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Turandot, Prinzessin von China – Fünfter Aufzug. Erster Auftritt.

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Die Scene ist die vom zweiten Aufzug.

Im Hintergrunde des Divans steht ein Altar mit einer chinesischen Gottheit und zwei Priestern, welche nach Aufziehung eines Vorhangs sichtbar werden. – Bei Eröffnung des Akts sitzt Altoum auf seinem Throne. Pantalon und Tartaglia stehen zu seinen beiden Seiten; die acht Doktoren an ihrem Platze, die Wache unter dem Gewehre.

Altoum. Pantalon. Tartaglia. Doctoren. Wache. Gleich darauf Kalaf.

Kalaf (tritt mit einer stürmischen Bewegung in den Saal, voll Argwohn hinter sich schauend. In der Mitte der Scene verbeugt er sich gegen den Kaiser, dann für sich).
Wie? Ich bin lebend hier – Mit jedem Schritt
Erwartet‘ ich die zwanzig Schwerter in der Brust
Zu fühlen, und, von Niemand angefallen,
Hab‘ ich den ganzen Weg znrückgelegt?
So hätte mir Adelma falsche Botschaft
Verkündet – oder Turandot entdeckte
Die Namen, und mein Unglück ist gewiß!

Altoum.
Mein Sohn! ich sehe deinen Blick umwölkt,
Dich quälen Furcht und Zweifel – Fürchte nichts mehr!
Bald werd‘ ich deine Stirn erheitert sehn,
In wenig Stunden endet deine Prüfung.
– Geheimnisse von freudenreichem Inhalt
Hab‘ ich für dich – Noch will ich sie im Busen
Verschließen, theurer Jüngling, bis dein Herz,
Der Freude offen, sie vernehmen kann.
– Doch merke dir: Nie kommt das Glück allein;
Es folgt ihm stets, mit reicher Gaben Fülle
Beladen, die Begleitung nach – Du bist
Mein Sohn, mein Eidam! Turandot ist dein!
Dreimal hat sie in dieser Nacht zu mir
Gesendet, mich beschworen und gefleht,
Sie von der furchtbarn Probe loszusprechen.
Daraus erkenne, ob du Ursach hast,
Sie mit getrostem Herzen zu erwarten.

Pantalon (zuversichtlich).
Das könnt Ihr, Hoheit! Auf mein Wort! Was das
Betrifft, damit hat’s seine Richtigkeit.
Nehmt meinen Glückwunsch an! Heut ist die Hochzeit.
Zweimal ward ich in dieser Nacht zu ihr
Geholt; sie hatt‘ es gar zu eilig; kaum
Ließ sie mir Zeit, den Fuß in die Pantoffel
Zu stecken; ungefrühstückt ging ich hin;
Es war so grimmig kalt, daß mir der Bart
Noch zittert – Aufschub sollt‘ ich ihr verschaffen,
Rath schaffen sollt‘ ich – bei der Majestät
Fürsprach einlegen – Ja, was sollt‘ ich nicht!
’s war mir ein rechtes Gaudium und Labsal,
Ich leugn‘ es nicht, sie desperat zu sehn.

Tartaglia.
Ich ward um sechs Uhr zu ihr hin beschieden;
Der Tag brach eben an; sie hatte nicht
Geschlafen und sah aus wie eine Eule.
Wohl eine halbe Stunde bat sie mich,
Gab mir die schönsten Worte, doch umsonst!
Ich glaube gar, ich hab‘ ihr bittre Dinge
Gesagt vor Ungeduld und grimm’ger Kälte.

Altoum.
Seht, wie sie bis zum letzten Augenblick
Noch zaudert! Doch sie sperret sich umsonst.
Gemessene Befehle sind gegeben,
Daß sie durchaus im Divan muß erscheinen,
Und ist’s mit Güte nicht, so ist’s mit Zwang.
Sie selbst hat mich durch ihren Eigensinn
Berechtigt, diese Strenge zu gebrauchen.
Erfahre sie die Schande nun, die ich
Umsonst ihr sparen wollte – Freue dich,
Mein Sohn! Nun ist’s an dir, zu triumphiren!

Kalaf.
Ich dank‘ Euch, Sire. Mich freuen kann ich nicht.
Zu schmerzlich leid‘ ich selbst, daß der Geliebten
Um meinetwillen Zwang geschehen soll.
Viel lieber wollt‘ ich – Ach, ich könnte nicht!
Was wäre Leben ohne sie? – Vielleicht
Gelingt es endlich meiner zärtlichen
Bewerbung, ihren Abscheu zu besiegen,
Ihn einst vielleicht in Liebe zu verwandeln.
Mein ganzes Wollen soll ihr Sklave sein,
Und all mein höchstes Wünschen ihre Liebe.
Wer eine Gunst bei mir erlangen will,
Wird keines andern Fürsprachs nöthig haben,
Als eines Winks aus ihrem schönen Aug.
Kein Nein aus meinem Munde soll sie kränken,
Solang die Parze meinen Faden spinnt;
Soweit die Welle meines Lebens rinnt,
Soll sie mein einzig Träumen sein und Denken!

Altoum.
Auf denn! Man zögre länger nicht! Der Divan
Werde zum Tempel! Man erhebe den Altar!
Der Priester halte sich bereit! Sie soll
Bei ihrem Eintritt gleich ihr Schicksal lesen
Und soll erfahren, daß ich wollen kann,
Was ich ihr schwur.

(Der hintere Vorhang wird aufgezogen; man erblickt den chinesischen Götzen, den Altar und die Priester, Alles mit Kerzen beleuchtet.)

Man öffne alle Pforten.
Das ganze Volk soll freien Eingang haben!
Zeit ist’s, daß dieses undankbare Kind
Den tausendfachen Kummer uns bezahle,
Den sie auf unser greises Haupt gehäuft.

(Man hört einen lugubren Marsch mit gedämpften Trommeln. Bald darauf zeigt sich Truffaldin mit Verschnittenen; hinter ihnen die Sklavinnen, darauf Turandot, alle in schwarzen Flören, die Frauen in schwarzen Schleiern.)

Pantalon.
Sie kommt! Sie kommt! Still! Welche Klagmusik!
Welch trauriges Gepräng! Ein Hochzeitmarsch,
Der völlig einem Leichenzuge gleicht!

(Der Aufzug erfolgt ganz auf dieselbe Weise und mit denselben Ceremonien wie im zweiten Akt.)