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Die Piccolomini – 5. Aufzug, 1. Auftritt

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Octavio.
So ernsten Grund du hast, dies Licht zu fliehn,
So dringendern hab ich, daß ich dir’s gebe.
Ich konnte dich der Unschuld deines Herzens,
Dem eignen Urteil ruhig anvertraun,
Doch deinem Herzen selbst seh ich das Netz
Verderblich jetzt bereiten – Das Geheimnis,

(ihn scharf mit den Augen fixierend)

Das du vor mir verbirgst, entreißt mir meines.

Max (versucht zu antworten, stockt aber und schlägt den Blick verlegen zu Boden).

Octavio (nach einer Pause).
So wisse denn! Man hintergeht dich – spielt
Aufs schändlichste mit dir und mit uns allen.
Der Herzog stellt sich an, als wollt‘ er die
Armee verlassen; und in dieser Stunde
Wird’s eingeleitet, die Armee dem Kaiser
– Zu stehlen und dem Feinde zuzuführen!

Max.
Das Pfaffenmärchen kenn ich, aber nicht
Aus deinem Mund erwartet‘ ich’s zu hören.

Octavio.
Der Mund, aus dem du’s gegenwärtig hörst,
Verbürget dir, es sei kein Pfaffenmärchen.

Max.
Zu welchem Rasenden macht man den Herzog!
Er könnte daran denken, dreißigtausend
Geprüfter Truppen, ehrlicher Soldaten,
Worunter mehr denn tausend Edelleute,
Von Eid und Pflicht und Ehre wegzulocken,
Zu einer Schurkentat sie zu vereinen?

Octavio.
So was nichtswürdig Schändliches begehrt
Er keinesweges – Was er von uns will,
Führt einen weit unschuldigeren Namen.
Nichts will er, als dem Reich den Frieden schenken;
Und weil der Kaiser diesen Frieden haßt,
So will er ihn – er will ihn dazu zwingen!
Zufriedenstellen will er alle Teile
Und zum Ersatz für seine Mühe Böhmen,
Das er schon innehat, für sich behalten.

Max.
Hat er’s um uns verdient, Octavio,
Daß wir – wir so unwürdig von ihm denken?

Octavio.
Von unserm Denken ist hier nicht die Rede.
Die Sache spricht, die kläresten Beweise.
Mein Sohn! Dir ist nicht unbekannt, wie schlimm
Wir mit dem Hofe stehn – doch von den Ränken,
Den Lügenkünsten hast du keine Ahnung,
Die man in Übung setzte, Meuterei
Im Lager auszusäen. Aufgelöst
Sind alle Bande, die den Offizier
An seinen Kaiser fesseln, den Soldaten
Vertraulich binden an das Bürgerleben.
Pflicht- und gesetzlos steht er gegenüber
Dem Staat gelagert, den er schützen soll,
Und drohet, gegen ihn das Schwert zu kehren.
Es ist so weit gekommen, daß der Kaiser
In diesem Augenblick vor seinen eignen
Armeen zittert – der Verräter Dolche
In seiner Hauptstadt fürchtet – seiner Burg;
Ja im Begriffe steht, die zarten Enkel
Nicht vor den Schweden, vor den Lutheranern
– Nein! vor den eignen Truppen wegzuflüchten.

Max.
Hör auf! Du ängstigest, erschütterst mich.
Ich weiß, daß man vor leeren Schrecken zittert;
Doch wahres Unglück bringt der falsche Wahn.

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