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Turandot, Prinzessin von China – Vierter Aufzug. Neunter Auftritt.

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Kalaf. Zelima.

Zelima.
Prinz, ich bin eine Sklavin der Prinzessin
Und bringe gute Botschaft.

Kalaf.
Gäb’s der Himmel!
Wohl wär‘ es Zeit, daß auch das Gute käme!
Ich hoffe nichts, ich schmeichle mir mit nichts;
Zu fühllos ist das Herz der Turandot.

Zelima.
Wohl wahr, ich leugn‘ es nicht – und dennoch, Prinz,
Gelang es Euch, dies stolze Herz zu rühren.
Euch ganz allein; Ihr seid der Erste – Zwar
Sie selbst besteht darauf, daß sie Euch hasse;
Doch ich bin ganz gewiß, daß sie Euch liebt.
Die Erde thu‘ sich auf und reiße mich
In ihren Schlund hinab, wenn ich das lüge!

Kalaf.
Gut, gut, ich glaube dir. Die Botschaft ist
Nicht schlimm. Hast du noch Mehreres zu sagen?

Zelima (nähertretend).
Ich muß Euch im Vertrauen sagen, Prinz,
Der Stolz, der Ehrgeiz treibt sie zur Verzweiflung.
Sie sieht nun ein, daß sie Unmögliches
Sich aufgebürdet, und vergeht vor Scham,
Daß sie im Divan nach so vielen Siegen
Vor aller Welt zu Schanden werden soll.
Der Abgrund öffne sich und schlinge mich
Hinab, wenn ich mit Lügen Euch berichte!

Kalaf.
Ruf nicht so großes Unglück auf dich her!
Ich glaube dir. Geh, sage der Prinzessin,
Leicht sei es ihr, in diesem Streit zu siegen;
Mehr als durch ihren glänzenden Verstand
Wird sich ihr Ruhm erheben, wenn ihr Herz
Empfinden lernt, wenn sie der Welt beweist,
Sie könne Mitleid fühlen, könne sich
Entschließen, einen Liebenden zu trösten
Und einen greisen Vater zu erfreun.
Ist dies etwa die gute Botschaft, sprich,
Die ich zu hören habe?

Zelima.
Nein, mein Prinz!
Wir geben uns so leichten Kaufes nicht;
Man muß Geduld mit unsrer Schwachheit haben.
– Hört an!

Kalaf.
Ich höre.

Zelima.
Die Prinzessin schickt mich.
– Sie bittet Euch um einen Dienst – Laßt sie
Die Namen wissen, und im Uebrigen
Vertraut Euch kühnlich ihrer Großmuth an.
Sie will nur ihre Eigenliebe retten,
Nur ihre Ehre vor dem Divan lösen.
Voll Güte steigt sie dann von ihrem Thron
Und reicht freiwillig Euch die schöne Rechte.
– Entschließt Euch, Prinz. Ihr waget nichts dabei.
Gewinnt mit Güte dieses stolze Herz,
So wird nicht Zwang, so wird die Liebe sie,
Die zärtlichste, in Eure Arme führen.

Kalaf (sieht ihr scharf ins Gesicht, mit einem bittern Lächeln).
Hier, Sklavin, hast du den gewohnten Schluß
Der Rede weggelassen.

Zelima.
Welchen Schluß?

Kalaf.
Die Erde öffne sich und schlinge mich
Hinab, wenn ich Unwahres Euch berichte.

Zelima.
So glaubt Ihr, Prinz, daß ich Euch Lügen sage?

Kalaf.
Ich glaub‘ es fast – und glaub‘ es so gewiß,
Daß ich in dein Begehren nimmermehr
Kann willigen. Kehr‘ um zu der Prinzessin!
Sag‘ ihr, mein einz’ger Ehrgeiz sei ihr Herz,
Und meiner glühnden Liebe möge sie
Verzeihn, daß ich die Bitte muß versagen.

Zelima.
Bedachtet Ihr, was dieser Eigensinn
Euch kosten kann?

Kalaf.
Mag er mein Leben kosten!

Zelima.
Es bleibt dabei, er wird’s Euch kosten, Prinz!
– Beharrt Ihr drauf, mir nichts zu offenbaren?

Kalaf.
Nichts!

Zelima.
Lebet wohl! (Im Abgehen.) Die Mühe konnt‘ ich sparen!

Kalaf (allein).
Geht, wesenlose Larven! Meinen Sinn
Macht Ihr nicht wankend. Andre Sorgen sind’s,
Die mir das Herz beklemmen – Skirinas
Bericht ist’s, was mich ängstiget – Mein Vater
In Peckin! Meine Mutter todt! Muth, Muth, mein Herz!
In wenig Stunden ist das Loos geworfen.
Könnt‘ ich den kurzen Zwischenraum im Arm
Des Schlafs verträumen! Der gequälte Geist
Sucht Ruhe, und mich däucht, ich fühle schon
Den Gott die sanften Flügel um mich breiten.

(Er legt sich auf das Ruhebette und schläft ein.)