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Die Piccolomini – 5. Aufzug, 1. Auftritt

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Szene: Ein Zimmer in Piccolominis Wohnung. Es ist Nacht.

Octavio Piccolomini. Kammerdiener leuchtet. Gleich darauf Max Piccolomini.

Octavio.
Sobald mein Sohn herein ist, weiset ihn
Zu mir – Was ist die Glocke?

Kammerdiener.
Gleich ist’s Morgen.

Octavio.
Setzt Euer Licht hieher – Wir legen uns
Nicht mehr zu Bette, Ihr könnt schlafen gehn.

(Kammerdiener ab. Octavio geht nachdenkend durchs Zimmer. Max Piccolomini tritt auf, nicht gleich von ihm bemerkt, und sieht ihm einige Augenblicke schweigend zu.)

Max.
Bist du mir bös, Octavio? Weiß Gott,
Ich bin nicht schuld an dem verhaßten Streit.
– Ich sahe wohl, du hattest unterschrieben;
Was du gebilliget, das konnte mir
Auch recht sein – doch es war – du weißt – ich kann
In solchen Sachen nur dem eignen Licht,
Nicht fremdem folgen.

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Octavio (geht auf ihn zu und umarmt ihn).
Folg ihm ferner auch,
Mein bester Sohn! Es hat dich treuer jetzt
Geleitet als das Beispiel deines Vaters.

Max.
Erklär dich deutlicher.

Octavio.
Ich werd es tun.
Nach dem, was diese Nacht geschehen ist,
Darf kein Geheimnis bleiben zwischen uns.

(Nachdem beide sich niedergesetzt.)

Max, sage mir, was denkst du von dem Eid,
Den man zur Unterschrift uns vorgelegt?

Max.
Für etwas Unverfänglich’s halt ich ihn,
Obgleich ich dieses Förmliche nicht liebe.

Octavio.
Du hättest dich aus keinem andern Grunde
Der abgedrungnen Unterschrift geweigert?

Max.
Es war ein ernst Geschäft – ich war zerstreut –
Die Sache selbst erschien mir nicht so dringend –

Octavio.
Sei offen, Max. Du hattest keinen Argwohn –

Max.
Worüber Argwohn? Nicht den mindesten.

Octavio.
Dank’s deinem Engel, Piccolomini!
Unwissend zog er dich zurück vom Abgrund.

Max.
Ich weiß nicht, was du meinst.

Octavio.
Ich will dir’s sagen:
Zu einem Schelmstück solltest du den Namen
Hergeben, deinen Pflichten, deinem Eid
Mit einem einz’gen Federstrich entsagen.

Max (steht auf).
Octavio!

Octavio.
Bleib sitzen. Viel noch hast du
Von mir zu hören, Freund, hast jahrelang
Gelebt in unbegreiflicher Verblendung.
Das schwärzeste Komplott entspinnet sich
Vor deinen Augen, eine Macht der Hölle
Umnebelt deiner Sinne hellen Tag –
Ich darf nicht länger schweigen, muß die Binde
Von deinen Augen nehmen.

Max.
Eh‘ du sprichst,
Bedenk es wohl! Wenn von Vermutungen
Die Rede sein soll – und ich fürchte fast,
Es ist nichts weiter – Spare sie! Ich bin
Jetzt nicht gefaßt, sie ruhig zu vernehmen.

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