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Wallensteins Lager – 8. Auftritt

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Bergknappen treten auf und spielen einen Walzer, erst langsam und dann immer geschwinder. Der erste Jäger tanzt mit der Aufwärterin, die Marketenderin mit dem Rekruten; das Mädchen entspringt, der Jäger hinter ihr her und bekommt den Kapuziner zu fassen, der eben hereintritt.

Kapuziner.
Heisa, juchheia! Dudeldumdei!
Das geht ja hoch her. Bin auch dabei!
Ist das eine Armee von Christen?
Sind wir Türken? sind wir Antibaptisten?
Treibt man so mit dem Sonntag Spott,
Als hätte der allmächtige Gott
Das Chiragra, könnte nicht dreinschlagen?
Ist’s jetzt Zeit zu Saufgelagen?
Zu Banketten und Feiertagen?
Quid hic statis otiosi?
Was steht ihr und legt die Hände in Schoß?
Die Kriegsfuri ist an der Donau los,
Das Bollwerk des Bayerlands ist gefallen,
Regenspurg ist in des Feindes Krallen,
Und die Armee liegt hier in Böhmen,
Pflegt den Bauch, läßt sich’s wenig grämen,
Kümmert sich mehr um den Krug als den Krieg,
Wetzt lieber den Schnabel als den Sabel,
Hetzt sich lieber herum mit der Dirn‘,
Frißt den Ochsen lieber als den Oxenstirn.
Die Christenheit trauert in Sack und Asche,
Der Soldat füllt sich nur die Tasche.

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Es ist eine Zeit der Tränen und Not,
Am Himmel geschehen Zeichen und Wunder,
Und aus den Wolken, blutigrot,
Hängt der Herrgott den Kriegsmantel runter.
Den Kometen steckt er wie eine Rute
Drohend am Himmelsfenster aus,
Die ganze Welt ist ein Klagehaus,
Die Arche der Kirche schwimmt in Blute,
Und das römische Reich – daß Gott erbarm!
Sollte jetzt heißen römisch Arm,
Der Rheinstrom ist worden zu einem Peinstrom,
Die Klöster sind ausgenommene Nester,
Die Bistümer sind verwandelt in Wüsttümer,
Die Abteien und die Stifter
Sind nun Raubteien und Diebesklüfter,
Und alle die gesegneten deutschen Länder
Sind verkehrt worden in Elender –
Woher kommt das? das will ich euch verkünden:
Das schreibt sich her von euern Lastern und Sünden,
Von dem Greuel und Heidenleben,
Dem sich Offizier und Soldaten ergeben.
Denn die Sünd‘ ist der Magnetenstein,
Der das Eisen ziehet ins Land herein.
Auf das Unrecht, da folgt das Übel,
Wie die Trän‘ auf den herben Zwiebel,
Hinter dem U kömmt gleich das Weh,
Das ist die Ordnung im ABC.
Ubi erit victoriae spes,
Si offenditur Deus? Wie soll man siegen,
Wenn man die Predigt schwänzt und die Meß‘,
Nichts tut, als in den Weinhäusern liegen?
Die Frau in dem Evangelium
Fand den verlornen Groschen wieder,
Der Saul seines Vaters Esel wieder,
Der Joseph seine saubern Brüder;
Aber wer bei den Soldaten sucht
Die Furcht Gottes und die gute Zucht
Und die Scham, der wird nicht viel finden,
Tät‘ er auch hundert Laternen anzünden.
Zu dem Prediger in der Wüsten,
Wie wir lesen im Evangelisten,
Kamen auch die Soldaten gelaufen,
Taten Buß‘ und ließen sich taufen,
Fragten ihn: Quid faciemus nos?
Wie machen wir’s, daß wir kommen in Abrahams Schoß?
Et ait illis, und er sagt:
Neminem concutiatis,
Wenn ihr niemanden schindet und plackt;
Neque calumniam faciatis,
Niemand verlästert, auf niemand lügt.
Contenti estote, euch begnügt,
Stipendiis vestris, mit eurer Löhnung
Und verflucht jede böse Angewöhnung.
Es ist ein Gebot: Du sollt den Namen
Deines Herrgotts nicht eitel auskramen.
Und wo hört man mehr blasphemieren
Als hier in den Friedländischen Kriegsquartieren?
Wenn man für jeden Donner und Blitz,
Den ihr losbrennt mit eurer Zungenspitz‘,
Die Glocken müßt‘ läuten im Land umher,
Es wär‘ bald kein Mesner zu finden mehr.
Und wenn euch für jedes böse Gebet,
Das aus eurem ungewaschnen Munde geht,
Ein Härlein ausging‘ aus eurem Schopf,
Über Nacht wär‘ er geschoren glatt,
Und wär‘ er so dick wie Absalons Zopf.
Der Josua war doch auch ein Soldat,
König David erschlug den Goliath,
Und wo steht denn geschrieben zu lesen,
Daß sie solche Fluchmäuler sind gewesen?
Muß man den Mund doch, ich sollte meinen,
Nicht weiter aufmachen zu einem Helf Gott!
Als zu einem Kreuz Sackerlot!
Aber wessen das Gefäß ist gefüllt,
Davon es sprudelt und überquillt.
Wieder ein Gebot ist: Du sollt nicht stehlen.
Ja, das befolgt ihr nach dem Wort,
Denn ihr tragt alles offen fort;
Vor euren Klauen und Geiersgriffen,
Vor euren Praktiken und bösen Kniffen
Ist das Geld nicht geborgen in der Truh‘,
Das Kalb nicht sicher in der Kuh,
Ihr nehmt das Ei und das Huhn dazu.
Was sagt der Prediger? Contenti estote,
Begnügt euch mit eurem Kommißbrote.
Aber wie soll man die Knechte loben,
Kömmt doch das Ärgernis von oben!
Wie die Glieder, so auch das Haupt!
Weiß doch niemand, an wen der glaubt!

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