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212. An Schiller, 16. August 1796

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Künftigen Donnerstag Abend hoffe ich bei Ihnen zu sein; indessen schicke ich hier ein Paket Allerlei voraus:

  1. Die Aetzdrücke zu der Hirtischen Abhandlung; die durch den Grabstichel ausgearbeiteten sind zu nochmaliger Correctur in meiner Hand.
  2. Die Cottaischen Briefe. Eine Kupferplatte zum Deckel des Musenalmanachs kann in vierzehn Tagen fertig sein; nur die Zeichnung wird einige Schwierigkeit machen. Meyer hat einige, die trefflich sind, ich weiß nicht zu was für Kalendern erfunden und stechen lassen; ich bringe sie mit. Am Ende componiren wir selbst eine schickliche Bordüre, lassen das Mittelfeld frei, setzen vorne ein ernsthaftes und hinten ein lustiges Xenion drauf, so ist die Sache abgethan und doch wieder was neues.
  3. La Mère coupable.
  4. Ein Publicum, welches die Situation von Rom, verbunden mit jenen Wundergeschichten, gar wohl erkennen läßt.
  5. Ein nagelneues Mährchen, dessen Verfasser Sie wohl erkennen werden. Sollte man nicht aus diesem Product, wenn man es übersetzte und ihm etwas gäbe und nähme, einen interessanten Beitrag zu den Horen machen können? Wenigstens ist die demokratische Tendenz eines so rein aristokratischen Quellwassers einzig in ihrer Art, und man könnte, wie ich mir’s imaginire, aus der Production, mit wenigem Aufwand , noch manchen Vortheil ziehen.

Das achte Buch des Romans soll noch von hier abgehen, damit, was mir

gelungen sein möchte, Sie im Druck überrasche, und was daran ermangeln mag, uns Unterhaltung für künftige Stunden gewähre; denn was den Augenblick betrifft so bin ich, wie von einer großen Debauche, recht ermüdet daran, und wünsche Sinn und Gedanken wo anders hinzulenken.

Es thut mir sehr leid, daß Ihre Familiennachrichten so traurig sind. Da es im allgemeinen so übel geht, sollte man billig im einzelnen erfreut werden. Es soll mir sehr angenehm sein Ihre Frau Schwägerin wiederzusehen, und Ihren Herrn Schwager kennen zu lernen. Leben Sie recht wohl.

Weimar am 16. August 1796.

G.