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Wallenstein – Entstehung des Dramas von Friedrich Schiller

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Da man der ewigen Wiederholung der Iffland’schen Stücke bereits ziemlich überdrüssig war, hoffte er, sein Wallensteins Lager würde als etwas Neues nicht nur Effekt machen, sondern „als ein lebhaftes Gemälde eines historischen Moments und einer gewissen soldatischen Existenz auch ganz gut auf sich selber stehen können.“ Am 4. Oktober schickte er es an Goethe ab, der sich nicht nur außerordentlich daran erfreute, sondern für die erste Aufführung auch ein einleitendes Soldatenlied einlegte, das von Schiller um einige Verse vermehrt wurde. Eben so wurde der bei der Wiedereröffnung des Theaters gesprochene Prolog um diese Zeit von Schiller verfasst. Am 11. Oktober 1798 kam Schiller dann nach Weimar herüber, um der Generalprobe beizuwohnen, für deren Vorbereitung sich Goethe außerordentlich tätig gezeigt hatte. Das neue Lokal, die lebendige Verkörperung der von ihm geschaffenen Gestalten, die neue Bahn, die er mit seinem Stück betrat, das alles versetzte ihn in eine gehobene Stimmung, so dass er in seinem Prolog der dramatischen Kunst dreist eine neue Ära versprechen konnte.

Am 18. Oktober fand die Aufführung von Wallensteins Lager unter großem Beifall statt und, für die Fortsetzung seiner Arbeit in hohem Grade ermutigt, kehrte Schiller nach Jena zurück, wo die Vollendung der Piccolomini für die Bühne sein nächster Gedanke war.

Die ersten Novembertage widmete er der Vollendung der Liebesszenen, obwohl er nicht ganz ohne Sorge war, dass das rein menschliche Interesse, das dieselben hervorrufen sollten, an der bereits feststehenden Handlung etwas verrücken würden. Besonders aber machte ihm das astrologische Motiv viel zu schaffen. Er hätte es beinahe wieder verworfen, wenn nicht Goethes Zustimmung rettend dazwischen getreten wäre. Hocherfreut schrieb er ihm daher am 11. Dezember: „Es ist eine rechte Gottesgabe um einen weisen und sorgfältigen Freund, das habe ich bei dieser Gelegenheit aufs neue erfahren. Ihre Bemerkungen sind vollkommen richtig und Ihre Gründe überzeugend. Ich weiß nicht, welcher böse Genius über mir gewaltet, daß ich das astrologische Motiv im Wallenstein nie recht anfassen wollte, da doch eigentlich meine Natur die Sachen lieber von der ernsthaften als leichten Seite nimmt.“

So gingen die Piccolomini in den schlimmsten Wintertagen ihrer Vollendung entgegen, wo Schiller noch dazu krank war und gewöhnlich nur eine um die andere Nacht schlafen konnte. Aber seine mächtige Willenskraft erhielt ihn aufrecht. Ursprünglich wollte er das Stück nicht eher aus Händen geben, als bis auch Wallensteins Tod vollendet wäre. Doch drängten sich die Nachfragen von mehreren Bühnen Deutschlands. Besonders ließ Iffland nicht nach, der seinen Verlust auf 4000 Thaler schätzte, wenn er das Stück, auf das er mit Zuversicht gerechnet hatte, nicht zu dem versprochenen Termin erhielte. Nun war Eile nötig. Doch es gelang es Schiller mit Hilfe mehrerer Kopisten, die Arbeit am 24. Dezember1798 zu beendigen und sogleich an Iffland abzuschicken. „So ist aber auch schwerlich“, schrieb er sogleich an Goethe, „ein heiliger Abend auf dreißig Meilen in der Runde vollbracht worden, so gehetzt nämlich und so qualvoll über der Angst nicht fertig zu werden.“

Dass nun auch der vertraute Freund als Direktor der Weimarer Bühne nicht hinter Iffland zurückstehen will, war natürlich. So bekam auch er am letzten Dezember die Piccolomini nach Weimar gesendet, aber zu Gunsten der Aufführung „ganz erschrecklich gestrichen“. Schiller hatte wohl etwa 400 Verse herausgestrichen.

Anfang 1799 sollte unser Dichter nun die Freude haben, sein neues Stück über die Bühne gehen zu sehen. Es wurde der 30. Januar, der Geburtstag der Herzogin von Weimar, gewählt. Goethe hatte alle nötige Sorgfalt auf die Auswahl der Kostüme verwendet, Meyer mit echt künstlerischem Sinn für die Anfertigung passender Dekorationen gesorgt. Nun kam auch Schiller nach Weimar herüber, um in Gemeinschaft mit Goethe die letzten Proben zu leiten. Aber es kostete ihnen viel Mühe, die Schauspieler an das Sprechen der Verse zu gewöhnen, was seit längerer Zeit von dem Theater vollständig verbannt war. Endlich war der festliche Tag gekommen und eine gelungene Vorstellung, die Frucht einer siebenjährigen Tätigkeit, belohnte den Dichter für seine ernste und mühevolle Arbeit.

Vierzehn Tage später, um dieselben Zeit, als die Piccolomini zum ersten Mal in Berlin gespielt wurden, kehrte Schiller nach Jena zurück, um nun auch das dritte Stück zu vollenden. Zum Glück befand er sich jetzt wieder wohler, so dass die Arbeit rasch vorwärts schritt. Bereits am 7. März konnte er Goethe schreiben: „Das dritte Stück wird durchbrechen, wie ich hoffe. Ich habe es glücklicher Weise arrangiren können, daß es auch fünf Acte hat, und den Anstalten zu Wallensteins Ermordung ist eine größere Breite sowohl als theatralische Bedeutung gegeben.“ Am 17. März war die ganze gewaltige Arbeit vollendet und ging mit den Begleitworten an Goethe ab: „Wenn Sie davon urtheilen, daß es nun wirklich eine Tragödie ist, daß die Hauptforderungen der Empfindung erfüllt, die Hauptfragen des Verstandes und der Neugierde befriedigt, die Schicksale aufgelöst und die Einheit der Hauptempfindung erhalten sei, so will ich höchlich zufrieden sein.“

Die Antwort hierauf teilte ihm Goethe mündlich mit, als er ihn einige Tage später besuchte, um ihn für mehrere Wochen mit nach Weimar zu nehmen. Das bereits über die vier ersten Akte gefällte Urteil: „Wenn man die Piccolomini beschaut und Antheil nimmt, so wird man hier unwiderstehlich fortgerissen“ – konnte natürlich auch auf das ganze Stück ausgedehnt werden. Die erste Aufführung desselben fand in Weimar am 10. April 1799, in Berlin am 17. Mai statt. Schiller konnte seinem Freund Körner schreiben: „Der Wallenstein hat eine außerordentliche Wirkung gemacht und auch die Unempfindlichsten mit fortgerissen. Es war darüber nur eine Stimme, und in den nächsten acht Tagen ward von nichts Anderem gesprochen.“ Und in der Tat verbreitete sich von diesem Stück in kurzer Zeit ein höherer Geist über ganz Deutschland. Die lebendige Anschauung des kriegerischen Lebens riss die Jugend unwillkürlich fort und die Liebe zum Vaterland erwachte in einer vorher nicht geahnten Weise. Im Jahre 1800 erschien der ganze Wallenstein bei Cotta gedruckt. 3500 Exemplare waren in zwei Monaten vergriffen und 1801 wurde eine zweite, 1802 eine dritte Auflage nötig.

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