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142. An Goethe, 22. Januar 1796

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Jena den 22. Januar 1796.

Hier eine kleine Lieferung von Epigrammen. Was Ihnen darunter nicht gefällt, lassen Sie nur gar nicht abschreiben. Es geht mit diesen kleinen Spässen doch nicht so rasch als man glauben sollte, da man keine Suite von Gedanken und Gefühlen dazu benutzen kann, wie bei einer längeren Arbeit. Sie wollen sich ihr ursprüngliches Recht als Glückliche Einfälle nicht nehmen lassen. Ich zweifle deßwegen, ob ich, bei meinem Müßiggange, Ihnen soweit vorkommen werde als Sie denken, denn in die Länge geht es doch nicht, ich muß mich zu größern Sachen entschließen, und die Epigramme auf den Augenblick ankommen lassen. Doch soll kein Posttag leer sein, und so rücken wir doch in vier, fünf Monaten weit genug vor.

Ihre Epigramme im Almanach machen großes Glück, wie ich immer aufs neu in Erfahrung bringe, und bei Leuten, von deren Urtheil man keine Schande hat. Daß der Almanach in Weimar neben den Emigrirten und den Hundsposttagen noch aufkommen kann, ist mir sehr tröstlich zu vernehmen.

Darf ich Sie mit einem kleinen Auftrage belästigen? Ich wünschte drei und sechzig Ellen Tapeten von schöner grüner Farbe und zwei und sechzig Ellen Einfassung, welche ich ganz Ihrem Geschmack und Ihrer Farbentheorie überlasse.

Wollten Sie Herrn Gerning darnach schicken, und allenfalls Ordre geben, daß ich sie in sechs bis acht Tagen haben kann?

Leben Sie recht wohl. Meine Frau grüßt.

Sch.

 

An einen gewissen moralischen Dichter.

Ja, der Mensch ist ein elender Wicht, ich weiß –
doch das wollt‘ ich Eben vergessen und kam, ach wie gereut mich’s! zu dir.

Jakob der Kantianer.

Kantische Worte sollte der hohle Schädel nicht fassen?
Sieht man in hohler Nuß doch den Kalender versteckt .

Freiheit.

Freiheit ist ein herrlicher Schmuck. Doch steht er, wir sehen’s
Jeglicher Menge so schlecht als nur das Halsband dem Schwein.