrer Zwei in einer Kammer.

Macbeth.
Genad‘ uns Gott! rief Einer – Amen sprach
Der Andere, als hätten sie mich sehen
Mit diesen Henkershänden stehn und horchen
Auf die Geberden ihrer Furcht – Ich konnte
Nicht Amen sagen, als sie schrien: Gott gnad‘ uns!

Lady.
Denkt ihm so tief nicht nach!

Macbeth.
Warum denn aber konnt‘ ich
Nicht Amen sagen! Braucht! ich doch so sehr
Die Gnade Gottes in dem Augenblick,
Und Amen wollte nicht aus meiner Kehle.

Lady.
Man muß dergleichen Thaten hinterher
Nicht so beschaun. Das könnt‘ uns rasend machen.

Macbeth.
Es war, als hört‘ ich rufen: Schlaft nicht mehr!
Den Schlaf ermordet Macbeth, den unschuld’gen,
Den arglos heil’gen Schlaf, den unbeschützten,
Den Schlaf, der den verworrnen Knäul der Sorgen
Entwirrt, der jedes Tages Schmerz und Lust
Begräbt und wieder weckt zum neuen Morgen,
Das frische Bad der wundervollen Brust,
Das linde Oel für jede Herzensqual,
Die beste Speise an des Lebens Mahl!

Lady.
Wie, Sir? Was soll das alles?

Macbeth.
Immer, immer,
Im ganzen Hause rief es fort und fort:
Schlaft nicht mehr! Glamis hat den Schlaf ermordet;
Darum soll Cawdor nicht mehr schlafen, Macbeth
Soll nicht mehr schlafen!

Lady.
Wie? Wer war’s denn, der
So rief? Mein theurer Than, was für Phantome
Sind das, die deines Herzens edeln Muth
So ganz entnerven! Geh! Nimm etwas Wasser
Und wasche dies verrätherische Zeugniß
Von deinen Händen – Warum brachtest du
Die Dolche mit heraus? Sie müssen drinn
Gefunden werden. Trage sie zurück, bestreiche
Die Kämmrer mit dem Blut –

Macbeth.
Ich geh‘ nicht wieder
Hinein. Mir graut vor dem Gedanken, was ich that.
Geh du hinein. Ich wag’s nicht.

Lady.
Schwache Seele!
Gib mir die Dolche. Schlafende und Todte
Sind nur Gemälde; nur ein kindisch Aug‘
Schreckt ein gemalter Teufel. Ich bepurpre
Der Kämmerer Gesicht mit seinem Blut;
Denn diese muß man für die Thäter halten.

(Sie geht hinein. Man hört draußen klopfen.)

Macbeth.
Woher dies Klopfen? Wohin kam’s mit mir,
Daß jeder Laut mich aufschreckt – Was für Hände!
Sie reißen mir die Augen aus. – Weh! Wehe!
Kann der gewässerreiche Meergott selbst
Mit seinen Fluthen allen dieses Blut
Von meiner Hand abwaschen? Eher färbten
Sich alle Meere roth von dieser Hand!

Lady (zurückkommend).
So ist die blut’ge That von uns hinweg
Gewälzt, und jene tragen unsre Schuld
Auf ihren Händen und Gesichtern – Horch!
– Ich hört‘ ein Klopfen an der Thür nach Süden,
Gehn wir hinein. Ein wenig Wasser reinigt uns
Von dieser That. Wie leicht ist sie also!
Komm! Deine Stärke hat dich ganz verlassen. (Neues, stärkeres Pochen.)
– Es klopft schon wieder! Wird dein Nachtkleid über!
Geschwind, damit uns Niemand überrasche
Und seh‘, daß wir gewacht! – O, sei ein Mann!
Verlier dich nicht so kläglich in Gedanken!

Macbeth.
Mir dieser That bewußt zu sein! O, besser,
Mir ewig meiner selbst nicht mehr bewußt zu sein!
(Das Klopfen wird stärker.)
Poch‘ ihn nur auf aus seinem Todesschlaf!
Was gäb‘ ich drum, du könntest es!

Lady (ihn fortziehend).
Komm! Kommt! (Gehen hinein.)