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381. An Goethe, 5. Dezember 1797

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Jena den 5. December 1797.

Nur einen Gruß kann ich Ihnen schreiben an diesem düstern Tage. Das Wetter drückt mich äußerst und macht alle meine Uebel rege, daß selbst die Arbeit mich nicht erfreut.

Nach reiflich angestellten Überlegungen hab‘ ich gefunden, daß ich besser thue, die zwei ärgsten Wintermonate noch hier zuzubringen. Der Januar und Februar sind gefährliche Monate für mich, weil ich schon zweimal von einer Lungenentzündung darin heimgesucht worden bin; die leichteste Erkältung kann mir in dieser Periode dieses Uebel zuziehen, das ich jetzt nicht mehr wie sonst würde überstehen können. Bei einer solchen Disposition ist eine Veränderung der Gewohnheiten nicht zu wagen, und ans Ausgehen im Winter würde ich doch nicht denken dürfen in Weimar. Da aber das besprochene Logis äußerst eng ist, und die Kinder kaum darin unterzubringen, so wäre keine Existenz für mich. Dazu kommt, daß die nächsten zwei Monate für meine Arbeiten entscheidend sind, und also von außen mich nichts drücken darf.

Einige Monate später werde ich ein Logis, das Ihnen nah ist, aufzutreiben suchen; das Wetter ist dann gelinder, ich kann über die Gasse gehen und alles wird mir leichter werden.

Vielleicht komme ich an einem schönen Decembertage auf einen Besuch hinüber, und nach dem Neujahr werden wir Sie und Meyern, hoffe ich, hier haben können.

Von Zumsteg in Stuttgart habe ich dieser Tage einen Brief erhalten, der mich wirklich freute. Er schreibt darin was ihn von unsern Gedichten im Almanach am meisten erfreut, und er hat wirklich – was wir lange nicht gewohnt sind zu erfahren – das bessere herausgefunden. Auch schreibt er, daß der Almanach in seiner Gegend eine allgemeine Sensation mache.

Leben Sie recht wohl. Ich bin heute nicht im Stande was zu sagen.

Sch.